Sportlegende trägt sich ins Goldene Buch ein Auf Xantens Wegen nach Olympia

Xanten · Sportlegende Heide Ecker-Rosendahl hat sich in Xanten ins Goldene Buch eingetragen. Bei einem Rundgang sprach sie von den Olympischen Spielen 1972 in München und dem Herzensprojekt der Herman-van-Veen-Stiftung.

 Heide Ecker-Rosendahl (v.l.) trug sich ins Goldende Buch der Stadt ein. Neben ihr sind Thomas Görtz, Hans-Werner Neske und Steffi Nerius.

Heide Ecker-Rosendahl (v.l.) trug sich ins Goldende Buch der Stadt ein. Neben ihr sind Thomas Görtz, Hans-Werner Neske und Steffi Nerius.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Ringelsöckchen, große Nickelbrille, brünetter Bob – so kannten Heide Ecker-Rosendahl in den 70er-Jahren nicht nur Sportfans. So kannte die Leichtathletin ganz Deutschland. Bereits 1970 wurde sie zur Sportlerin des Jahres gekürt. Ein weiteres Mal nach ihren sensationellen Erfolgen bei den Olympischen Wettkämpfen 1972 in München. Sie holte zwei Gold- und eine Silbermedaille, galt fortan als das bundesdeutsche Gesicht der Spiele. 50 Jahre nach dem Weltereignis in München, das aufgrund eines Attentats auf israelische Athleten eine Zäsur der olympischen Geschichte markierte, ist Heide Ecker-Rosendahl immer noch in Bewegung. Am Freitag machte sie Station in Xanten – um bei einem Rundgang mit Bürgermeister Thomas Görtz die Stadt kennenzulernen, aber auch, um als Ehrenpräsidentin der Herman-van-Veen-Stiftung, die im Hotel van Bebber tagte, weitere Hilfsprojekte für benachteiligte Kinder anzustoßen.

Inzwischen ist die Sportlegende 75. Der Bob ist grau geworden, die markante Nickelbrille ist einem trendigen Modell gewichen. Doch noch immer setzt Heide Ecker-Rosendahl, die vielen nicht nur als Sportlerin, sondern auch als Vertreterin eines emanzipierten Frauenbildes ein Idol war, Statements. Das Gesicht strahlt, als sie dynamischen Schrittes aufs Hotel van Bebber zusteuert. Ihr quietschgelbes, lässig in die Jeans gestecktes T-Shirt strahlt mit. Sie ist fit, frisch und doch erfrischend unprätentiös.

Schon zwei Mal sei sie in Xanten zu Gast gewesen, erzählt sie. Einmal zur Hochzeit ihres langjährigen Xantener Freundes Hans-Werner Neske, der Vorsitzender der 2003 gegründeten Herman-van-Veen-Stiftung ist. Ein weiteres Mal 2005, als der Singer-Songwriter und Violinist Herman van Veen ein Konzert bei den Sommerfestspielen im Archäologischen Park gab. „Doch ich hatte bei beiden Besuchen keine Gelegenheit, die Stadt einmal richtig kennnenzulernen“, sagt Heide Ecker-Rosendahl.

Das soll nun endlich nachgeholt werden. Bürgermeister Görtz lässt es sich nicht nehmen, den Olympiastar persönlich durch die Stadt zu führen. Es soll Richtung Klever Tor gehen, dann durch den Kurpark, um anschließend in die historische Innenstadt einzubiegen. Auch an der Orkstarße steht ein Halt an. Dort ist der Fußabdruck der Leichtathletin im Boden zu finden, der bei ihrem letzten Besuch erstellt worden war. Nur wenige Meter weiter ist Herman van Veen mit einem Fußabdruck auf Xantens Wegen verewigt. Doch diese Denkmäler lassen Heide Ecker-Rosendahl eher kalt. „Xanten ist so eine spannende Stadt und hat viel mehr zu bieten als meinen nackten Fuß im Boden“, sagt sie ganz uneitel. Viel mehr interessiert sie die Historie der Stadt. Görtz erzählt von der Besiedlung der Römer, von der Grundsteinlegung zum Bau des gotischen St.-Viktor-Doms und von der massiven Zerstörung durch Fliegerbomben im Zweiten Weltkrieg.

Was sich Menschen einander antun können, hat Heide Ecker-Rosendahl 1972 in München selbst miterleben müssen. Die Olympischen Spiele waren damals das erste Weltereignis auf deutschem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie sollten ein Fest der Völkerfreundschaft werden. Doch ein Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September auf die israelische Mannschaft am 5. September überschattete das Großevent. Was als Geiselnahme begann, endete mit der Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie mit dem Tod von fünf Geiselnehmern und eines Polizisten.

Heide Ecker-Rosendahl pflegte wie andere Athleten aus Leverkusen enge Beziehungen zu israelischen Sportlerinnen. Wenige Monate vor Olympia war sie in einem Trainingslager im israelischen Wingate Institute in Netanya. „Als israelische Sportlerinnen zu ihrer Sicherheit evakuiert und in eine Tiefgarage im Olympischen Dorf gebracht wurden, gingen einige von uns hin und kümmerten sich um sie“, erzählte die Olympionikin kürzlich in einem Spiegel-Interview. „Dann wurde ich ins Büro des Deutschen Leichtathletikverbands gerufen und erfuhr, dass gegen mich eine telefonische Morddrohung eingegangen war.“

Das Attentat in München sei ein Schock gewesen. Und doch erlebte die damals 25-Jährige anschließend ihren größten sportlichen Erfolg. Nach Gold im Weitsprung und Silber im Fünfkampf holte Heide Ecker-Rosendahl noch nach dem Geiseldrama in der 4-Mal-100-Meter-Staffel den Sieg für die Bundesrepublik. In der heutigen Zeit wäre sie mit dieser Bilanz ein hochbezahlter Werbestar. „Ich werde häufiger gefragt, ob ich nicht lieber jetzt Profisportlerin wäre“, erzählt Heide Ecker-Rosendahl, während sie über die Klever Straße schlendert. „Aber wenn ich sehe, wie die heutigen Sportler im Achteck springen, um ihren Sponsoren gerecht zu werden, denke ich, dass ich es gar nicht so schlecht hatte. Ich war zumindest mein eigener Herr.“

Lieber richtet Heide Ecker-Rosendahl ihren Blick Richtung Zukunft, darauf, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, damit sie ihre Talente entfalten können. Seit 2021 ist sie die erste Ehrenpräsidentin der Herman-van-Veen-Stiftung, die ihren Schwerpunkt auf die Förderung von körperlich, geistig oder psychisch-sozial behinderten Kindern und Jugendlichen legt. Unterstützt wurde zum Beispiel der Bau des Sonsbecker Kletterfelsen der inklusiven Gruppe „Klimpansen“. In Mönchengladbach wurde die Herman-van-Veen-Schule gegründet, die geistig behinderte Kinder fördert. In Essen wurde mit Hilfe der Stiftung ein Segelboot so umgebaut, dass auch Rollstuhlfahrer mitfahren und ihren Segelschein erwerben können. Bei der Versammlung in Xanten ging es um künftige Hilfsprojekte. Zuvor wurde noch ein von Herman van Veen signiertes Foto der langen Bilder-Reihe von Prominenten im Hotel van Bebber hinzugefügt.

(beaw)
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