Xanten Mit harmonischem Ebenmaß

Xanten · Beim 11. Silvesterkonzert im Xantener Dom brillierte das Ratinger Bachorchester unter der Leitung des jungen Dirigenten Lucius Rühl. Als Solistin überraschte vor allem die Sängerin Mirjam Hardenberg, die aus Kleve stammt.

Mit einem hochwertigen Konzert wurde das alte Jahr im Dom verabschiedet. Propst Alfred Manthey begrüßte unter Beifall Besucher aus den voll besetzten Reihen insbesondere Winfried Erkens, der zehn Jahre die Silvesterkonzerte leitete, und dessen einstiger Schüler, Lucius Rühl. Der dirigierte das Ratinger Bachorchester und begleitete am Cembalo. Ebenfalls persönlich begrüßt wurde der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Harry Carstensen, der zu den regelmäßigen Besuchern der Silvesterkonzerte gehört. „Land am Meer und Land am Fluss, das passt gut zusammen“, rief ihm der Propst zu.

Liebes Jahr ich muss dich lassen

Dann zitierte er ein Gedicht der westfälischen Dichterin Annette von Droste Hülshoff, das diese vor genau 200 Jahren im Alter von neun Jahren schrieb. („Liebes Jahr ich muss dich lassen...“) Das Konzert begann mit der „Ouvertüre in h-moll“ für Flöte und Orchester von Bach. Nach dem gravitätischen Anfangsteil zeigte das Ratinger Bachorchester mit dem Solisten Jochen Hoffmann besonders im temporeichen Mittelteil seine virtuose Meisterschaft und Lebendigkeit.

Lucius Rühl leitete hierbei, wie während aller folgenden Werke, mit klarer Diktion vom Cembalo aus. Im letzten Satz der „Ouvertüre“, „Badinerie“, (franz. für Spaß, Tändelei), trieb er das Ensemble zu einem ungewöhnlich rasanten Tempo an. Die ausgezeichneten Violinisten Carola Seibt und Thomas Hemkemeier waren anschließend die Solisten im „Weihnachtskonzert“ von Arcangelo Corelli. Das Stück ist über weite Teile von feierlichen Klängen geprägt. Es wurde besonders durch seinen letzten Satz, dem als „Pastorale“ bezeichneten Largo, zu einem der schönsten Stücke dieses Genres. Das Bachorchester verwöhnte die Zuhörer mit harmonischem Ebenmaß voll klanglicher Schönheit. Mit zwei in der Originalsprache gesungenen Arien für Sopran aus dem „Messias“ von Händel überraschte Mirjam Hardenberg.

Die Klever Künstlerin hat sich vor allem als Cellistin nicht nur in unseren Breiten einen Namen gemacht. Im Silvesterkonzert gab sie eine überzeugende Visitenkarte als Sängerin ab. In der technisch sehr anspruchsvollen Arie „Rejoice, O daughter of Zion“ („Erwache, frohlocke, o Tochter Zion“) bot sie eine Darbietung mit bewundernswertem Musiziergeist und stilistischer Reife. Später brillierte sie im Duett mit dem ebenfalls ausgezeichneten Trompeter Tobias Füller, der von der Empore aus spielte.

Nicht enden wollender Beifall

Nach nicht enden wollendem Beifall erklang als Zugabe, jetzt unter dem Dirigat von Rühl, der vierte Satz aus der „Holberg-Suite“ von Grieg. Zwar wurde dazu auf das Gedenkjahr anlässlich des 100. Todestages des Komponisten hingewiesen, doch die elegische Musik wirkte wie „eine kalte Dusche“ nach dem gerade gehörten strahlenden „Jauchzet Gott in allen Landen“.

(RP)
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