Interview zum Kurpark in Xanten „Die Menschen werden begeistert sein“

Xanten · Der Kurpark ist fertig. Was sagen Befürworter und Kritiker zum Ergebnis? Wir sprachen mit Pankraz Gasseling (CDU) und Peter Hilbig (FBI) über Kosten, Bäume und das Gradierwerk.

 Pankraz Gasseling und Peter Hilbig.

Pankraz Gasseling und Peter Hilbig.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Am Samstag wird der Kurpark eröffnet. Zwei Jahre ist es her, dass der erste Spatenstich gesetzt wurde. Damals gab es Proteste gegen den Umbau der Wallanlagen. Was sagt heute ein Kritiker wie Peter Hilbig (FBI), was entgegnet ihm ein Befürworter wie Pankraz Gasseling (CDU)? Wir sind mit beiden spazieren gegangen.

Herr Hilbig, vor zwei Jahren, beim ersten Spatenstich, haben Sie gegen den Kurpark protestiert. Wie beurteilen Sie den Kurpark heute?

Peter Hilbig Die FBI ist nicht gegen den Kurpark insgesamt. Uns stören einzelne Punkte und die Folgekosten. Nehmen wir zum Beispiel das Gradierwerk. Es hat einen sehr großen Anteil an den Herstellungs- und den Folgekosten. Uns wurde immer gesagt, dass Zuschüsse sehr viel abdecken, aber sie decken nicht die Folgekosten für den Unterhalt ab. Das bleibt und belastet uns. Uns wäre es lieber, wenn wir das Geld, das wir ins Gradierwerk stecken, in Schulen, Spielplätze, Hallenbad und Vereine investieren würden.

So sieht der neue Kurpark in Xanten aus
22 Bilder

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Foto: Fischer, Armin (arfi)

Wenn Sie also heute durch den Kurpark gehen, haben Sie noch die gleichen Kritikpunkte wie vor zwei Jahren?

Hilbig Es gibt unbestreitbar Schönes. Die Spielplätze sind toll, die Sitzbänke auch, wenn auch zu wenige vorhanden sind. Dass wir überhaupt einen solchen Rundweg haben, ist ebenfalls wunderbar. Aber er hätte anders angelegt werden können. Damit hätten wir auch Baumfällungen vermieden.

Herr Gasseling, können Sie die Kritik nachvollziehen?

Pankraz Gasseling Nein, absolut nicht. Wir haben hier einen Kurpark, keinen Wald. Natürlich mussten vereinzelt Bäume gefällt werden, um die Wegführung zu schaffen. An manchen Stellen haben auch zu viele Bäume gestanden, die sich nicht entwickeln konnten. Würden wir jedoch eine fremde Person fragen, ob hier zu wenig Bäume stehen, bekämen wir als Antwort: Wovon redet ihr?

Hilbig Damals hatte der Bürgermeister eine geringe Anzahl von Baumfällungen genannt. Nachher stellte sich heraus, dass er damit nur jene Bäume gemeint hatte, die unter die Baumschutzsatzung gefallen sind. Tatsächlich wurden also deutlich mehr als 100 Bäume gefällt. Die Frage, ob durch eine andere Führung der Wege erhaltenswerte Bäume hätten stehen bleiben können, war damals wegen solcher Aussagen des Bürgermeisters gar nicht erst aufgekommen.

Gasseling Für einen Park reicht die Anzahl der Bäume aber aus. An einigen Punkten sieht es zwar noch etwas kahl aus. Aber viele Bäume müssen noch wachsen und sich entwickeln. Ein Park muss junge und alte Bäume haben. Und zum Gradierwerk: Wir haben uns in der Stadt Xanten für den Tourismus entschieden, und er wird in den nächsten Jahren einen starken Aufschwung erleben.

Und deshalb muss der Kurpark ein Gradierwerk haben, weil er für Touristen sonst nicht diese Attraktivität hätte?

