Heiligabend im Gerebernus-Haus Sonsbeck Rindfleischsuppe mit viel Einlage

Sonsbeck · Heiligabend feiern die Bewohner des Gerebernus-Haus in Sonsbeck gemeinsam. Mit Gottesdienst, Kaffee und Kuchen, Weihnachtsliedern, Bescherung. Zum Abendessen haben sie sich Rindfleischsuppe gewünscht. Mit viel Einlage, so wie früher.

 Josefine Baumgärtner (Mitte) leitet das Haus der Senioren im Gererbernus-Haus seit 31 Jahren und hat auch für die Bewohnerinnen Ursula Sprungmann (l.) und Käthe Herrenbrück (r.) immer ein offenes Ohr.

Josefine Baumgärtner (Mitte) leitet das Haus der Senioren im Gererbernus-Haus seit 31 Jahren und hat auch für die Bewohnerinnen Ursula Sprungmann (l.) und Käthe Herrenbrück (r.) immer ein offenes Ohr.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

„Haus für Senioren“ steht am Eingang zum Gerebernus-Haus am Dassendaler Weg. Nicht Altenheim oder Seniorenheim. Man fühlt sich schnell heimisch, wenn man die Treppe zum Haupteingang hochgeht und in einem langen Flur steht, dessen Boden mit alten Mosaik-Fliesen gekachelt ist.

Lichterglanz an vielen Stellen, es duftet nach Kaffee. Frauen mit und ohne Rollator flanieren alleine oder zu zweit über die Flure. Josefine Baumgärtner, seit 31 Jahren Leiterin des Hauses, kennt alle Bewohner, begrüßt jeden freundlich, der ihr entgegenkommt, nimmt sich Zeit, wenn ihr einer etwas erzählen will. Die 61-Jährige ist mit Herzblut dabei und wird auch heute, an Heiligabend mit den Bewohnern feiern. Nur einmal hat sie in den 31 Jahren ausgesetzt. „Weihnachten ist hier immer sehr schön“, sagt sie, „es herrscht eine ganz besondere Stimmung.“

53 stationäre Plätze gibt es im Gerebernus-Haus, alle Bewohner haben Einzelzimmer. 28 von ihnen leben unten im Parterre, „Barbara-Haus“ nennt sich ihre Gemeinschaft, die Bewohner sind mehr körperlich denn geistig eingeschränkt. Die Jüngste ist 63, die Älteste 96 Jahre alt. Sie werden engmaschig begleitet und betreut. Oben wohnen 25 dementiell Erkrankte in drei Wohngemeinschaften. Sie gestalten ihren Tag mit Hilfe einer Alltagsbegleiterin selbst. Jeder hat ein eigenes Zimmer; jede Wohngemeinschaft hat ein großes Wohnzimmer und eine offene Küche, in der auch gemeinsam gekocht wird. Antonius, Maria Magdalena und Marien heißen die drei Hausgemeinschaften – so hießen bis zur Fusion im Jahr 2007 auch die eigenständigen Kirchengemeinden in Hamb, Sonsbeck und Labbeck.

Die Bewohner verbringen den heutigen Heiligabend zusammen, besuchen erst um 14.30 Uhr den Wortgottesdienst in der Gerebernus-Kapelle, danach gehen die dementiell Erkrankten zurück in ihre weihnachtlich hergerichteten Wohngemeinschaften, die anderen nehmen Platz an den festlich gedeckten Tischen unten im Café. Manche Bewohner bekommen Heiligabend Besuch von Angehörigen – die nach der Messe gebeten werden, sich zu verabschieden. Man trinkt Kaffee zusammen, ein Mitarbeiter des Sozialen Dienstes liest die Weihnachtsgeschichte vor, man singt Weihnachtslieder.

Dann ist Bescherung: Jeder Mitarbeiter des Hauses der Senioren hat für einen Bewohner des Barbara-Hauses ein Geschenk im Wert von zehn Euro gekauft, so ist es Brauch seit Jahren schon. Ihre Wünsche haben die Senioren schon vorher mitgeteilt. Eine Dame, die gerne spazieren geht, wünscht sich beispielsweise eine Mütze, eine andere würde sich über Modeschmuck freuen, „der kommt immer gut an“, sagt Josefine Baumgärtner. Genau wie die Kissenrolle fürs Mittagsschläfchen, die kleine Wolldecke im Rollstuhl für die Beine, besondere Düfte. Zwei Männer leben unten im Barbara-Haus, „die bekommen eine Flasche Korn.“ In den drei Hausgemeinschaften beschenken sich die Bewohner gegenseitig, die kleinen Geschenke haben die Mitarbeiterinnen besorgt.

Nach der Bescherung gibt es Abendessen. Auch das haben sich die Bewohner selber ausgesucht. Vor einigen Wochen schon haben die Mitarbeiter nach den Wünschen fürs Weihnachts- und Silvestermenü gefragt, Vorschläge gesammelt, darüber abstimmen lassen. Die meisten Bewohner wünschten sich Heiligabend Rindfleischsuppe mit viel Einlage: Blumenkohl, Mark-Klößchen, Nudeln, Eierstich. Dazu gibt es Schnittchen, so wie früher. Silvester entschied sich die Mehrheit für Kartoffelsalat mit Würstchen.

Denn auch der Jahreswechsel wird im Haus für Senioren zusammen gefeiert. Da werden die Mitarbeiter allerdings sensibilisiert, ein besonderes Auge auf die Bewohner zu haben. „Wir sehen zu, dass wir alle Fenster geschlossen haben“, sagt Josefine Baumgärtner. Denn die Knallerei zum Jahreswechsel erinnert einige an eine leidvolle Zeit, die sie niemals vergessen werden: An den Zweiten Weltkrieg.

Das „Haus der Senioren“ wurde bereits im Jahr 1854 gebaut und war bis 1969 ein Krankenhaus in Trägerschaft der Kirchengemeinde St. Maria Magdalena. 1996 übernahm die Caritas-Gesellschaft Geldern-Kevelaer das Haus, das seit 1999 mehrfach um- und ausgebaut wurde. Im Jahr 2006 ist man in Sonsbeck mit den Hausgemeinschaften für dementiell Erkrankte gestartet, die Modellprojekt im Kreis Wesel sind. 72 Mitarbeiter arbeiten derzeit in Voll- und Teilzeit im Haus der Senioren. Hausleiterin ist seit 1987 Josefine Baumgärtner, den Pflegedienst leitet Claudia Miletic.

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