Nibelungen-Express-Betreiber Ralf Graumann „Zuerst war es schwierig, davon zu leben“

Xanten · Der Betreiber des Nibelungen-Expresses, Ralf Graumann, spricht darüber, wie er 2005 arbeitslos wurde und dann die Bimmelbahn aufgebaut hat, wie ihm James-Bond-Darsteller Daniel Craig entgegenkam und wie er sich einmal verfahren hat.

 „Wenn wir durch die Stadt fahren, winken uns Passanten zu, vor allem Kinder“: Ralf Graumann (r.) mit seinem Mitarbeiter Jürgen van Eisden vor dem Nibelungen-Express.

„Wenn wir durch die Stadt fahren, winken uns Passanten zu, vor allem Kinder“: Ralf Graumann (r.) mit seinem Mitarbeiter Jürgen van Eisden vor dem Nibelungen-Express.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Wer Xanten kennenlernen möchte, hat dafür viele Optionen. Eine sehr bequeme und unterhaltsame Möglichkeit ist eine Fahrt im Nibelungen-Express. Täglich rollt die Bimmelbahn durch die Stadt, währenddessen erklärt eine Stimme die Sehenswürdigkeiten. Ralf Graumann hat den Nibelungen-Express aufgebaut. Mit ihm sprachen wir über die Anfänge seiner Firma, neue Routen, den Elektro-Motor und größere Fahrzeuge.

Herr Graumann, wie sind Sie auf die Idee mit dem Nibelungen-Express gekommen?

Ralf Graumann Ich bin 2005 arbeitslos geworden, nachdem ich Vertriebsleiter in einem großen Unternehmen war. Damals hatte ich die Verantwortung für 30 Millionen Euro Umsatz und 15 Mitarbeiter. Wir waren europaweit unterwegs. Aber dann kam die Kündigung. Ich war Ende 40, und in meinem alten Job war es schwierig, wieder etwas zu finden. Also habe ich überlegt, was ich tun kann. Im Internet habe ich eine Bimmelbahn gesehen und mir gedacht, dass ich die vermieten kann. Also habe ich sie gekauft, restauriert, zugelassen und bundesweit vermietet. Wir waren viel unterwegs und auf vielen Stadtfesten. Mit dem Lkw haben wir die Bimmelbahn einmal sogar bis Fürstenfeldbruck bei München gebracht. Aber es ist natürlich anstrengend, so oft unterwegs zu sein.

Wie wurde daraus dann der Nibelungen-Express?

Graumann Durch einen Zufall habe ich Peter Friese auf der Touristikmesse in Rheinberg kennengelernt. Er war damals der Geschäftsführer der Tourist Information Xanten, also der TIX. Auf der Messe erzählte er mir, dass in den 1990er Jahren eine Bimmelbahn durch Xanten gefahren war, und er fragte, ob ich nicht Lust hätte, das noch einmal auszuprobieren. Dann habe ich eine zweite Bahn gekauft und bin mit dem Nibelungen-Express gestartet.

Darf man in Deutschland eine Bimmelbahn einfach betreiben?

Graumann Vorne ist ein ganz normales Zugfahrzeug. Aber für die Anhänger sind Ausnahmegenehmigungen erforderlich, weil es in Deutschland verboten ist, Personen auf Anhängern zu befördern. Für diese Ausnahmegenehmigungen musste ich die genaue Fahrtstrecke einreichen. Was mir verboten ist: Ich darf nicht auf Bundes- oder Landstraßen fahren. Wenn also eine Gruppe in der Jugendherberge übernachtet und eine Fahrt bei mir bucht, fahre ich über Lüttingen und Wardt und hole die Fahrgäste am FZX-Infocenter ab. Über den Bankschen Weg darf ich nicht fahren, weil das Fahrzeug Überlänge hat und sehr langsam ist. Die Gefahr ist deshalb zu groß, dass Autofahrer die Länge falsch einschätzen und schwere Unfälle passieren.

