Xanten/Sonsbeck Nach dem Abi für ein Jahr nach Indien

Xanten/Sonsbeck · Clara Dohr und Romy Langenberg verbringen ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer fremden Kultur.

 Die Freundinnen Clara Dohr (l,) und Romy Langenberg haben sich unabhängig voneinander beworben – und reisen zufällig in dieselbe Gegend Indiens.

Die Freundinnen Clara Dohr (l,) und Romy Langenberg haben sich unabhängig voneinander beworben – und reisen zufällig in dieselbe Gegend Indiens.

Foto: armin fischer

Ausgerechnet Indien! Wo Frauen anscheinend als Freiwild gelten, wie es zumindest die Berichterstattung der vergangenen Monate glauben lässt. Für besorgte Eltern ist es jedenfalls nicht der Ort, an dem man seine kaum erwachsene Tochter für ein Jahr wissen möchte. Meine Mutter kommt damit öfter an", sagt denn auch Clara Dohr. Die 19-jährige Sonsbeckerin verbringt ab September ein Freiwilliges Soziales Jahr in Südindien. Sie weiß sich in der Obhut einer seriösen Entsendeorganisation, deren Mitarbeiter bei Bedarf mit Rat und Tat bereitstehen. "Die machen das schon seit vielen Jahren", sagt Clara.

Schöner Zufall: Während Clara in der Stadt Udupi an der indischen Westküste in einer von Nonnen geführten Schule für behinderte Kinder aushilft, wird ihre Freundin Romy Langenberg (18) nur 40 Autominuten entfernt in Kundapur mit Schülern Projekte über Ökologie, Nachhaltigkeit und Mülltrennung durchführen. Beide machen das Abitur am Stiftsgymnasium, beide wollten nach dem Abi ins Ausland, beide bewarben sich bei verschiedenen Organisationen für ein Soziales Jahr. "Auch Afrika, Indonesien oder Südamerika wäre infrage gekommen", sagt die Xantenerin Romy. Dass Fortuna die Freundinnen an fast denselben Fleck der Erde führt — umso besser. "Wir werden uns treffen", freut sich Romy. Die Wochenenden sind frei, dann wird der Subkontinent erkundet.

Neben den Abifächern steht derzeit Indien auf dem Lehrplan der Schülerinnen. Jeden Zeitungsbericht über Indien, jeden TV-Bericht verschlingen sie. Ihre Entsendeorganisationen werden sie demnächst in Seminaren auf Indien vorbereiten. Auch auf die Sprache der Region, Kannada, wollen sie sich vorbereiten. "Für die erste Zeit bekommen wir aber einen Übersetzer."

Und was treibt einen so weit fort vom behüteten Heim am Niederrhein? "Ich möchte die Zeit zwischen Abi und Studium nutzen, um mich zu engagieren", sagt Romy, die früher lange bei den Pfadfindern war. Clara hilft bei der Initiative Integratives Leben in Sonsbeck. "Ich unterstütze eine Familie, die ein Kind mit geistiger Behinderung hat." Ehrenamtlicher Einsatz ist beiden wichtig. Zudem werde Indien eine Erfahrung fürs Leben, ist Clara überzeugt: "Wir lernen eine andere Kultur kennenlernen, andere Perspektiven, von denen wir lernen können." Gespräche mit einer Studentin, die ebenfalls ein Jahr in Indien verbracht hat, bestätigten dies. Sie habe von unglaublich aufgeschlossenen Frauen und Kindern geschwärmt, von einem ganz anderen Gefühl für Zeit, von einer beeindruckenden Spiritualität der Menschen. "Negativ war leider, dass sie schon mal im Bus angefasst wurde."

Auch das wissen Romy und Clara: Sie müssen sich auf Schmutz, fehlende sanitäre Anlagen, Tierelend einstellen. Und auf Heimweh. Besuche der Familien in Indien sind seitens der Entsenderorganisationen unerwünscht (Romy: "Das belastet den Freiwilligen zu sehr"), und Stippvisiten in der Heimat sind zeitlich und finanziell schwer zu stemmen. Auch wenn die Freiwilligen monatlich 100 Euro Taschengeld bekommen, was in Indien sehr viel sei. "Dort gilt jemand mit 80 Euro im Monat als wohlhabend."

(RP/ac)
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