Sonsbeck Kabarettist Goosen begeistert im Kastell

Sonsbeck · "Ich hasse Rosenkohl": Wenn Frank Goosen über das traditionelle Weihnachtsessen bei seiner Omma spricht, hat man als Zuhörer jenseits der 50 nicht nur das Gefühl, der Kabarettist erzählt gerade von der eigenen Familie. Man kann sich auch plastisch vorstellen, wie es in Omma ihre Küche zugeht, wenn sich die Verwandtschaft alle Jahre wieder bei ihr versammelt und genau weiß: Es gibt Rollladen - "mit drei l". Und dann beschreibt er, wie seine Omma ("nur die sind in der Lage, 48 Töpfe auf vier Herdplatten heiß zu halten") die Fleischlappen platt kloppt, mit Senf bestreicht und Zwiebeln und Speck und Gürkchen drauf legt und einrollt - und das Ganze dann meterweise mit Faden umwickelt, wo es keinen Anfang und kein Ende gibt.

Großartig, wie der Bochumer in seinem "Krippenblues" aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz als Weihnachts-Geschädigter schöpft. Und er tat dies jetzt auf Einladung der Initiative Son'Kult vor ausverkauftem Hause: Rappelvoll war das Kastell bei der fünften Veranstaltung der noch jungen Initiative. "Da soll noch jemand sagen, in Sonsbeck geht Kultur nicht", freute sich Vorsitzender Olaf Broekmans und machte gerne die Bühne frei für den Mann, der beim Navi deswegen die Frauenstimme einstellt, weil er so gerne "Sie haben ihr Ziel erreicht" hört und es komplett bescheuert findet, wenn man als Erwachsener beim Martinszug eine Stunde hinter so einem Pferd herläuft. Der niemals mit einem gelben Pullover an einer schwarzen Wand entlang gehen würde und von seiner Gattin die gelbe Wäscheklammer entfernen lässt, mit der sie seinen schwarzen Strumpf auf die Leine gehängt hat. Der als Einzelkind logischerweise davon ausgeht, dass sich die Welt nicht um die Sonne, sondern um ihn dreht und für den der einzige Zweck von Weihnachten darin besteht, Beute zu machen.

Totensonntag, erzählt Goosen, da ruft immer seine Omma an. "Wir müssen ma wieda namm Fritthoff". Und da kennt die inzwischen 94-Jährige jeden. Die Zeugen Jehovas sind für Goosen die Drückerkolonne des Allmächtigen, an seinen Job in der Vorweihnachtszeit als Student in der Bücherei hat er keine guten Erinnerungen: "Tesafilm war mein zweiter Vorname, ich musste den ganzen Tag Bücher in Geschenkpapier packen". Weihnachten, behauptet er, "kaufen Leute Bücher, die sonst nicht mal den Beipackzettel ihres Psychopharmakas lesen (können)".

"Läuft", kommt Goosen nach der Pause auf die Bühne zurück und freut sich, dass Dortmund gegen Madrid 0:2 hinten liegt. "2:2" kommt es von einem der hinteren Plätze, als Goosen am Ende zur Zugabe "genötigt" wird und sich von einem begeisterten Publikum mit dem Hinweis verabschiedet, hinten im Saal habe er noch ein paar Devotionalien aufgetischt. Dass Madrid dann kurz vor knapp noch das 3:2 schoss, dürfte dem Kabarettisten ein innerer Reichsparteitag gewesen sein...

(RP)
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