Wie lief es am Anfang?

Graumann Es war zuerst schwierig, davon zu leben. Deshalb habe ich anfangs nebenbei noch im Vertrieb eines Unternehmens gearbeitet. Aber seit mehr als zehn Jahren kann ich vom Nibelungen-Express leben. Man wird kein Millionär dadurch, das ist klar, aber man kommt gut zurecht. Und ich habe angenehmere Arbeitszeiten als im Vertrieb. Natürlich bin ich auch samstags und sonntags unterwegs. Aber die Fahrzeiten sind zwischen 11 und maximal 18 Uhr.

Als Vertriebler haben Sie vermutlich große Abschlüsse erzielen müssen. Was macht Sie heute zufrieden, als Betreiber des Nibelungen-Expresses?

Graumann Zum einen macht mich die Tatsache zufrieden, dass der Nibelungen-Express von den Menschen so gut angenommen wird: Wenn wir durch die Stadt fahren, winken uns Passanten zu, vor allem Kinder. Zum anderen, dass ich es geschafft habe, mir etwas aufzubauen, was auch so gut funktioniert, dass ich mich mittlerweile aus dem Fahrbetrieb langsam herausziehen kann. Dann kümmere ich mich nur um das Organisatorische, trotzdem läuft der Nibelungen-Express. Das steht und fällt natürlich mit guten Mitarbeitern, und die habe ich.

Haben Sie Pläne, langfristig auszusteigen?

Graumann Nein. Dafür fühle ich mich Xanten viel zu sehr verbunden. Selbst wenn ich über 70 bin und nicht mehr fahren darf, will ich beim Nibelungen-Express zumindest noch die Organisation machen. Wir Fahrer müssen ja alle fünf Jahre zum Gesundheitstest. Dann überprüft ein Arzt, ob wir noch die Personenbeförderung machen dürfen. Das ist wichtig. Wenn er dann irgendwann sagen sollte, dass ich nicht mehr fahren darf, dann kann ich immer noch Fahrer einstellen, die das für mich machen, und kümmere mich nur noch um das Organisatorische.

Sie fahren seit 16 Jahren fast immer dieselbe Strecke. Haben sie sich schon einmal verfahren?

Graumann Ja, einmal. Ich war damals komplett in Gedanken und hatte noch Arbeiten in meiner Werkstatt zu erledigen – sie liegt im Gewerbegebiet. Vor der Bahnschranke an der Bahnhofstraße ist mir dann aufgefallen, dass ich noch vier Leute hinten drin hatte und noch eine Rundfahrt zu Ende machen musste. Dann habe ich hinten am Kreisverkehr gedreht und die Rundfahrt fortgesetzt. Die Leute haben das gar nicht gemerkt, sie kannten die Strecke nicht. Schlimm wäre es gewesen, wenn ich mit den Leuten hinten in die Garage gefahren wäre. Aber es ist mir ja noch früh genug aufgefallen.

Haben sich Kunden schon mal beschwert?

Graumann Anfangs, als wir noch mit Sprit gefahren sind, haben sich manchmal Kunden vorn im ersten Wagen beschwert, weil Abgase hereinkamen. Aber das kann jetzt nicht mehr passieren, weil wir in der einen Bahn mit einem Elektromotor fahren und in der anderen Bahn den Auspuff nach oben gerichtet haben, sodass auch nichts mehr in die Wagen ziehen kann.

Sind Sie deshalb auch auf Elektro umgestiegen?