Gasseling Unser großes Ziel war es immer, den Gesundheitsbereich nach vorne zu bringen, vom Krankenhaus bis zum Freizeitzentrum Xanten an der Süd- und Nordsee. Das Gradierwerk ist ein Teil davon. Kevelaer hat es mit der gleichen Intention gemacht. Es war eine richtige Entscheidung, es ist eine gute Sache. Die Menschen werden begeistert sein. Wir hätten die Planung als Stadt nie selbst geschafft. Zudem trägt die Stadt 20 Prozent der Kosten, 80 Prozent sind Zuschüsse. Natürlich sind die Pflegekosten höher als vorher. Aber wir werden auch mehr Einnahmen aus dem Tourismus erzielen.

Hilbig Der Tourismus ist in Xanten unbestritten eine ganz große Komponente, und er kann auch weiter unterstützt werden. Aber ein Park der Begegnung wäre auch ohne Gradierwerk möglich gewesen. Dann hätten wir nicht diese Folgekosten. Wir müssen allein zweieinhalb Personen mehr für die Pflege des Kurparks einsetzen. Andere Städte können ein Gradierwerk nicht mehr unterhalten, dort verkommt es. Die Frage ist, wie es in zehn oder 15 Jahren bei uns sein wird.

Gasseling Wir haben den Kurbeitrag erhöht. Die Einnahmen daraus werden steigen. Das dient auch zur Abdeckung der Mehrkosten für die Pflege.

Hilbig Tagesgäste zahlen überhaupt keinen Kurbeitrag. Die Mehreinnahmen werden bei Weitem nicht den erhöhten Pflegeaufwand decken.

Herr Gasseling, muss die Stadt bald andere Ausgaben streichen, weil sie Geld für die Unterhaltung des Kurparks braucht?

Gasseling Unser Ziel ist es, das Leistungsspektrum der Stadt beizubehalten. Gleichzeitig wollen wir die Wirtschaftskraft der Stadt durch mehr Tourismus stärken und die Einnahmen erhöhen. Der Anteil der Touristen, die mehrere Tage bleiben, wird steigen. Er ist in den vergangenen Jahren schon mehr geworden.

Wird Xanten wegen des Kurparks also nicht weniger Geld in Schulen oder Vereine stecken?

Gasseling Absolut nicht. Bei Schulen haben wir immer gemacht, was erforderlich ist. Unsere Schulen haben einen Qualitätsstandard, der mit Sicherheit nicht schlechter ist als anderswo.

Hilbig Die Aussage, dass sich der Kurpark finanziell nicht auf die Schulen auswirken wird, ist weit hergeholt. Sie, Herr Gasseling, werden es nicht mehr verantworten müssen, weil Sie dann nicht mehr im Amt sind. Es wäre eine Schande, wenn wir den Kurpark verkommen lassen würden. Also müssen wir ihn pflegen. Somit bleiben die Kosten. Die Frage, wie viel darüber hinaus noch übrigbleibt, stellt sich erst später.

Haben Sie denn einen Überblick über die Folgekosten des Kurparks?

Hilbig Es gibt keinen realen Überblick insgesamt, sondern diese Ausgaben sind teilweise verschleiert. Wir haben Folgekosten, die im Haushaltsplan nicht auftauchen. So wird der Anteil der Stadt an der Kurpark-Eröffnung von der Tourist Information bezahlt. Was ist mit dem Vandalismus und damit zusammenhängend mit dem Sicherheitsdienst? Steigen unsere Versicherungsbeiträge durch das Gradierwerk? Das alles sind Fragen, die noch nicht beantwortet sind.

Herr Gasseling, haben Sie den Eindruck, dass der Kurpark nach wie vor in der Bevölkerung umstritten ist? Kritiker wie Herr Hilbig haben ihren Frieden offensichtlich noch nicht mit ihm gemacht.

Gasseling Auf ganz wenige mag das zutreffen. Aber die Zahl der Befürworter wächst stetig. Ich höre viele Menschen, die begeistert sind. Der Ostwall ist immer in Bewegung und verzeichnet bei gutem Wetter großen Zuspruch. Abends treiben dort viele Hobbygruppen Sport. Das war früher nicht so. Es ist viel Positives entstanden. Und das Gradierwerk wird in den nächsten Jahren ein Mag­net werden.

Hätte es nicht ausgereicht, die Wallanlagen nur punktuell zu ergänzen?

Gasseling Natürlich hätten wir auch nur ein paar Bänke aufstellen und bei den Wegen etwas machen können. Aber dann hätten wir keine Zuschüsse vom Land bekommen, und dann hätte Xanten nie und nimmer für fünf Millionen Euro einen Kurpark bekommen.

