Xanten Kielmanns Ruhe nach dem Sturm

Xanten · Ein grauer Bauwagen liegt eingeknickt auf der Wiese: An vielen Stellen splittert das lackierte Holz, in der Mitte ist das Dach fast bis auf den Boden eingedellt. Es scheint, als hätte ein Riese im Garten am Veener Weg 42 sein Unwesen getrieben und einmal heftig mit der großen Faust von oben auf den Wagen geschlagen. Doch es war natürlich anders: „Sturm Kyrill wütete durch unseren Garten“, erklärt Patrick Kielmann. „Erwischt hat es auch eine der großen Tannen, die dann auf den Bauwagen stürzte.“

Ordnung wieder herstellen

Seither ist der Steinbildhauer damit beschäftigt, die alte Ordnung wieder herzustellen. Das Wurzelwerk der Tanne ist bereits beseitigt, abgeknickte Äste und Sträucher sind ebenfalls weggeräumt. Denn Ruhe und Harmonie in Haus und Garten – das ist für den 28-Jährigen nicht nur zum Abschalten wichtig. Den Rückzug in seine Wohnstätte braucht er vor allem fürs Kreative: „Meine Ideen fließen am besten in der Abgeschiedenheit“, erklärt der gelernte Steinmetz, der auch ein eigenes Geschäft betreibt. Als Künstler findet er jedoch fernab vom hektischen Fluss der Zeit Inspiration in der Natur. „Draußen ist alles laut, grell und schnell. Wenn ich im Garten auf der Bank sitze und in die Bäume gucke, tank’ ich Energie“, sagt Kielmann. Energie, die ihm hilft, in seine eigene kreative Welt einzutauchen. Und die ihm ermöglicht, seinen Blick für die Dinge und seine Wahrnehmung für Figürliches zu schärfen.

Davon zeugen auch die Skulpturen in Kielmanns Oase. Etwa der weiße Torso einer nackten Frau, den der Künstler in weißen Marmor gehauen hat, und dessen Ausgangspunkt ein ganz anderer war: „Eines morgens entdeckte ich in den Falten meines Duschvorhangs einen kubistischen Torso“, erzählt er. Auf Fotos und Zeichnungen folgte die Bearbeitung des Marmorblocks.

Mit dem Stein arbeiten

Generell ist Kielmann nur dann zufrieden, wenn sich seine Arbeit mit Hammer und Meißel am Ende wie ein roter Faden durch die Skulptur zieht. „Man muss mit dem Stein arbeiten und nicht gegen ihn“, erklärt er einen der Grundsätze. Dabei braucht Kielmann einen klaren Blick und eine ruhige Hand.

Aber schließlich sei er ja ein ruhiger Typ. Um ihn aus seiner Ruhe zu bringen, müsse eben schon ein Sturm toben, meint er mit einem Schmunzeln. Oder eine Bombe platzen. Denn etwas Ähnliches erlebte der Steinmetz nach Kyrill in der Tat: „Bei den Aufräumarbeiten bin ich auf Metall im Boden gestoßen. Und dann hat mich doch kurz die Angst gepackt“, erzählt er. Die Polizei kam; kurz darauf wurde eine alte Panzergranate entschärft.

Doch inzwischen hat sie sich fast in ihrer Gänze wieder eingestellt – Kielmanns Ruhe nach dem Sturm.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort