Artisten und Akrobaten in Xanten Himmlische Flüge im Weihnachtscircus
Xanten · Rund 450 Gäste erlebten in Xanten nach langer pandmie-bedingter Zwangspause eine zauberhafte Premiere mit zahlreichen Höhepunkten im Zelt der Familie Casselly.
„Hochverehrtes Publikum: Ich freue mich, hier zu stehen und Sie da sitzen zu sehen“: Jonny Casselly junior, der Direktor des Xantener Weihnachtscircus, war sichtlich gerührt, als er am Freitagabend bei der Premiere die Manege frei gab für die Show internationaler Artistinnen und Artisten. Schon bei der Einlasskontrolle, die er selber mit zwei Helfern durchführte, zeigte er Emotionen: „Schön, dass Sie gekommen sind“, hörte man ihn ein ums andere Mal seine Gäste willkommen heißen. Die hatten sich mit Eintrittskarten, Maske, Impfnachweis und Personalausweis bewaffnet auf den Weg zum Xantener Hafen gemacht, um sich bei der neunten Auflage des Xantener Weihnachtscircus verzaubern zu lassen.
Sie taten gut daran, ließen sich von Akrobaten und Artisten in eine Welt mitnehmen, zu der sie im normalen Leben kaum Zugang haben. Etwa 450 Leute dürften es gewesen sein, die zum hochverehrten Publikum zählten und froh waren, dass Jonny Casselly und seine Frau Jessica nach einem Jahr Zwangspause wieder „ein Stück Normalität zurückgebracht haben“, wie es Bürgermeister Thomas Görtz bei der Premiere formulierte. Mit Rolf Randolph, den Cassellys Tochter Katy liebevoll „Onkel Popolski“ nannte, hat die Familie einen singenden Conferencier gewonnen, der mit sonorer Stimme souverän durchs Programm führte.
„Popolski, alter Gesell’, hebe die Beine und spute dich schnell“: Der reimend angekündigte Moderator war bei der Premiere rechtzeitig im großen Zirkuszelt, um die „Cheban groupe“ willkommen zu heißen, die als erste ihre Kunststücke unter der Zirkuskuppel demonstrierte. Sechs durchtrainierte Männer, die zu Hardrock aus der Konserve Lkw-Reifen wie Trampoline benutzten, auf ihnen auf den ausgestreckten Händen eines Partners in den Handstand gingen, Salti rückwärts und vorwärts sprangen.
Die Artisten hatten zu fortgeschrittener Stunde einen zweiten Auftritt und landeten von der „russischen Schaukel“, einer ständig in Bewegung gehaltenen schaukelnden Plattform, mit verbundenen Augen nach einem Dreifach-Salto rückwärts eingedreht ganz locker auf einer dicken Weichmatte: Wow.
Mit Amelie Kamps kündigte Katy Casselly dann eine zierliche junge Dame an, „die alles, was sie kann, bei meinem Papa in der Zirkusschule gelernt hat“. Eine unglaublich biegsame Trapez-Künstlerin, die im Verlauf des Abends ein weiteres Mal in die Manege kam, um mit Katy zusammen auf den Händen ihres Vaters Jonny in den Handstand und Spagat zu gehen und weitere akrobatische Übungen zu zeigen. „Das Rad des Zirkus wird sich weiterdrehen“, kommentierte Onkel Popolski mit Blick auf einen stolzen Vater, dessen Tochter längst in seine und die Fußstapfen ihrer Mutter getreten ist.
Riesen Applaus dann für die junge Katy Casselly (14), die wie dereinst Jessica Casselly an von der Decke hängenden weißen Tüchern turnte, die sie sich, in der Luft hängend, geschickt um die Knöchel wickelte, um sich dann kopfüber nach unten heraus zu drehen und kurz vor dem Boden zu stoppen. „Das Publikum, das Licht, der Geruch von Popcorn und Manege, die Zusammenarbeit zwischen den Artisten – und alles, wo man fliegen kann, durch die Kuppel, über den Köpfen von Menschen“, das seien für ihn die schönsten Dinge in einem Zirkus, hatte Conferencier Popolski auf Nachfrage von Katy Casselly vor deren Auftritt geschwärmt. „Fly me to the Moon“, hatte sich die 14-Jährige denn auch folgerichtig als Musik für ihre Tuch-Akrobatik ausgesucht.
Halsbrecherische Artistik am Trapez mit den beiden international preisgekrönten Brüdern David und Richard Wolf aus Prag, die mit Slapstick-Akrobatik zum Lachen und Staunen bringen; Clown Constantin mit dickem Bauch im Rhönrad; faszinierender und schneller Synchron-Tanz der vier russischen Tänzerinnen und Tänzer der „l Torri Dancecomany“; das „Romanowski Team“, drei Trapezkünstler an Reckstangen; Jongleur Abrham Dereje in Frack und Zylinder, der zu „Billie Jean“ von Michael-Jackson tanzt und erst mit drei, dann fünf, später sieben und zum Schluss neun kleinen weißen Bällen in unglaublichem Tempo gleichzeitig jongliert: Jonny Casselly hat wieder einmal bewiesen, dass er ein Händchen dafür hat, aus dem riesigen Pool von internationalen Artistinnen und Artisten genau diejenigen zu engagieren, die auch die neunte Auflage seines Xantener Weihnachtscircus zu dem machen, was er stets war und immer noch ist: eine rundum gelungene und wirklich wunderschöne Sache.
„Danke, dass es Euch gibt“, las der sichtlich bewegte Zirkusdirektor bei der Premiere nach dem großen Finale aus einer der vielen Karten vor, die ihn und seine Familie während der harten Pandemie-Zeiten erreicht haben. Auch Casselly bedankte sich: Bei seinem Schwager Adriano, der backstage alles regelt und mit dem er zusammen das große Zirkuszelt im Hafen aufgebaut hat, und bei Benedikt Geenen aus Xanten, „der immer zur Stelle ist, wenn wir dabei Hilfe brauchen“, bei Sabine, Lotta und Frieda Frücht aus Xanten, die seit vielen Jahren aus freundschaftlicher Verbundenheit beim Weihnachtscircus mithelfen, bei Maler Siegfried aus Xanten, der „mit über 80 noch eben den Holzboden im Zelt gestrichen hat“, beim Team von Magic Sound, das für Licht- und Tontechnik zuständig ist. Und „last, but not least“ beim Publikum: „Nur durch Menschen, die jedes Jahr Tickets kaufen und uns auch in der schwierigen Zeit unterstützt haben, sind wir noch hier.“