Motocross-Talent Vincent Gallwitz „Gefährlich wird es, wenn man Angst hat“

Rheinberg · Der Borther Vincent Gallwitz konnte eher Motorrad als Fahrrad fahren. Inzwischen hat er sich voll und ganz dem Motocross-Sport verschrieben. Verletzungen und hohe Kosten inklusive. Dennoch hat er große Ziele.

 Vincent Gallwitz belegte zuletzt Platz drei bei den Deutschen Meisterschaften, sein Ziel ist der Titel. Dafür nimmt er einiges in Kauf, fährt sogar mit schweren Verletzungen weiter. Angst dürfe man aber nicht haben.

Vincent Gallwitz belegte zuletzt Platz drei bei den Deutschen Meisterschaften, sein Ziel ist der Titel. Dafür nimmt er einiges in Kauf, fährt sogar mit schweren Verletzungen weiter. Angst dürfe man aber nicht haben.

Foto: Joachim Gallwitz

Wenn der Dreck in hohen Fontänen wegspritzt und es auf dem Motorrad meterhoch durch die Luft geht, ist Vincent Gallwitz in seinem Element. Der Borther zählt zu den besten Motocross-Fahrern des Landes, unterstrich dies zuletzt mit einem beeindruckenden dritten Platz bei der deutschen Meisterschaft. Dennoch spricht er auch mit dem Abstand von drei Monaten vom schrecklichsten Moment seiner Karriere: „Im entscheidenden Lauf ist mir vier Runden vor Schluss das Hinterrad gebrochen. Das war ein Punkt, da wollte ich aufhören.“

Vincent Gallwitz als ehrgeizig zu beschreiben, wäre pure Untertreibung. Weil es beim Motocross auf diesem Niveau mit einem ausgeglichenen Starterfeld vor allem auf Einstellung und Konzentration ankommt, zählt sogar ein Mentaltrainer zu seinem festen Team. Obwohl erst 20 Jahre alt, verfügt der Student der Betriebswirtschaftslehre bereits über reichlich Erfahrung. Die erste Motocross-Maschine bekam er bereits mit vier Jahren vom Vater geschenkt. „Motorradfahren konnte ich eher als Fahrradfahren ohne Stützräder“, erinnert sich Gallwitz, der zwangsläufig schon sehr früh seinen Gleichgewichtssinn trainieren musste: „Da ich nicht mit den Füßen auf den Boden kam, konnte ich das nur technisch lösen, um nicht umzufallen.“

Richtig auf den Geschmack gekommen ist er durch Vater Joachim, der seinen Sohn regelmässig auf das Gelände eines Motocross-Clubs am Rheinberger Messegelände mitgenommen hatte. Motocross ist wie alle Motorsportarten kostenintensiv. Rund 15.000 Euro kostet ein wettbewerbsfähiges Motorrad, Haltbarkeit etwa ein halbes Jahr. „Dann muss ein neues her, das alte nutze ich ein halbes Jahr weiter als Trainingsmaschine. Im zweiten Jahr dient sie dann nur noch zum ausschlachten“, erläutert der 20-Jährige. Ein bis zwei Reifensätze je Rennwochenende, die Kosten für Verschleißteile und den Truck addieren sich auf rund 40.000 Euro für eine Saison. Selbst eine Trainingsstunde schlägt mit bis zu 150 Euro zu Buche.

Sponsoren sind schwierig zu finden und die wenigen, die Vincent Gallwitz unterstützen, beschränken sich zumeist auf Materialspenden. Motocross gilt als eine der härtesten Sportarten überhaupt, die Anspannung bei den Fahrern ist enorm. „Im Rennen habe ich einen Durchschnittspuls von 185 bis maximal 205“, erzählt Vincent Gallwitz. Dazu ist das Verletzungsrisiko enorm. Gallwitz: „Es gibt keine Saison ohne Bänderrisse oder Knochenbrüche.“

Das ist auch für Eltern und Freundin, die bei jedem Rennen dabei sind, eine große Herausforderung. „Die Angst fährt immer mit. Die Fahrer spüren das nicht, weil sie so viel Adrenalin im Blut haben. Das Training eines Motocross-Fahrers besteht eigentlich aus dem Abtrainieren überlebenswichtiger Reflexe“, sagt Vater Joachim, der sich als „Schrauber“ um die Technik kümmert. Sein Sohn kann das nur bestätigen: „Im Rennen geht man weit über seine körperlichen Grenzen. Ich bin schon mit gebrochenen Daumen und abgerissenen Bändern gefahren. Richtig gefährlich wird es aber erst, wenn man Angst hat.“

Kein Wunder, denn beim Motocross geht es ordentlich zur Sache, da darf ein Gegner auch mal aus dem Weg geräumt werden. „Wenn sich einer nicht überholen lässt, versucht man es ein zweites Mal. Weigert er sich wieder, wird er bewusst zu Fall gebracht. Motocross ist kein Ponyhof“, erklärt Vincent Gallwitz. Dem Verhältnis der Fahrer untereinander schadet das kaum, so Gallwitz: „Während des Rennens kennt man keine Freunde, aber sobald die Helme abgesetzt sind, ist alles wieder in Ordnung. Meine Freunde kommen alle aus dem Motocross.“

Auch für die Zukunft hat sich Vincent Gallwitz so einiges vorgenommen: „Man weiß nie, wer im nächsten Jahr mitfährt, aber mein Ziel ist es natürlich, deutscher Meister zu werden.“

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