Graumann Auf den Elektro-Motor bin ich umgestiegen, weil ich ein Verfechter dieses Antriebs bin. Nicht in allen Bereichen passt ein Elektro-Motor, das möchte ich dazusagen, aber in vielen Bereichen ist er sinnvoll, zum Beispiel in einer Bimmelbahn. Wir legen keine langen Strecken zurück, wir haben nur hohe Lasten zu transportieren. Dafür ist ein Elektromotor hervorragend geeignet, und die Ladung des Akkus reicht für einen Tag. Ich habe schon vor vielen Jahren versucht, einen Hersteller zu finden, der eine Elektro-Bahn baut. Mittlerweile macht das ein Kollege. Er ist sogar Technologieführer. Seine Elektro-Bahnen sind hochwertige Modelle. Aber sie kosten mindestens 400.000 Euro. Das kann ich nicht bezahlen. Deshalb habe ich den Nibelungen-Express selbst umgebaut. Andere sind auch schon umgestiegen. Der Verband der Betreiber von Bimmelbahnen, dessen Vorsitzender ich seit neun Jahren bin, hat knapp 40 Mitglieder mit fast 200 Bahnen. Mittlerweile fahren 21 elektrisch.

War unter Ihren Fahrgästen im Nibelungen-Express auch schon ein prominenter Mensch?

Graumann Bekannte Menschen aus der Region sind schon mit dem Nibelungen-Express gefahren. Aber darüber hinaus ist mir niemand bekannt. Daniel Craig ist mir aber einmal in seinem Aston Martin entgegengekommen.

Im Ernst?

Graumann Ja. Ich kam von der Bislicher Insel, und Daniel Craig war auf dem Weg zur Rheinfähre. Dort hat er einen Kaffee getrunken. Weitere Promis sind mir nicht aufgefallen. Aber ich denke, dass die auch ihre Ruhe haben wollen, wenn sie privat hier sind.

Haben sie schon einmal überlegt, die Strecke zu ändern?

Ralf Graumann Ich habe schon überlegt, zum Rhein zu fahren, also zur Rheinfähre.

Eine schöne Strecke.

Graumann Ja, aber die Rundfahrt würde dann eineinhalb Stunden dauern, und ich will die Abfahrten im Stundentakt anbieten. Wenn aber der Schlenker über die Siegfriedstraße bis zum Archäologischen Park irgendwann wegfallen sollte, weil der LVR dort weitere Grundstücke gekauft und den APX erweitert hat, dann würde unsere Runde nur noch 25 bis 30 Minuten statt der 40 Minuten dauern, dann würden wir wohl bis zum Rhein fahren. Oben an der Rheinfähre könnte ich mit dem Nibelungen-Express drehen, und ich habe eine Ausnahmegenehmigung, sodass ich über die Poststraße, die Viktor-Straße und den Augustusring bis zur Bislicher Insel fahren darf.

 Ralf Graumann im Interview mit den RP-Praktikanten Malea Theyßen und Alexander Mallach. Das Gespräch fand im April statt.

Ralf Graumann im Interview mit den RP-Praktikanten Malea Theyßen und Alexander Mallach. Das Gespräch fand im April statt.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Denken Sie noch über andere Änderungen nach?

Graumann Wir werden unsere Beförderungskapazität erhöhen. Dafür habe ich einen neuen Hänger gekauft. Ich werde ihn im Winter umbauen. In ihm schauen alle Fahrgäste nach vorn, niemand fährt mehr rückwärts. Denn es kommt immer wieder vor, dass Fahrgäste sagen, sie könnten nicht rückwärts fahren, weil ihnen dann übel wird. Im neuen Anhänger kann ihnen das nicht mehr passieren, alle Sitzplätze zeigen in Fahrtrichtung. Dadurch bekomme ich auch mehr Fahrgäste mit. Das ist wichtig, weil die neuen Busse mehr als 50 Sitzplätze haben – wenn sie eine Reisegruppe nach Xanten bringen, und die Leute wollen mit mir eine Stadtrundfahrt machen, muss ich bisher zwei Bahnen einsetzen. Wenn ich diese Reisegruppen dagegen mit einer Bahn transportieren kann, ist das natürlich viel einfacher.

(wer)
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