Debatte um Notarztstandorte Xantens Klinik bietet Kreis Gespräch an

Xanten · In der Debatte um den Notarztstandort schlägt die Leitung des Xantener Krankenhauses dem Kreis Wesel vor, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Die vergangenen Wochen hätten die Menschen in der Region „verunsichert und verängstigt“, sagte Geschäftsführer Michael Derksen.

 Klinikchef Michael Drksen (r.) sprach mit Bürgermeister Thomas Görtz und weiteren Vertretern der CDU über den Notarztstandort in Xanten.

Klinikchef Michael Drksen (r.) sprach mit Bürgermeister Thomas Görtz und weiteren Vertretern der CDU über den Notarztstandort in Xanten.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Die Leitung des Xantener Krankenhauses bietet Landrat Ingo Brohl und der Kreisverwaltung an, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, um den Notarztstandort am St.-Josef-Hospital auch in der Nacht zu erhalten. Es sei im Interesse aller, die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum sicherzustellen, erklärte Geschäftsführer Michael Derksen am Mittwoch bei einem Gespräch mit Xantens Bürgermeister Thomas Görtz und Vertretern der CDU. „Ich habe die Hoffnung, dass wir zu Gesprächen kommen und Lösungen finden, die von den Menschen akzeptiert werden“, sagte Derksen.

Damit reagierte der Klinikchef auf die Debatte über eine Zusammenlegung der Notarztstandorte Xanten und Rheinberg in der Nacht. Diesen Vorschlag hatte die Kreisverwaltung schon 2018 gemacht, nachdem ein Gutachter empfohlen hatte, die Standorte aus wirtschaftlichen Gründen zwischen 19 Uhr und 9 Uhr in Alpen zusammenzulegen. Nach Protesten aus beiden Städten sollten die Einsatzzahlen noch einmal erhoben werden. Dafür wurden die Daten von 2020 ausgewertet, und der Gutachter kam erneut zu dem Ergebnis, dass die Xantener und Rheinberger Notärzte nachts zu wenige Einsätze haben, um zwei Standorte zu rechtfertigen. Durch eine Zusammenlegung sollen 250.000 Euro eingespart werden. Nach erneuten Protesten hat die CDU-Kreistagsfraktion vorgeschlagen, die Entscheidung auf Ende 2022 zu verschieben und vorher ein drittes Mal die Einsatzzahlen zu erfassen. Darüber soll der Kreistag am Donnerstag abstimmen.

Die Debatte der vergangenen Wochen habe die Menschen in der Region „verunsichert und verängstigt“, sagte Derksen weiter. Sollte der Kreistag dem Vorschlag der CDU zustimmen, sei er dankbar für den Aufschub. Gleichzeitig appellierte er an die Politik, diese zusätzliche Zeit dann auch für die Suche nach einer Lösung zu nutzen. Das Ziel müsse „eine adäquate Versorgung der Menschen hier in der Region“ sein. Dafür dürfe die Anzahl der Einsätze nicht maßgeblich sein. Das „einzige Kriterium“ müsse sein, dass die Menschen in der erforderlichen Hilfsfrist versorgt werden. Damit ist die Zeitspanne gemeint, die der Rettungsdienst und der Notarzt oder die Notärztin bis zum Patienten brauchen. Für den Rettungswagen strebt der Kreis Wesel eine Hilfsfrist von zwölf Minuten in mehr als 90 Prozent der Fälle an, für den Notarzt oder die Notärztin plant er mit 15 Minuten.

Diese Viertelstunde bis zum Patienten könne in weiten Teilen Xantens nicht mehr eingehalten werden, wenn der Notarzt nach Alpen verlegt und er in der Nacht allein für ein Gebiet zuständig wäre, das bisher von zwei Notärzten abgedeckt werde, sagte Derksen. „Der Kreis würde seinen Versorgungsauftrag nicht mehr gerecht werden.“

Zumal es regelmäßig vorkomme, dass der Notarzt schon im Einsatz sei, während gleichzeitig noch ein weiterer Notruf aus seinem Gebiet eingehe. Dabei handelt es sich um sogenannte Duplizitäten. Allein im Jahr 2019, also vor der Corona-Pandemie, habe es innerhalb von etwa fünf Monaten im Einsatzgebiet des Xantener Notarztes 26 Mal gleichzeitig zwei oder mehr Einsätze gegeben. In diesen Fällen soll der Notarzt vom nächstgelegenen Standort gerufen werden. Bisher ist das Rheinberg. Würden beide Standorte nachts zusammengelegt, müsste der Notarzt aus Wesel, Kamp-Lintfort oder dem Kreis Kleve kommen – er hätte einen entsprechend weiteren Anfahrtsweg.

Dazu hat die Kreisverwaltung schon mehrfach gesagt, dass der Notarzt nicht als erstes eintreffen müsse, weil der Rettungswagen schon vor ihm vor Ort sei und die Mitarbeiter – meistens Notfallsanitäter – ausreichend qualifiziert seien, um den Patienten weitgehend zu versorgen. Aber in der Vergangenheit sei es regelmäßig vorgekommen, dass der Xantener Notarzt sogar noch vor dem Rettungsdienst den Patienten erreicht habe, im Jahr 2019 zum Beispiel 39 Mal innerhalb von 4,5 Monaten, sagte Derksen. In einem Fall habe der Patient einen Herzinfarkt gehabt. Der Notarzt sei neuneinhalb Minuten vor dem Rettungswagen eingetroffen.

Diese Erfahrungen aus der Praxis wolle er dem Landrat und der Kreisverwaltung gern in einem persönlichen Gespräch erklären, bot Derksen an. Xantens Bürgermeister Görtz sagte ihm dafür seine Unterstützung zu, genauso wie der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jens Lieven, der CDU-Fraktionsvorsitzende Pankraz Gasseling und CDU-Kreistagsmitglied Dietmar Kisters. Sie hatten sich schon in der Vergangenheit für den Xantener Notarztstandort stark gemacht. „Es geht um Menschenleben“, sagte der Ärztliche Direktor des St.-Josef-Hospitals, Olaf Nosseir. Dass die Kreisverwaltung über Einsparungen nachdenke, „können wir nicht nachvollziehen“. Wenn es einen Notfall gebe, zähle jede Minute. „Kommt der Notarzt zu spät, kann es zu spät sein.“

(wer)
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