Schülerin aus Rheinberg war schon bei der DM am Start Unterwegs auf acht Hartgummi-Rollen 

Alpsray · Tiziana Kaletta gehört mit ihren zehn Jahren dem Bundeskader an. Die Gymnasiastin trainiert hart. Jeder Wochentag ist fest durchgeplant. Das Kür-Outfit der Rollkunstläuferin hat eine Schneiderin genäht.

 Tiziana Kaletta, Rollkunstläuferin aus Alpsray.

Tiziana Kaletta, Rollkunstläuferin aus Alpsray.

Foto: Kaletta

Tiziana kommt aus dem Italienischen und bedeutet Feldhaube. Und auch Göttin der Liebe. Tiziana haben Melanie und Erik Kaletta aus Alspray ihre Tochter getauft, die nicht nur durch den Namen auffällt, sondern vor allem durch ihr Hobby, das die Zehnjährige als Leistungssport betreibt – Rollkunstlaufen. Als Vierjährige hat sie die Leidenschaft fürs Kurven-Ziehen auf acht Rollen entdeckt. Und die Schülerin ist richtig gut.

Erst im Juli dieses Jahres wurde sie Dritte in ihrer Altersklasse bei den Deutschen Meisterschaften. Damit hatte die junge Dame selber, aber auch ihre Eltern nicht gerechnet. „Mit einer Platzierung im oberen Drittel wären wir schon zufrieden gewesen“, sagt Vater Erik Kaletta, der bei den Wettkämpfen filmt. Mutter Melanie schaute bei der DM während Tizianas Drei-Minuten-Kür allerdings nicht zu. Das hätten ihre Nerven nicht ausgehalten.

Die Zehnjährige dagegen hat starke Nerven, ist relativ gelassen, wenn sie sich bereit macht, die Spezial-Rollschuhe anzieht, die denen von Eiskunstläufern ähneln. Nur dass unter dem Aluminiumgestell keine Kufen, sondern vier Hartgummi-Rollen mit einem Durchmesser von 57 Millimetern montiert sind. Die Härte der Rollen wird in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit ausgewählt. Die Achse ist aus Metall, der Stopper vorne an der Schuhspitze asymetrisch, um bei Doppelsprüngen besser abheben zu können.

Tiziana Kaletta zieht nicht nur einfach auf Rollschuhen ihre Bahnen oder Kreise. Zu einer Kür gehören auch Pirouetten (Waagen) und Sprünge verschiedener Schwierigkeitsgrade. Der einfache Axel, Doppelsalchow, Doppel Toeloop, der zweifache Rittberger, der Doppel-Lutz oder Doppel-Flip. Klar ist sie beim Training auch schon mal gestürzt. Wie bei einem Wettkampf in Essen. „Da bin ich beim Einlaufen auf den Ellbogen geknallt und war bei der Kür verunsichert.“ Seitdem zieht sie sich beim Einlaufen Ellbogen-Schoner an. Der kommt ab, wenn sie ihre Kür läuft in einem roten Anzug mit einem kleinen Röckchen dran, das ihr eine Schneiderin genäht hat und auf dem 4.500 Swarowski-Steine glitzern. Jeden einzelnen hat ihr Papa aufs Kostüm geklebt.

Ihre Schwachstelle ist es, nach den Sprüngen die Spannung zu halten, gibt Tiziana zu. „Alle sagen immer, ich bin eine Spaghetti oder ein Flummi.“ Tabea Finke und Katharina Peter, ihre Trainerinnen beim TV Aldenrade, verzweifeln mitunter, wenn die Kommandos „Spannung halten, Kopf hoch“ bei Tiziana abprallen. Aber die Zehnjährige weiß, was sie kann. „Im Training bin ich oft schlecht, aber gut im Wettkampf.“

Jeder Wochentag ist fest getaktet: Montags Konditionstraining und Tanzgymnastik, dienstags, mittwochs sowie donnerstags Rollkunstlauf-Training in Duisburg, mittwochs außerdem noch Schwarzlicht-AG an der Schule. Tiziana besucht die fünfte Klasse auf dem Rheinberger Amplonius-Gymnasium, ist dort auch in der Tanz-AG und würde am liebsten noch im Chor mitsingen sowie freitags schwimmen gehen. Aber da hat Mama ein Veto eingelegt.

In der Regel bringt Erik Kaletta seine Tochter zum Training nach Duisburg. Er führt auch ihren Terminkalender, hat alle Wettkämpfe im Blick. Tiziana ist fast jedes Wochenende für ihr Hobby unterwegs. Sie ist auch im NRW und Bundeskader, muss dafür am Wochenende in landesweit unterschiedlichen Hallen unter Leitung von Bundescoach Luca Lallai, der immer aus Italien anreist, trainieren. Und jedes Jahr einmal wird die Leistung der Rollkunstläufer im Bundes-Kader überprüft. Dann stehen Leistungstests an. Der letzte war im Oktober in Darmstadt. Liegestütze, Klimmzüge, Hoch- und Weitsprünge, Handstand, Spagat, die Waage, Sit Ups, in der Halle von Bande zu Bande laufen. Die Leistungstests haben es in sich. Tiziana wird dahin von ihren Trainern und ihrem Vater begleitet.

Weihnachten, da gönnt sich die ganze Familie, zu der noch Tizianas dreijährige Schwester gehört, eine Pause. Die Rollkunstläuferin wünscht sich einen Laptop, vielleicht noch ein Nintendo Switch, ein Duschgel, Badeschaum oder Bodyspray. Aber nur von bilou, auch wenn das Fach an der Wand in ihrem Zimmer schon fast davon überquillt. Genau wie das Regal darüber, an dem viele Medaillen hängen und auf dem ein Pokal neben dem anderen steht. Die Eltern sind stolz auf ihre Tochter, hoffen, dass sie dabei bleibt. Denn Rollkunstlaufen will olympisch werden – das wäre dann für Tiziana Kaletta eine der nächsten Herausforderungen, der sie sich stellen könnte.

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