Politiker berichten: Charlotte Quik (CDU) Aus dem Alltag einer Abgeordneten

Kreis Wesel · Wie sieht die Arbeit der Parlamentarier im Bundestag und Landtag aus? Wir haben Politiker aus dem Kreis Wesel um Tagesprotokolle gebeten. Charlotte Quik (CDU) berichtet zum Auftakt aus dem Düsseldorfer Landtag.

 Auch das gehört zum Abgeordnetenalltag: Auf Einladung der Kreisbauernschaft Wesel war Charlotte Quik im Dezember zu Gast auf dem Betrieb Heckes in Voerde-Spellen.

Auch das gehört zum Abgeordnetenalltag: Auf Einladung der Kreisbauernschaft Wesel war Charlotte Quik im Dezember zu Gast auf dem Betrieb Heckes in Voerde-Spellen.

Foto: Charlotte Quik

Im Herbst 2019 erlitten gleich zwei Abgeordnete im Deutschen Bundestag Schwächeanfälle. Diese Fälle warfen ein Schlaglicht auf die bisweilen anstrengende Parlamentsarbeit. Der Bundestag entschloss sich daraufhin, die strapaziösen Nachtsitzungen abzuschaffen. Wir wollten von den örtlichen Abgeordneten im Kreis Wesel wissen, wie sich ihr Alltag gestaltet. Charlotte Quik, Sabine Weiss (beide CDU) und Bernd Reuther (FDP) schrieben uns aus ihrer Perspektive einen Tagesablauf auf. Natürlich haben auch Abgeordnete einmal ruhigere Tage – insofern muss der gewählte Tag nicht zwingend repräsentativ sein. Den Anfang macht die Hamminkelnerin Charlotte Quik, auch auf der linken Seite des Rheins häufig präsent.

Der Wecker geht um 6 Uhr – ein erster Blick in die E-Mails, in Facebook und Instagram, dann zügig fertigmachen, umso mehr Zeit bleibt für die Kinder. Um 7.30 Uhr sitzen wir alle am Frühstückstisch. Ein Blick aufs Navi, das übers Handy schon mitläuft, zeigt, dass ich noch gut in der Zeit liege: Ich muss pünktlich um 10 Uhr im Plenum sitzen – bei der Ein-Stimmen-Mehrheit, mit der wir als NRW-Koalition in Düsseldorf arbeiten, kommt es auf jeden Einzelnen an. Tisch abräumen, ein Kuss für den Großen, den die Oma in den Kindergarten bringt, den Kleinen ins Auto verfrachten, um ihn bei der Tagesmutter vorbeizubringen – auf geht‘s!

Die Fahrzeit nach Düsseldorf nutze ich durchgängig zum Telefonieren: Der erste Anruf gilt immer dem Leiter meines Wahlkreisbüros, um die Presselage zu checken, laufende Vorgänge zu besprechen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Heute haben wir eine Presse-Lage, die eine sofortige Reaktion erfordert: Wir besprechen kurz die Zielrichtung der zu erstellenden Pressemitteilung, einen Entwurf bekomme ich später per Mail. Mal eben das Funkloch am Kreuz Oberhausen abwarten, dann geht‘s weiter mit dem Abarbeiten der Telefonliste, bis ich in der Tiefgarage des Landtags geparkt habe. Ein kurzer Abstecher ins Büro, Post- und Unterschriftenmappen einsammeln. Dann bin ich pünktlich um 10 im Plenum.

Der erste Tagesordnungspunkt ist eine Aktuelle Stunde. Eintragen in die Anwesenheitsliste nicht vergessen – und schon muss ich den Plenarsaal wieder verlassen: Um 10.15 Uhr steht die Obleuterunde des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend an, dessen stellvertretende Vorsitzende ich bin.

