Kamp-Lintfort/ Emmerich Mann misshandelt Rollstuhlfahrer: Bewährung

Kamp-Lintfort · Die auswärtige große Strafkammer hat einen Mann aus Emmerich wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe und Sozialstunden verurteilt. Der Mann hatte zugegeben, mit weiteren Tätern einen Rollstuhlfahrer in dessen Wohnung misshandelt zu haben.

Ein Samstagmorgen im Oktober 2013: Es klingelt an der Wohnungstür. Der querschnittsgelähmte Bewohner glaubt, es sei sein Nachbar, öffnet die Tür nur einen Spalt breit, denn er ist noch nicht angezogen. Plötzlich wird die Tür aufgestoßen, er geht zu Boden. Drei maskierte Männer stürmen hinein, schlagen ihm mit Fäusten in das Gesicht, treten ihm gegen den Oberkörper und versetzen ihm Stromstöße mit dem Elektroschocker, als er um Hilfe ruft. Ein Nachbar hört die Rufe und schlägt das Trio in die Flucht. Im Zeugenstand schildert der 39-Jährige das, was er vor fast zwei Jahren in seiner Wohnung erlebte.

Der Angeklagte weicht den Blicken des Zeugen aus. Zuvor hatte er ein Teilgeständnis abgelegt. Es habe Faustschläge gegeben, bestätigte der 30-Jährige. Elektroschocker seien aber nicht zum Einsatz gekommen. Er selber will aber kaum Gewalt angewendet haben. Auch habe man nicht, wie zuvor angeklagt, nach Wertsachen gesucht, dementiert er den versuchten Raub. Man habe den Mann lediglich verprügeln wollen. Der Auftrag sei von einem Freund gekommen, der Angst um seine Tochter hatte. Er habe 500 Euro bekommen.

Die Tochter des Freundes lebte damals mit dem Opfer zusammen, das kam bei ihrem Stiefvater wohl nicht gut an. Der habe nämlich befürchtet, dass seine Tochter von dem 39-Jährigen Drogen bekomme, geschlagen und zur Prostitution gezwungen werde. Der mutmaßliche Drahtzieher, wegen seiner Inhaftierung von Gerichtsmitarbeitern in den Saal geführt, machte von seinem Schweigerecht Gebrauch. Auch die Aussage der Tochter, die nach eigenen Angaben immer noch mit dem Opfer liiert ist, war nicht sehr erhellend. Sie habe damals gleich ihren Stiefvater verdächtigt, als sie von dem Überfall hörte. "Die mochten ihn halt nicht", sagte sie.

Der Richter bezweifelte, dass bloße Abneigung reicht, um den Auftrag für solch eine Tat zu geben. Bei der Polizei hatte die junge Frau damals ausgesagt, dass der Stiefvater Elektroschocker verkaufe. Außerdem soll er gewusst haben, dass es in der Wohnung ihres Freundes Wertsachen gebe. Weil die Kammer den Versuch des besonders schweren Raubes nicht bestätigt sah, wurde der Angeklagte lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das Gericht verhängte ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung sowie 350 Sozialstunden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten beantragt.

Die Mittäter konnten bisher nicht ermittelt werden. Der Angeklagte hatte angegeben, er kenne die Männer nicht. Der Nachbar des Opfers hatte die maskierten Männer verfolgt und das Kennzeichen des Fluchtwagens notiert.

(bil)
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