Kunstausstellung in Xanten Das Selbst im Blick

Xanten · Die Sommerausstellung „SeinsWeiten – Ich sehe dich“ in der evangelischen Kirche zeigt 30 Porträts von Schülern der Xantener Kunstakademie von Doris Cappell. Besucher erhalten ganz persönliche Einblicke.

 Die 17-jährige Leonie Stöhr hat bei ihrem Porträt expressionistische Einflüsse eingearbeitet.

Die 17-jährige Leonie Stöhr hat bei ihrem Porträt expressionistische Einflüsse eingearbeitet.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Es sind Bilder, die ganz persönliche Einblicke in das Leben ihrer Schöpfer gewähren. Einige der Künstlerinnen sind gerade mal vier Jahre alt, andere 74. Männer wie Frauen sind zeigen ihre Gesichter. Und hinter jedem Gesicht steckt eine Geschichte. In der Sommerausstellung in der evangelischen Kirche am Markt sind mehr als 30 Porträts von Schülern der Xantener Kunstakademie von Doris Cappell zu sehen. Unter dem Titel „SeinsWeiten – Ich sehe dich“ ging es um das Ausloten des Individuellen und Besonderen, und das Experimentieren mit Darstellungsmöglichkeiten.

Kein Bild gleicht nur annähernd dem anderen. Manche sind mit Bunt- oder Filzstiften gemalt, andere mit Wasserfarben, Tusche oder Kohle. Jedes Gesicht trägt einen anderen Ausdruck, alle Porträts sind von ganz unterschiedlichen Szenen umgeben.

Auffallend ist das Porträt eines älteren Mannes mit Pfeife, Schnurrbart und Brille, das rundherum mit Zeitungs- oder Buchschnipseln umklebt worden ist. Die Intention der Darstellung scheint eindeutig zu sein: Hier ist jemand, der ein großes Wissen auf sich vereint.

Beim Betrachten der Gemälde dürfte bei vielen Besuchern der Ausstellung die Frage aufkommen: Haben die Künstler sich so portraitiert, wie sie sich sehen, haben sie sich so dargestellt, wie sie von anderen gesehen werden, oder haben sie Personen mit ihren eigenen Augen dargestellt? Was steckt dann hinter der Darstellung, die ein Kind zeigt, das in einem geschlossenen Zimmer unter sein Bett geflüchtet ist? Oder was sagt ein Portrait aus, das einen Menschen zeigt, der sein Gesicht hinter vorgehaltenen Händen verbirgt? Was steckt hinter einem Gemälde, auf dem ein recht junger Mensch mit Maske und mit Handschellen zu sehen ist? Was hat ein Mensch sich dabei gedacht, als er sich oder sein Gegenüber mit einem Gesicht mit blinden Augen malte?

Und welche Geschichte verbirgt sich hinter dem Porträt eines Menschen, der sich selbst oder einen seiner Mitmenschen mit einem leidvollen Gesicht, wie Jesus häufig in der Kunst dargestellt wird, gemalt hat? Wie steht der Mensch, der sich als eine äußerst feine Dame gemalt hat, im wahren Leben da? Entspricht der Menschentyp vielleicht seinen Wunschvorstellungen? Alle Portraits sind offen für Interpretationen, die dem Ego des Betrachters entspringen.

Die Hintergründe ihres Gemäldes, das einen im expressionistischen Stil gemalten Kopf darstellt, erklärte die 17-jährige Xantener Gymnasiastin Leonie Stöhr bei der Vernissage selbst: „Ich mag das Experimentieren mit bunten Farben und mit besonderen Formen“, sagte sie. Bescheiden schob sie hinterher, dass sie an gewissen Stellen an der Umsetzung der Skizze, die sie im Kopf gehabt hatte, gescheitert sei. Das Porträt gebe sowohl ihre Emotionen als auch ihre Frustrationen wieder. Wichtig sei es ihr gewesen, nicht aufzugeben und all ihre Gefühle und Gedanken in das Bild einfließen zu lassen.

Bereits seit ihrem neunten Lebensjahr besucht die Oberstufenschülerin des Städtischen Stiftsgymnasiums Xanten (SSGX) die Kunstschule von Doris Cappell, an die sie durch ein Kommuniongeschenk geraten ist. Von der Akademieleiterin hatte Leonie bereits großen Zuspruch für ihr Porträt erhalten. Während der Ausstellungseröffnung sollten weitere Bewunderer dazukommen, darunter war auch die Xantener Besucherin Dagmar Moser.

Ben Giesenschlag, Schüler der neunten Klasse am SSGX, hatte den Weg zur Kunstschule durch seine ältere Schwester Rebecca gefunden. Mit seinen Freunden Frederik Krohn, Marit und Siri Weichhold, Jasmin Waschulewski und Nina Röwekamp fertigte er ein großes Fridays-for-Future-Banner an, das ebenfalls seinen Platz in der Ausstellung bekommen hat. Zum einen zeigt das Banner mit großen Tonnen von radioaktivem Müll, Stacheldrahtzäunen, kahlen Bäumen und toten Fischen auf dunklem Hintergrund die Schattenseiten des menschlichen Daseins; bunte Schmetterlinge, spielende Kinder, hübsche Blumen und kräftige Windräder auf einem hellen Hintergrund stellen die Sonnenseite des Lebens dar. „Das Banner ist mir wichtig, und es macht mich stolz, dass wir es bereits an einem Fridays-for-Future-Aktionstag an der Kriemhildmühle präsentieren konnten“, sagte der junge Künstler.

In der Ausstellung sind neben Gemälden auch ein interessant bemalter Spiegel, über dem ein Auge wacht, ein kunstvoll gestaltetes Leporello und ein Skizzenbuch zu einem Porträt zu sehen.

(hvh)
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