Xanten Metallbauer gibt Flüchtling eine Chance

Xanten · Mkrtchyan Vachik aus Armenien macht eine Ausbildung im Geenen-Betrieb im Xantener Niederbruch.

 CDU-Bundestagsabgeordnete Sabine Weiß mit (v. r.) Theo Geenen, Kreishandwerksmeister Günter Bode, dem stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Ingo Brohl aus Moers, Volksbank-Niederrhein-Chef Guido Lohmann, Benedikt und Beate Geenen sowie Azubi Mkrtchyan Vachik

CDU-Bundestagsabgeordnete Sabine Weiß mit (v. r.) Theo Geenen, Kreishandwerksmeister Günter Bode, dem stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Ingo Brohl aus Moers, Volksbank-Niederrhein-Chef Guido Lohmann, Benedikt und Beate Geenen sowie Azubi Mkrtchyan Vachik

Foto: hk

Das Handwerk hat mit zunehmendem Fachkräftemangel zu kämpfen. Bereits heute kann jeder dritte Betrieb einen Ausbildungsplatz nicht besetzen, immer mehr Unternehmen finden keinen Nachfolger. Mit dem vor gut eineinhalb Jahren von der Kreishandwerkerschaft und der Volksbank Niederrhein ins Leben gerufenen "Dialog für Ausbildung" sollen mehr junge Leute - vor allem auch Migranten - für eine handwerkliche Ausbildung gewonnen werden.

Einige Erfolge, bilanzierten Volksbank-Chef Guido Lohmann sowie Günter Bode und Josef Lettgen von der Kreishandwerkerschaft vor der Presse in Xanten: 20 Praktikanten des Moerser SCI (Service Civil International zum Beispiel konnten kreisweit in Betriebe vermittelt werden. "Und auch das neue, vom Land geförderte Caritas-Projekt läuft gut an", weiß Lohmann. Aber all das sei letztlich immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Zumal es in den Handwerksbetrieben nach der Euphorie während der Flüchtlingswelle inzwischen eine deutliche Zurückhaltung gebe, so Kreishandwerksmeister Günter Bode im Gespräch mit der CDU-Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Sabine Weiss und dem Moerser CDU-Fraktionsvorsitzenden und Landtagskandidaten Ingo Brohl. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Xantener Metallbauunternehmens Geenen, Ausbildungsbetrieb des aus Armenien geflohenen Mkrtchyan Vachik.

 Mkrtchyan Vachik (r.) aus Armenien macht eine Ausbildung im Metallbau-Betrieb von Benedikt (Mitte) und Theo Geenen.

Mkrtchyan Vachik (r.) aus Armenien macht eine Ausbildung im Metallbau-Betrieb von Benedikt (Mitte) und Theo Geenen.

Foto: Fischer

"Man muss nur wollen", sagen Theo und Benedikt Geenen übereinstimmend. Vater und Sohn hatten Vachik im Dezember 2015 bei Reparaturarbeiten in der Asylbewerberunterkunft an der Sonsbecker Straße kennengelernt. Da ging der damals 28-Jährige freiwillig dem Hausmeister zur Hand und half auch tatkräftig bei der Reparatur mit. "Zwei rechte Hände, aufrichtig und freundlich", urteilte Benedikt Geenen auf Anhieb. Der junge Familienvater aus Armenien bringt Erfahrungen beim Hausbau mit und war in seiner Heimat als Polizist tätig. Bis, ja bis er bei einem Einsatz gegen Demonstranten nicht mehr die befohlene Härte anwenden wollte. Die Folgen der Befehlsverweigerung, so erzählt er, seien zunehmende Repressalien schlimmster Art gewesen. Bis der junge Familienvater es nicht mehr aushielt. Mit seiner Frau Marine und seinen zwei kleinen Kindern floh er mit einem Lkw und kam nach einer Woche im Juli 2015 nach Deutschland.

"Dem jungen Mann müssen wir helfen", waren sich Benedikt Geenen, der Anfang dieses Jahres den Betrieb übernommen hat, und seine Eltern einig, damals nicht ganz darauf vorbereitet, dass der gute Wille allein nicht ausreicht. "Versuchen Sie mal, einem Asylbewerber noch ohne offizielle Überprüfung und damit ohne jeglichen Status eine Versicherungsnummer zu besorgen", sagt Benedikt Geenen.

Die Bemühungen um eine Arbeitserlaubnis, Gespräche mit Mitarbeitern des Integration-Points bei der Arbeitsverwaltung, mit der Ausländerbehörde, dem Sozialamt ... Letztendlich aber waren die Geenens erfolgreich. Vachik befindet sich inzwischen im zweiten Lehrjahr, verdient sein eigenes Geld, das ihm andererseits anteilig von der staatlichen Unterstützung abgezogen wird. Das sei aber völlig in Ordnung, findet der 29-Jährige.

Allerdings hapert es wie bei so vielen Geflüchteten immer noch an der Sprache. Neben zwei Sprachpaten des Arbeitskreises Asyl kümmert sich auch Beate Geenens Bruder Walter Groß, ein ehemaliger Berufsschullehrer, um die Fachsprache. Zwei Jahre lang darf Vachik, der mit seiner inzwischen fünfköpfigen Familie in einer Wohnung in Xanten wohnt, nach der dreijährigen Ausbildung noch in der Stadt arbeiten. Die Zukunft danach ist ungewiss. Der Asylantrag wurde erst einmal abgelehnt.

Kooperativ, so Benedikt Geenen auf Nachfrage von Sabine Weiss, zeigten sich die Behörden überall. Und auch die Bürokratie, über die noch vor Jahresfrist in solchen Zusammenhängen geklagt worden sei, sei, so weit es gehe, zurückgefahren worden, so der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Josef Lettgen.

Lettgen und Kreishandwerksmeister Günter Bode plädieren dafür, dass es speziell für kleinere Betriebe Anreize wie die Übernahme eines Teils der Ausbildungskosten geben solle. Auch über eine theoriereduzierte Ausbildung müsse nachgedacht werden. Volksbank Chef Lohmann: "Wir müssen wesentlich pragmatischer handeln können als bisher." Theo Geenens Fazit jedenfalls ist außerordentlich positiv. Der Mut zum Risiko lohne sich. Integration klappe nur über Beschäftigung, und durch den engen Kontakt mit der Familie gebe es viele neue Eindrücke in eine andere Kultur - "auch in die des leckeren Essens".

(RP)
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