RP-Serie Die Ausbildungsinitiative Kreis Wesel – Präsentiert von Altana (Folge 13) Hilfen für den Start ins Berufsleben

Kreis Wesel · Mit Hilfe der betrieblichen Einstiegsqualifikation (EQ) hat ein junger Syrer einen Ausbildungsplatz ergattert.

 Mohammad Adam schneidet Kunden die Haare, Chefin Susanne Kaiser gibt ihm Tipps.

Mohammad Adam schneidet Kunden die Haare, Chefin Susanne Kaiser gibt ihm Tipps.

Foto: Klaus Nikolei

Mohammad Adam hat einen coolen Haarschnitt. Sein schwarzes Deckhaar ist lang. Etwas Gel sorgt für Halt. Die Seiten sind raspelkurz. Das ist das Werk von Susanne Kaiser, Chefin von Susans Haarstudio in Hünxe. Mohammad Adam, der vor drei Jahren aus Syrien als alleinreisender Jugendlicher nach Deutschland gekommen ist, um nicht als Soldat in seiner Heimat die Schrecken des Krieges erleben zu müssen, hat Glück gehabt. Und das weiß der 20-Jährige, der seit Anfang des Monats als Lehrling bei Susanne Kaiser beschäftigt ist. Zuvor war er schon zehn Monate bei ihr als Praktikant. Und obwohl er anfangs kaum ein Wort Deutsch gesprochen hat, wusste sie schnell: „Den will ich haben.“

Dem jungen Syrer eine Chance zu geben, ist der Mutter von vier Kindern auch deshalb leicht gefallen, weil sie vom Jobcenter des Kreises Wesel unterstützt worden ist. Und zwar mit Hilfe der betrieblichen Einstiegsqualifikation, kurz EQ. Darunter ist unter anderem eine Art Langzeitpraktikum mit einer Vergütung und der geplanten Übernahme in die Ausbildung zu verstehen. Parallel dazu wird der junge Mensch sozialpädagogisch begleitet und soweit gefördert, dass er die Inhalte des Ausbildungsberufes besser verstehen kann.

„Weil er ja kaum Deutsch sprechen konnte und damit auch nicht dem Berufsschulunterricht hätte folgen können, hat er erstmal ein Praktikum bei mir begonnen“, sagt Susanne Kaiser und erzählt nur zu gerne die Geschichte, wie Mohammad als Aushilfe im Döner-Grill nebenan gearbeitet hat und die beiden sich deshalb täglich über den Weg gelaufen sind. „Wir waren uns sofort sympathisch. Und er hat auch immer neugierig bei uns reingeschaut.“ Kein Wunder, denn in Damaskus war er vor seiner Flucht bei einem Friseur beschäftigt. Und dann ist Susans Haarstudio ein echter Hingucker im Stil der 50er Jahre. Da hängen Poster von Marilyn und Elvis. Eine Retrotanksäule in hippem Mint und eine Schaufenster-Schönheit im Hillibilliy-Look grüßen am Eingang.

Auch wenn während des zehnmonatigen Praktikums nicht alles perfekt gelaufen ist, vor allen nicht in der Berufsschule, so war es für Susanne Kaiser keine Frage, dass sie ihrem „Schätzeken“, wie sie ihn als echte Düsseldorferin gerne mal nennt, eine Lehrstelle anbieten wird. „Er ist beliebt bei Alt und Jung, bei Frauen und Männern, auch wenn er bislang nur Männern die Haare schneidet und sie rasiert, bei den Frauen bislang nur färbt und föhnt. Aber der Rest kommt noch.“ Schon nach wenigen Wochen hatte er sich so gut eingearbeitet, dass er zusammen mit Susanne Kaisers Mitarbeiterin Michelle, die sich nach einem einjährigen Praktikum nun im zweiten Ausbildungsjahr befindet, den Laden „ganz allein geschmissen hat, als ich mal im Januar ein paar Tage krank war“. Was die lebensfrohe Wahl-Hünxerin nicht verschweigen möchte, ist, dass der eine oder andere Kunde weggeblieben ist, als sie Mohammad eingestellt hat. „Das ändert aber nichts daran, dass ich an ihm festhalte. Er ist nämlich ein Guter und Lieber.“

Dass er künftig auch die Berufsschule schafft, dafür will Fallmanager Uwe Dähnenkamp vom zuständigen Jobcenter in Dinslaken sorgen, den Susanne Kaiser seit Jahren kennt. „Wir werden“, sagt Dähnenkamp, „dafür sorgen, ihm ausbildungsbegleitende Hilfen an die Hand zu geben. Das heißt, dass er zusätzliche Nachhilfestunden bei der Jugendberufsagentur bekommt, um die Inhalte der Berufsschule besser aufarbeiten zu können. Außerdem wird versucht, sprachliche Defizite auszugleichen.“

Susanne Kaiser ist für Mohammad ein echter Glücksfall. Denn sie fühlt sich auch ein wenig für ihn verantwortlich – auch außerhalb des Geschäftes. So lädt sie ihn zu Ausflügen mit der Familie ein, möchte ihm auch bei der Suche nach einer eigenen kleinen Wohnung behilflich sein und ihm bei dem Versuch zur Seite stehen, seine Familie nach Deutschland zu holen. Weg aus dem Kriegsgebiet in Syrien.

Auf die Frage, was er nach der Ausbildung einmal machen möchte, lächelt er und sagt: „Eine Modeboutique eröffnen oder mehrere Salons betreiben.“ Susanne Kaiser lacht. Sie drückt ihm schon jetzt beide Daumen, dass seine Wünsche in Erfüllung gehen. Sie selbst hat aber auch einen Wunsch: „Und zwar, dass mehr Betriebe jungen Flüchtlingen eine Chance geben, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Mit einer EQ ist das auch vergleichsweise problemlos möglich.“

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