Xanten Polizei: Radmutter-Serie ist Chefsache

Alpen/Sonsbeck/Xanten · Es häufen sich nicht nur die Fälle von gelösten Radmuttern, sie ziehen auch immer weitere Kreise.

 Elly Brandler aus Alpen ist das jüngste Opfer.

Elly Brandler aus Alpen ist das jüngste Opfer.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die Kreispolizei Wesel hat die Serie von gelösten Rädern an Autos zur Chefsache erklärt. „Es ist ein brisantes Thema“, sagt ihr Pressesprecher Daniel Freitag. Mehrere Sachbearbeiter werden sich bei den Ermittlungen damit beschäftigen. Außerdem wird die Polizei vor allem in den Wohngebieten verstärkt Streife fahren.

In den vergangenen Monaten hat die Zahl der bekannt gewordenen Fälle, in denen ein Unbekannter Radmuttern lockerte, deutlich zugenommen. Inzwischen sind bei der Kreispolizei Wesel für Xanten, Alpen und Sonsbeck seit letztem Oktober elf Meldungen aktenkundig, bei der Kreispolizei Kleve sind es seit Dezember ebenso viele. Häufig war das linke Vorderrad manipuliert worden. Meistens haben Autofahrer dies noch rechtzeitig bemerkt und Schlimmeres vermeiden können.

Auch die Alpenerin Elly Brandler ist erleichtert. Sie hatte Ende vergangener Woche Anzeige erstattet, nachdem ihr Mann eine Unwucht beim Fahren festgestellt und nachgesehen hatte. „Es muss Donnerstag auf Freitag von 16 bis 16 Uhr passiert sein“, berichtet die Anwohnerin des Römerwegs. Der Chevrolet Caprice habe auf dem Grundstück gestanden, gelockert wurden die Radmuttern hinten links. „Kriminell“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Im Freundeskreis wird darüber gesprochen. Man muss aufpassen.“

Bislang ist nur ein Unfall in Zusammenhang mit dieser Serie bekannt. Er ereignete sich in einer Baustelle zwischen der Weseler Rheinbrücke und Xanten. Dort war der Fahrer zum Glück wegen der dortigen Arbeiten langsam gefahren, als sich ein Rad löste und unter dem Kotflügel verkeilte. Es entstand Sachschaden im vierstelligen Bereich. In einem anderen Fall hat ein Lüttinger auf der Autobahn A 43 ein ungewöhnliches Fahrverhalten des Autos festgestellt und das Fahrzeug noch rechtzeitig auf den Standstreifen gelenkt. Schwerpunkt der Fälle im Kreis Wesel ist Xanten und dort vor allem der Ortsteil Lüttingen. Aber es gab auch Meldungen zum Beispiel aus der Innenstadt (Holzweg und Poststraße). Ähnliches wurde der Polizei zudem aus Sonsbeck und Alpen gemeldet. Nun berichtet die Kreispolizei Kleve über einen weiteren Fall in ihrem Bereich. In Kevelaer-Kervenheim hatten unbekannte Täter an einem VW T2 die Radmuttern gelockert und anschließend die Radkappen wieder aufgesetzt. Der weiße VW Bus hatte vom 23. bis 24. August auf der Kirmes an der Schloßstraße gestanden. Das war, wie sich jetzt zeigte, im Umkreis von Kleve kein Einzelfall. Kriminalkommissar Daniel Freitag von der Polizei Wesel hält einen Kreis übergreifenden Zusammenhang für möglich.

Die Polizei wird verstärkt in den Wohngebieten und vor allem nachts Streife fahren. Ebenso sind Zivilstreifen unterwegs. „Es kann auch vorkommen, dass wir Menschen kontrollieren und unter die Lupe nehmen“, erläutert Pressesprecher Freitag.

Die Kriminalprävention hat für Autofahrer einige Tipps zusammengestellt. Ganz oben steht die Kontrolle vor Antritt einer Fahrt, den festen Sitz der Radmuttern mit der Hand zu prüfen. Zudem rät die Polizei dazu, abschließbare Radmuttern zu verwenden. Fahrzeuge sollten möglichst in der Garage gefahren werden oder auf einem Parkplatz, der möglichst gut einsehbar oder durch eine Laterne beleuchtet ist.

Für das Lösen ist heute nicht mehr ein sperriges Radkreuz erforderlich, Radmuttern lassen sich oft in kurzer Zeit schon mit einem kleinen Werkzeug lockern. Das heimliche Lockern erfüllt den Straftatbestand eines schweren Eingriffs in den Straßenverkehr, der mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahre Haft geahndet werden kann. Es muss nicht erst ein Schaden entstehen.

Schon das mutwillige Lösen wird hart bestraft. Bereits bei geringeren Geschwindigkeiten geht von lockeren Rädern eine hohe Gefahr aus. Das gilt sowohl für den Fahrer und weitere Insassen als auch andere Verkehrsteilnehmer. Wenn sich die Radmuttern lösen, kann das Auto ins Schleudern geraten, die Lenkfähigkeit ist eingeschränkt, und dem Fahrer droht der Kontrollverlust. Andere Verkehrsteilnehmer können durch einen wegfliegenden Reifen schwer verletzt werden.

Die Polizei bittet alle, die verdächtige Personen bemerken, die Rufnummer 110 anzurufen, „damit wir uns diese mal genauer ansehen“, so Freitag. Die Leitstelle hat den besten Überblick, welches Fahrzeug in der Nähe ist. „Da wir auch Zivilfahnder in den Tatortgemeinden eingesetzt haben, ist das der schnellste und effizienteste Weg, um uns schnell vor Ort zu haben.“ Außerdem sollten sich Autofahrer, die Ähnliches erlebt haben, melden. Denn Kriminalhauptkommissar Freitag geht davon aus, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt als bisher bekannt.

Grundsätzlich empfiehlt der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC), nach einem Reifenwechsel in der Werkstatt sicherheitshalber nachzufragen, ob die Radmuttern mit einem Drehmomentschlüssel festgezogen worden sind. Obwohl eine Kontrolle dort bei korrektem Vorgehen in der Regel nicht notwendig sei, sollte man später zur Sicherheit die Schrauben nach 50 bis 100 Kilometer nachziehen, rät der Automobilclub. „Fängt das Fahrzeug nach einem Reifenwechsel an zu schlingern oder treten während der Fahrt ungewöhnliche Geräusche auf, könnten die Radmuttern nicht vernünftig angezogen sein. In diesem Fall sollte man sofort stehen bleiben und zum Beispiel den ADAC oder eine Werkstatt anrufen“, erklärt Thomas Müther, Leiter Kommunikation Nordrhein.

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