Seniorenzentrum in Xanten Pflegeheim nach Bombenfund evakuiert

Xanten · Auf dem Fürstenberg in Xanten wurde eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Für die Entschärfung mussten alle Gebäude im Radius von 250 Metern geräumt werden. Darunter das Seniorenzentrum St.-Elisabeth-Haus.

Die Bewohner des Seniorenzentrums St.-Elisabeth-Haus wurden mit einem Gelenkbus und DRK-Rettungswagen aus dem Gefahrenbereich gefahren.

Die Bewohner des Seniorenzentrums St.-Elisabeth-Haus wurden mit einem Gelenkbus und DRK-Rettungswagen aus dem Gefahrenbereich gefahren.

Foto: ja/Arnulf Stoffel (ast)

Nur langsam kann der große Gelenkbus vor das St.-Elisabeth-Haus fahren. Die Helenastraße ist schmal und immer wieder schieben sich Transporter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und Feuerwehrwagen an ihm vorbei. Im Inneren des Verhuven-Busses ist genug Platz für einen Großteil der Bewohner und Mitarbeiter des Seniorenzentrums. Doch auf einen Ausflug geht es heute nicht. Stattdessen steht als Ziel dieser Fahrt auf dem Display geschrieben: Evakuierung.

Unter einem Tennisplatz auf dem Fürstenberg in Xanten ist am Dienstag eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Nach Angaben des Ordnungsamtes der Stadt Xanten handelt es sich um einen 250 Kilogramm schweren Blindgänger. Der Fundort liegt auf dem Gelände des Tennisclubs Xanten. Die Bombe wurde bei Sondierungsbohrungen für eine Baumaßnahme entdeckt. Die Entschärfung steht gegen 15 Uhr an.

Die 250 Kilogramm schwere Bombe wurde auf einem Tennisplatz auf dem Fürstenberg gefunden.

Die 250 Kilogramm schwere Bombe wurde auf einem Tennisplatz auf dem Fürstenberg gefunden.

Foto: ja/Arnulf Stoffel (ast)

 Gut zwei Stunden zuvor beginnt die Stadt Xanten in Zusammenarbeit mit dem DRK und der Feuerwehr damit, die nähere Umgebung vorsichtshalber zu evakuieren. In einem Radius von 250 Meter um den Fundort herum müssen alle Wohnungen und Geschäftsräume verlassen werden. Genau in diesem Umkreis liegt auch das Seniorenzentrum St.-Elisabeth-Haus. Dort leben 64 Bewohner und sind etwa ebenso viele Mitarbeiter tätig. Um die teils bettlägerigen Menschen aus dem Gefährdungsradius zu schaffen, bedarf es eines aufwendigen Einsatzes. 

Neben dem Gelenkbus stehen sechs DRK-Wagen parat. Dort werden vor allem die Bewohner platziert, die nur liegend transportiert werden können. Nach und nach führen DRK-Rettungs- oder Pflegekräfte die Senioren aus dem Gebäude heraus, verlegen sie behutsam in die Fahrzeuge. Von Hektik keine Spur. Die Einsatzkräfte lassen sich Zeit für die betagten Passagiere. Und auch die Bewohner wirken entspannt. „Der Einsatz ist sehr gut organisiert. Ich habe überhaupt keine Angst“, sagt Marianne Timp. Die 92-Jährige gehört mit Anneliese Hochwald (89) und Johann Binders (89) zu den ersten Bewohnern, die für die Dauer der Entschärfung in die Landwehr-Turnhalle gebracht werden.

 Im Radius von 250 Metern (kleiner Kreis) wurden Gebäude evakuiert. Im Umkreis von 250 bis 500 Metern galten Sicherheitsmaßnahmen.

Im Radius von 250 Metern (kleiner Kreis) wurden Gebäude evakuiert. Im Umkreis von 250 bis 500 Metern galten Sicherheitsmaßnahmen.

Foto: Stadt Xanten

Alle drei haben den Zweiten Weltkrieg selbst miterlebt, erinnern sich noch gut an die Bombardierungen. „Wir hatten einen Bunker in der Nachbarschaft. Bei Fliegeralarm sind wir alle da rein, um uns zu schützen. Aber als Junge ist man natürlich auch neugierig, was da passiert“, erzählt der Sonsbecker Johann Binders. Auch Anneliese Hochwald hat in ihrer Jugend viele Evakuierungen erlebt. Sie kommt aus Reinhausen, wo sich Werke der Krupp-Gussstahlfabrik befanden. „Bei uns ging es oft ganz schön zur Sache“, sagt die 89-Jährige. „Jetzt habe ich für alle Fälle mal mein Portemonnaie mit meinem Pass mitgenommen. Aber eigentlich fühle ich mich gut aufgehoben.“

Inzwischen ist der Gelenkbus zu einem Drittel gefüllt. Die Rollstühle und Rollatoren der Bewohner werden in einen Pritschenwagen geladen. Die nächsten DRK-Wagen setzen sich in Bewegung. Auch die Feuerwehr fährt nochmals durch die Straßen, informiert die Bürger im 250-Meter-Radius per Durchsage: „Aufgrund einer Bombenentschärfung muss dieser Bereich umgehend verlassen werden.“ Zuvor waren schon Ordnungsamtsmitarbeiter von Haus zu Haus unterwegs. In einem Radius zwischen 250 bis 500 Meter um den Fundort herum sollen die Bürger in geschlossenen Räumen ausharren oder ihre Häuser verlassen. Als Betreuungsraum steht für sie das Haus der Begegnung an der Karthaus zur Verfügung.

Die Senioren des St.-Elisabeth-Hauses werden nicht ins Haus der Begegnung gebracht. Sie kommen in die Landwehr-Turnhalle, knapp fünf Auto-Minuten von der Pflegeeinrichtung entfernt. Dort wartet Pflegedienstleiterin Sabine Pontkees mit weiteren Einsatzkräften sowie Mitarbeitern des Seniorenzentrums auf sie. „Dienst oder nicht, 20 Mitarbeiter aus unserer Einrichtung sind vor Ort, um zu helfen“, sagt Pontkees. Selbst die Hauswirtschaft unterstütze die Pflegekräfte. „Uns war wichtig, dass die Bewohner in dieser Situation bekannte Gesichter antreffen“, so Pontkees. 

In der Turnhalle wurden Sitzgelegenheiten für die nach und nach eintreffenden Senioren bereitgestellt. Liegen aus den Krankentransportern stehen den bettlägerigen Bewohnern zur Verfügung. Es gibt Kaffee und kleine Snacks. Die Stimmung ist gelöst. „Alle arbeiten Hand in Hand und für den Anlass ist die Unterkunft ausreichend komfortabel“, lobt die Pflegedienstleiterin die Organisation der Evakuierung. „Aber natürlich hoffen auch alle, bald wieder zurückkehren zu können.“

Um 15.51 Uhr gibt das Xantener Ordnungsamt Entwarnung: Die Bombenentschärfung sei erfolgreich verlaufen. Alle Sicherheitsmaßnahmen seien ab sofort aufgehoben. Die Bewohner werden ins Seniorenzentrum zurückgefahren. „Ein kleines Abenteuer“, nennt der 89-Jährige Johann Binders die Evakuierung. Er habe die Gelegenheit genutzt, um „mit ein paar Leuten zu quatschen“. Pflegedienstleiterin Pontkees freut sich darüber, dass alle Senioren die Situation so gut durchgestanden haben. Zur Sicherheit will sie die Ereignisse in den kommenden Tagen aber nochmals in Gesprächen aufgreifen.

(beaw)
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