Betrugsmasche Sonsbeckerin wird Opfer des "Microsoft-Tricks"

Sonsbeck · Eine 77-jährige Frau aus Sonsbeck berichtet von einem besonders dreisten Betrugsversuch am Telefon, um andere zu warnen. Denn der Betrugsversuch hat Methode. Insider sprechen von der "Microsoft-Masche".

 Eine Seniorin (Symbolbild). Trickbetrüger haben es vor allem auf ältere Menschen abgesehen.

Eine Seniorin (Symbolbild). Trickbetrüger haben es vor allem auf ältere Menschen abgesehen.

Foto: dpa, Patrick Pleul

Der materielle Schaden ist am Ende vergleichbar gering geblieben. Wenn's arg läuft, muss sich die 77-jährige Sonsbeckerin einen neuen Computer kaufen. Grund ist ein tolldreister Betrugsversuch am Telefon, der die gute Frau mehr als zwei Stunden beschäftigt hat, bis sie alle Netzstecker gezogen hat, um sich aus der Not zu befreien. Der RP erzählte die 77-Jährige die für sie höchst aufregende Geschichte, um andere vor möglichem Schaden zu bewahren.

Als das Telefon klingelt, sitzt sie gerade am Frühstücktstisch. Es meldet sich eine männliche Stimme. "Sehr freundlich." Der Mann stellt sich in englischer Sprache - ganz typisch - als Mitarbeiter von Microsoft vor. Er rufe aus "California" an - Vorwahl 0046. Die Pensionärin hat kein Problem ihn zu verstehen. Vermutlich wissen die Anrufer, dass sie Englisch spricht. Der Mann erzählt ihr, dass Microsoft auffällig viele Fehler auf ihrem Rechner entdeckt habe. Microsoft aber könne helfen und ihre Daten schützen.

Die Frau wundert sich zwar, leistet aber der Bitte Folge, ihren PC hochzufahren. Derweil redet der Mann am Telefon weiter auf sie ein, spricht von irgendwelchen Gefahren durch Hacker. Undefinierbare Geräusche im Hintergrund am Ende der anderen Leitung machen sie zwar ein wenig stutzig. Doch sie führt das schließlich auf Leitungsprobleme zurück. "Tonstörung."

Sie macht am PC alles, was der Techniker von ihr verlangt, bis sie auf dem Bildschirm sieht, dass sich da jemand von außen auf ihrem Computer zu schaffen macht. Auch da schöpft sie allenfalls einen leisen Verdacht. Sie weiß von ihrem Schwiegersohn, einem IT-Fachmann, dass sich Begleiter von außen auf einen Rechner aufschalten können.

Der Mann präsentiert ihr reihenweise Warnhinweise, um um sein Glaubwürdigkeit zu untermauern und aufkommende Zweifel zu zerstreuen. Was sie schließlich mehr alles argwöhnisch stimmt, sind die gravierenden Rechtschreibfehler der vermeintlichen Microsoft-Mitarbeiter. Inzwischen hat ein Frau "das Headset auf" und schmeichelt ihr: "Your voice sounds very young." Unterdessen haben die Fremden Zugriff auf die abgespeicherten Familien-Fotos, plaudern mit ihr interessiert über Bilder, die ihren Mann mit der Enkelin bei deren Einschulung zeigen.

299 Euro soll die Frau zahlen

Gut zwei Stunden dauern das rätselhafte Gespräch und die angebliche Fehlersuche, immer wieder bittet man sie, die Geduld nicht zu verlieren: "Please holde the line", bisweilen in ungewöhnlich recht strengem Ton. Schließlich geht's um Geld. Ursache des vermeintlichen Computer-Lecks sei eine abgelaufene Microsoft-Lizenz.

Die zu verlängern, sei kein Problem. Nur das koste. 299 Euro für acht Jahre oder noch einen Hunderter drauf ein Leben lang. Ob sie Online-Banking machen würde, wollen die fremden Helfer wissen. "Nein." Dann soll sie per Blitzüberweisung die Rechnung begleichen. Man nennt ihr das Konto eines Mannes bei Western Union-Bank in Marokko ohne IBAN und BIC. Verwendungszweck: "Persönliche Angelegenheiten". Da hatte sie bereits jeden Glauben an die Seriosität der Berater verloren. Das Telefonat war zu Ende.

Die Frau ruft ihren Schwiegersohn. Der rät ihr eindringlich, alle Stecker zu ziehen und auf keinen Fall zu zahlen. Es folgen weitere Anrufe der Berater. Diesmal wütend und drohend. Die Frau bleibt standhaft. Nur ihren sieben Jahre alten PC kann sie nicht nutzen. Sie kann die Zugangsdaten nicht mehr finden. Bilder und E-Mails sind weg. Sie hofft, dass dem Schwiegersohn was einfällt.

Die Polizei habe ihr wenig Mut gemacht, die Betrüger zu ermitteln. "Wenn nichts hilft, kaufen wir uns halt einen neuen Computer", sagt die 77-Jährige. Aber ihr Gottvertrauen in fremde Menschen habe sie verloren. Endgültig.

(RP)
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