Sankt Martin Ein Lichtermeer für den heiligen Mann

Sonsbeck · Tausende Menschen in Alpen, Rheinberg, Sonsbeck und Xanten ehrten St. Martin für seine barmherzige Tat. Ein leuchtendes Beispiel der Nächstenliebe, das in einer Flut aus Laternen prachtvolle Huldigung fand.

So schön waren die Martinszüge in Xanten, Sonsbeck, Rheinberg und Alpen
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Ein Lichtermeer für St. Martin

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Foto: Fischer, Armin (arfi)

Schon lange bevor sich St. Martin das erste Mal zeigt, ist der Neutorplatz in Sonsbeck mit Menschen gefüllt. Sie trotzen der Kälte, singen sich warm, warten darauf, dass es endlich los geht mit dem Martinszug. Auf dem Platz ist mit rot-weißem Flatterband und Absperrgittern ein großer Bereich abgetrennt, auf dem mittig ein Feuer brennt und wo später, nach dem Zug, St. Martin seinen Mantel mit dem armen, frierenden Bettler teilen wird. Noch allerdings strömen von allen Seiten weitere Menschen herbei, wuseln die Kinder umher, ihre Laternen jedoch schon stolz in die Höhe hebend.

Im hell erleuchteten Kastell gleich nebenan gibt es für kleines Geld Glühwein und heißen Kakao, dazu leckeres Gebäck wie Spekulatius; der Erlös geht an den Förderverein der Johann-Hinrich-Wichern-Grundschule. Auch so mancher Kinderwagen ist hell erleuchtet – mit Lichterketten, die eigentlich für den Weihnachtsbaum gedacht sind, aber auch im Martinszug ein schönes Bild bieten.

Und dann geht es los: Die Musik setzt ein, der Zug setzt sich in Bewegung. „Lasst uns froh und munter sein“, „Taler, Taler, du musst wandern“: Die beiden Spielmannszüge aus Hamminkeln und Veen und der Musikverein Harmonie Sonsbeck-Labbeck greifen tief in ihre Repertoire-Kiste, um den Martinszug nonstop musikalisch begleiten zu können. Geschätzt 2500 Kinder und Erwachsene ziehen am Samstag mit ihren Laternen um 17.30 Uhr durch die Straßen, vorneweg der heilige Mann hoch zu Ross. Stets an seiner Seite: die beiden Paginnen Jule Ingendae und Meike Greuel.

Die Feuerwehr sichert an einigen Stellen den Neutorplatz ab, weist den Kindern bei ihrer Rückkehr den Weg, damit sie für das Schauspiel eine möglichst gute Sicht haben. „St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind“: Aus hunderten Kehlen erklingen die Martinslieder, die vorher in den Kindergärten und der Grundschule eingeübt wurden. Und dann Stille auf dem Neutorplatz. „Ich wurde ein guter Freund von Martin, als er vor vielen 100 Jahren zu uns in die Armee des römischen Kaisers kam“, hört man eine Stimme aus Lautsprechern. Sie gehört Winfried Cleve, der die Martinsgeschichte erzählt. „Er war ein freundlicher Kamerad. Aber dass sich sein Name vom römischen Kriegsgott Mars ableitet, das fand Martin nicht gut. Denn er hatte immer ein Herz für Arme und Kranke.“ Martin wurde Offizier, wurde irgendwann mit anderen Soldaten der römischen Armee auf die weite Reise nach Frankreich geschickt. Alle seien müde gewesen von dem langen Marsch. An einer Kirche in Amiens, so erzählt Cleve weiter, da habe Martin einen Bettler gesehen, halbnackt und frierend.

„Ein Stück Brot, Herr“, bittet der alte Mann, wie seit vielen Jahren gespielt von Gerd Mattissen. „Ich habe seit Tagen nichts mehr gegessen. Keiner gibt mir was. Und es wird kalt heute Nacht. Wenn mir keiner etwas zum Überziehen gibt, wird der Frost mein Tod sein.“ Etwas Essbares, erzählt Cleve, habe Martin nicht gehabt, aber seinen Mantel, den wolle er gerne mit dem Bettler teilen. Mit weit aufgerissenen Augen und offenstehenden Mündern verfolgen die Kinder das Geschehen. Ein kurzes Zusammenzucken bei den Kleinsten, als der Soldat mit einem Ruck seinen Mantel in zwei Hälften zerschneidet, und dann unbändige Freude angesichts der selbstlosen Gabe.

Nach der Bettlerszene reitet Martin (Matthias Broeckmann) zum Kastell, die Kinder, Eltern und Großeltern folgen ihm. Denn sie wollen ja noch ihre mit Weckmann, Früchten und Süßigkeiten bepackte Martinstüte abholen. 1315 Stück haben Mitglieder der Schulpflegschaft der Grundschule unter Leitung von Dominik Karmann gepackt. Der Posaunenchor der evangelischen Kirche spielt Martinslieder im Kastell. Und wieder strahlen die Augen der Kinder. Vergnügt halten sie ihre Tüte fest in der einen, die Laterne in der anderen Hand. Und dann geht es vollbepackt wieder heim. Mit Leckereien, vor allem aber mit einer wichtigen Lehre für den weiteren Lebensweg: barmherzig zu sein.

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