Hilbig Nach einer Begehung von Vertretern der Bezirksregierung zur Einstufung der Stadt als Luftkurort hat der Bürgermeister davon gesprochen, dass die Gäste ein mehrfaches Potential für eine Anerkennung erkannt hätten. Das Gradierwerk wurde zum Thema, weil es in den Gesprächen gesetzt worden ist. Hätten wir es dann nachträglich herausgenommen, hätten wir Probleme mit dem Fördergeber bekommen. Aber wir hätten den Kurpark auch ohne es bekommen.

Das Programm zur Kurpark-Eröffnung in Xanten
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Das Programm zur Kurpark-Eröffnung in Xanten

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Foto: RP/Markus Werning

Kommen wir auf die Wege zu sprechen. Kritiker bezeichnen diese sogar als Autobahn, weil sie so gradlinig angelegt sind. Die Politik war doch in die Planung eingebunden und hätte intervenieren können. Warum ist das nicht frühzeitig passiert?

Hilbig In den Plänen wurde frühzeitig viel geändert. Nachher war die Diskussionsbereitschaft auf Seiten von Planungsbüro und Stadt zwar immer noch da, aber nicht die Bereitschaft, Kompromisse zu finden. Wir haben zum Beispiel vorgebracht, dass die Toilettenanlagen zu den Spielplätzen verlagert werden sollten, möglicherweise um Wickelmöglichkeiten ergänzt. Das wurde pauschal abgelehnt. Nachher sind sie doch wieder in diese Richtung gekommen. Oder nehmen wir die Mühle am Nordwall: Man hätte sie besser einbinden können, möglicherweise auch mit einer Toilettenanlage. Das wurde abgelehnt. Heute sieht man, dass dies eine sinnvolle Möglichkeit für eine attraktivere Gestaltung gewesen wäre. Der Punkt des Zuhörens war ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr da.

Gasseling Ideen wurden auch teilweise umgesetzt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Fachwissen der Experten so von den Kritikern ignoriert wird. Diese Büros planen deutschlandweit.

Am Samstag wird der Kurpark eröffnet. Ist er fertig? Oder haben Sie noch Ideen, wie das Angebot erweitert werden könnte?

Gasseling Wenn es sich zeigen sollte, dass an die eine oder andere Stelle noch eine Sitzbank hingestellt werden könnte, kann ich mir das gut vorstellen. Aber vom Grundsatz her ist der Kurpark fertig. Und er ist ein Highlight in Xanten geworden. Aufenthaltsqualität und Verweildauer haben durch die vielen neu geschaffenen Angebote von Spielplätzen, Sportgeräten bis hin zum Gradierwerk für die Xantener Bevölkerung von jung bis alt erheblich dazu gewonnen. Dieser Mehrwert wiegt die anfallenden Mehrkosten der Unterhaltung auf jedenfall auf!

Herr Hilbig, kommen Sie denn zur Eröffnung des Kurparks?

Hilbig Ich habe lange überlegt, ob wir einen Protest organisieren sollten. Aber das werden wir nicht. An diesem Tag geht es um die Vereine, die sich hier präsentieren. Da gehört es sich nicht, dass wir Ärger bereiten. Denn die Vereine sind es wert, dass sie wahrgenommen werden. Und ich werde mir anschauen, was sie am Samstag zeigen.

 Pankraz Gasseling (r.) und Peter Hilbig (2.v.l.) im Gespräch mit den RP-Mitarbeitern Peter Kummer (2.v.r.) und Markus Werning.

Pankraz Gasseling (r.) und Peter Hilbig (2.v.l.) im Gespräch mit den RP-Mitarbeitern Peter Kummer (2.v.r.) und Markus Werning.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Herr Hilbig, werden wir Sie denn künftig einmal beim Gradierwerk sehen, wie Sie dort die Luft einatmen?

Hilbig Das weiß ich nicht. Ich werde sicherlich am Gradierwerk vorbeilaufen und schauen, wie der Unterhaltungszustand ist. Wer weiß, vielleicht sage ich auch irgendwann einmal, dass es eine schöne Sache ist. Aber es ändert nichts daran, dass wir viel Geld dafür ausgegeben haben.

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