Klimaschutz in Xanten Im Vorgarten am Dombogen blüht immer was

Xanten · Monika Kirschnik aus Xanten ist eine Vorgärtnerin, die beim Projekt „Bunt statt grau“ von der Leader-Jury ausgezeichnet worden ist.

 Im ihrem reichlich bepflanzten Vorgarten am Domblick hat Monika Kirschnik ein Refugium für Bienen und Schmetterlinge geschaffen.

Im ihrem reichlich bepflanzten Vorgarten am Domblick hat Monika Kirschnik ein Refugium für Bienen und Schmetterlinge geschaffen.

Foto: Monika Kirschnick

„Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling, Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben.“ Was der dänische Dichter Andersen formuliert hat, aufgeschrieben mit weißer Kreide auf einer schwarzen Schiefertafel an einem Baum im üppig bepflanzten Vorgarten des Hauses am Domblick, bringt es auf den Punkt: Hausherrin Monika Kirschnik hat ein Herz für Wildtiere. Und einen Graus vor Steinwüsten vor Häusern, die mit Natur nichts mehr zu tun haben.

Dass die Studienrätin, die an der Gesamtschule Xanten-Sonsbeck Kunst und Sprachen unterrichtet, für ihren Garten vom Leader-Regionalbüro mit dem Prädikat „Klimafreundlichster Vorgarten 2020“ ausgezeichnet wurde, freut die 50-Jährige. Vor sieben Jahren hat sie sich im damals neuen Baugebiet Am Dombogen ein Grundstück mit Blick auf den Dom gekauft, ein Haus drauf gebaut und angefangen, die Gärten vor und hinter dem Haus zu bepflanzen. „Ich habe hier bestimmt für 10.000 Euro gepflanzt“, erzählt sie. Sie habe „zwei große Lastwagen voller Pflanzen aus Holland“ kommen lassen.

Im etwa 45 Quadratmeter großen Vorgarten finden sich Lavendel („für den Nektar“), Bartblumen, ein Faulbaum für den Zitronenfalter, üppig blühende Lavatera, die rote, weiße und lila Blüten tragen, Sonnenblumen („in den vertrockneten Blüten überwintern Marienkäfer“), Magnolien, zwei Rosenbögen und viele Kräuter für die Schmetterlinge. Tipp, der Kennerin: „Wer blaue Schmetterlinge haben will, muss Thymian pflanzen.“

 Mit dieser Skulptur setzt sich Monika Kirschnik mit der Verzweiflungstat einer Mutter in Solingen auseinander.

Mit dieser Skulptur setzt sich Monika Kirschnik mit der Verzweiflungstat einer Mutter in Solingen auseinander.

Foto: Monika Kirschnick

In ihrem Garten, vorne wie hinter dem Haus, blühe immer etwas, das ganze Jahr hindurch. „Ich brauche auch im Winter Blüten, sonst werde ich traurig“, sagt sie. Und außerdem müssten für die Insekten im Garten das ganze Jahr über Nektarquellen zur Verfügung stehen.

„Die Häuser sind gekommen, die Hasen wussten nicht wohin“, sagt Kirschnik. Sie hat sich kundig gemacht. Das Baugebiet Dombogen sei früher Revier für Feldhasen gewesen. Wohl aus Not habe eine Häsin anfangs ihr Junges unter einer Ilex mitten in ihrem Vorgarten abgelegt, sei morgens und abends in der Dämmerung gucken gekommen, um ihr Junges zu säugen, sechs bis acht Wochen lang. Seither lege eine Häsin jedes Jahr im Juli bei ihr ihren Nachwuchs ab: ein Junges im Vorgarten, ein weiteres hinterm Haus, erzählt Monika Kirchnik.

In ihrem Garten mit der Wildwiese hat Monika Kirschnik zahlreiche Obstbäume (Apfel, Aprikose, Birnen, Pflaumen, Zwetschgen, Kirschen), Rosen und Hagebutten für die Vögel gepflanzt. „Aus bürgerlicher Sicht ist das natürlich ein unordentlicher Garten“, sagt sie und lacht. Auf einer mit Erde angeschütteten kleinen Anhöhe wachsen Rosenkohl, Grünkohl und Kräuter. „Das Gemüse ist für die Hasen und Schmetterlingsraupen“, sagt sie.

Dahinter auf einer erhöhten Terrasse will sich die Kunstpädagogin ein Atelier einrichten, in dem sie arbeiten kann. Denn Monika Kirschnik, die in Kiel geboren und groß geworden ist, in Utrecht und Köln Germanistik, Anglistik, Niederlandistik, Theater-, Film-, Fernseh- und allgemeine Literaturwissenschaften studiert und 18 Jahre in den Niederlanden gelebt hat, ist nicht nur Lehrerin und Hobbygärtnerin. Sie versteht sich auch als Künstlerin, arbeitet mit Ton. Ihre Skulpturen zeigen Menschen, die ruhen, aber auch Menschen, die sich in einer extremen Gefühlslage befinden.

Eine Skulptur heißt „Verzweiflung in der Corona-Krise“: Sie stellt die alleinerziehende Mutter aus Solingen dar, der die Staatsanwaltschaft vorwirft, Anfang September fünf ihrer sechs Kinder getötet zu haben. Die Kinder waren zwischen einem und acht Jahre alt. Der älteste Sohn (11) überlebte, weil er zum Tatzeitpunkt in der Schule war. Gegen die junge Mutter, die nach einem Suizidversuch – sie hatte sich in Düsseldorf vor einen Zug geworfen – schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht wurde, erging inzwischen Haftbefehl wegen Mordes in fünf Fällen.

Die Skulptur zeigt eine knieende, zum Tod bereite Mutter. Sie hat ihre Hände zum Beten oder auch zum Absprung gefaltet, zwischen den Armen umklammert sie ihr Herz. Das überlebende Kind greift ihr verzweifelt in den Arm, doch sie beachtet es nicht. Die fünf toten Kinder entgleiten ihr aus dem aufgebrochenen Herzen, schießen mit gefalteten Armen davon, im Fallen wachsen ihnen Flügel. Die Mutter bleibt mit leeren Armen zurück. Monika Kirschnik überlegt, der Stadt Solingen die Skulptur als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen oder einen Abguss anzufertigen. Als Mahnmal für familiäre Notlagen in der Corona-Krise.

„Es ist das Ende der Welt, sagte die Raupe. Es ist erst der Anfang, sagte der Schmetterling“ – So steht es Weiß auf Schwarz auf einem weiteren Schild im Vorgarten am Dombogen. Das Preisgeld von 150 Euro will die engagierte Naturschützerin übrigens nicht für sich behalten, sondern an Menschen geben, die bereit sind, ihren Kies-Vorgarten zu entsiegeln und klimafreundlich zu gestalten. Unter Tel. 0172 9854251 gibt sie gern nähre Auskunft.

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