Xanten Salisbury - die Normalität kehrt zurück

Xanten · Der Giftanschlag auf den Russen Sergej Skripal hat Xantens Partnerstadt weltweit in die Schlagzeilen gebracht. Ende Mai wird eine 50-köpfige Delegation vom Niederrhein die Reise in die südenglische Kleinstadt antreten.

Herrschaftlich setzt sich die gotische St.-Mary's-Cathedral vom Stadtbild Salisburys ab, der mit 123 Metern höchste Kirchturm Englands ist schon von weitem sichtbar. In der südenglischen 51.000-Einwohner-Stadt wirkt vieles so wie immer. Doch eine ungewohnte Stille herrscht in den Gassen der historischen Altstadt. Dort, wo sich sonst unzählige Reisegruppen trafen, um zum zehn Kilometer nordöstlich gelegenen Steinkreis Stone-henge aufzubrechen, ist seit knapp zwei Monaten einiges im Ausnahmezustand.

Denn Xantens südenglische Partnerstadt Salisbury war vor rund zwei Monaten Schauplatz eines Agentenkrimis, wie man ihn sonst nur aus Filmen kennt: Am 4. März wurden der russische Ex-Agent Sergej Skripal und seine Tochter Julija auf einer Parkbank nahe des Flusses Avon bewusstlos aufgefunden. Die medizinischen Umstände ließen den Verdacht einer gezielten Vergiftung mit einer zunächst unbekannten Substanz aufkommen. Beide kamen auf die Intensivstation einer Klinik. Drei Tage später gaben die britischen Ermittler dann bekannt, dass die beiden mit einem Nervenkampfstoff vergiftet wurden.

"Die Vorfälle vom 4. März und der darauffolgende internationale Fokus, in dem Salisbury stand, waren ein Schock für die Einwohner", berichtet Christopher Hewitt, Vorsitzender der SXTA ("Salisbury Xanten Twinning Association), dem englischen Gegenstück zum Städtepartnerschaftsverein. "Jetzt wird langsam klar, dass die Reinigungsarbeiten nach dem Giftanschlag Millionen kosten und Monate dauern werden." Daher wurden die Vorfälle auch in Xanten mit einer gewissen Sorge beobachtet. Schließlich war lange nicht klar, wie sehr der Ort in Mitleidenschaft gezogen wurde und ob es unschuldige Opfer zu beklagen gab - denn nach dem Anschlag mussten sich mehr als 130 Personen, die möglicherweise mit dem Gift Kontakt gehabt hatten, medizinisch untersuchen lassen.

Diese Befürchtungen kann Christopher Hewitt inzwischen allerdings zerstreuen. Die Vorfälle hätten das öffentliche Leben in der ansonsten eher ruhigen Touristenstadt nur kurzfristig beeinflusst. "Ja, die kontaminierten Gaststätten und Läden werden zwar noch für mehrere Monate geschlossen sein und das Haus der Skripals steht immer noch 24 Stunden am Tag unter Polizeischutz. Aber ansonsten sind Einwohner wie Besucher nicht gefährdet. 99 Prozent der Stadt sind genau so zugänglich wie immer." Der Anschlag habe in gewisser Weise sogar einen positiven Nebeneffekt gehabt. "Alle Parkplätze in der Innenstadt sind inzwischen kostenlos, um Einwohner wie Besucher wieder ins Stadtzentrum zu locken", berichtet Christopher Hewitt.

Dass die Skripals den Anschlag letztlich knapp überlebten, kann auch der besonderen militärischen Infrastruktur rund um die südenglische Kleinstadt zugeschrieben werden. Ein Zentrum der britischen Chemie- und Biowaffenforschung liegt nur wenige Kilometer entfernt, zudem gibt es viele gut ausgestattete Kliniken.

Thomas Peinemann vom "Salisbury Circle Xanten" (trifft sich jeden dritten Mittwoch im Monat im Restaurant Dalmatien) hat daher keine Bedenken, gemeinsam mit 50 Xantenern die nächste Reise nach Salisbury anzutreten. "Das, was dort passiert ist, ist natürlich tragisch. Aber wir haben immer nur entspannte Signale aus Salisbury erhalten. Daher muss man auch einmal die Kirche im Dorf lassen und das Politische vom Persönlichen trennen", sagt Peinemann. "Die Reise war im Januar innerhalb von zwei Stunden ausgebucht - und auch nach dem Vorfall ist kein einziger der Teilnehmer abgesprungen."

Das freut auch Christopher Hewitt: "Die Nachricht für unsere Freunde aus Xanten und den Rest der Welt lautet: Es gibt absolut keinen Grund, fern zu bleiben. Ihr seid herzlich Willkommen!"

(p-m)
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