Dieses Beispiel zeigt schon, dass ein Plenartag sich nicht nur im Plenarsaal abspielt: Neben der Anwesenheit bei den Debatten, die mich thematisch über meine Ausschüsse oder den Wahlkreis betreffen, sind diese Tage üblicherweise geprägt von vielen Terminen „am Rande des Plenums“. Das kann dann schon mal mit den anstehenden Abstimmungen kollidieren, so dass es öfter vorkommt, dass ich einen Termin zwischenzeitlich verlassen und einen Schritt schneller zum Plenarsaal laufen muss. Bis jetzt hat das immer noch geklappt, auch dank des Messengerdienstes, über den uns die Fraktion auf die Abstimmungen hinweist. Zurück im Plenum checke ich kurz den Stand der laufenden Debatte und schaue ins Postfach – der Entwurf der Pressemitteilung ist da, den ich überarbeite und freigebe, bevor ich die übrigen E-Mails sowie die Post- und Unterschriftenmappen bearbeite und aktuelle Posts auf Facebook und Instagram erstelle. Um 12.15 Uhr treffe ich eine Besuchergruppe aus meinem Wahlkreis, die heute zu Gast ist: Die angesetzte Stunde Diskussion ist fast zu kurz, um die vielen Fragen zur Landespolitik, zu den Abläufen im Landtag und zu den vielen lokalen Themen zu beantworten, und auch die To-do-Liste ist danach wieder länger, weil ich zu drei Themen, die sich im Gespräch ergeben haben, Anfragen stellen werde. Das zeigt, wie wichtig dieser Austausch ist.

Zurück ins Plenum, abstimmen und dann heißt es schnell sein und die Gelegenheit zum Mittagessen  nutzen, bevor es in die nächsten Gesprächstermine geht – ich widerstehe der Currywurst und entscheide mich für die Erbsensuppe und ein großes Glas stilles Wasser. Da wir im Plenarsaal an unserem Platz nichts zu uns nehmen dürfen, muss man immer aufpassen, dass das Trinken nicht zu kurz kommt. Von 15 bis 17 Uhr sind jetzt Fachgespräche mit den Arbeitskreisen Wirtschaft und Verkehr angesetzt. Dabei gilt es, keine Abstimmung zu verpassen und vorher noch eine kurze Rücksprache mit einer Mitarbeiterin zu halten, die auf eine Rückmeldung wartet – also schnell auf ins Büro und dann in die Gespräche.

Im Anschluss steht direkt ein Austausch mit Vertretern der Fachebene eines Ministeriums auf dem Programm, um Fachfragen zu einem Projekt in meinem Wahlkreis zu klären. Danach geht es ins Büro – hier warten neue Post- und Unterschiftenmappen sowie diverse Rückrufbitten – und einen Blick in die E-Mails sollte ich auch mal wieder werfen. Die aktuelle Tagesordnung fürs Plenum sagt, dass wir „hinterher“ sind: Wir stecken in den Haushaltsberatungen, die traditionell bis in den späteren Abend andauern – ursprünglich war 21.35 Uhr vorgesehen, jetzt sind wir schon bei 22.15 Uhr angekommen. Also Zeit genug, alles Anstehende abzuarbeiten, noch einmal Rücksprache mit meinen Mitarbeitern im Landtag und im Wahlkreis zu halten, den Rückrufbitten nachzukommen und auch mit meiner Familie zu telefonieren, um den Kindern eine gute Nacht wünschen zu können.

So vergeht der Abend im Wechsel zwischen Schreibtisch und Plenum mit den Haushaltsdebatten aus meinen Bereichen und Abstimmungen ganz produktiv – und Zeit für ein Abendessen mit den Kollegen bleibt auch. Um 22.35 Uhr ist die Plenarsitzung dann beendet – zehn Minuten später sitze ich im Auto und bin auf dem Heimweg. In gut 55 Minuten bin ich um die Zeit zu Hause – anders als viele Kollegen, die während der Plenarwochen in Düsseldorf übernachten, fahre ich immer zurück, damit ich nachts und morgens für meine Kinder verfügbar bin. Um Mitternacht liege ich im Bett und lese noch ein paar Zeilen, um abzuschalten. Morgen früh um 6 geht‘s wieder los – und nächste Woche ist Ausschusswoche mit zwei Wahlkreistagen, da ist der Ablauf ein ganz anderer und mehr Familienzeit möglich.

Genau das prägt sicherlich den Alltag eines Parlamentariers: Eine große Abwechslung und Flexibilität, im Gegenzug ist man mit vielen Themen und Termindichte auch abends und am Wochenende konfrontiert. Ich bin dankbar dafür, diesen Job machen zu dürfen. Ich weiß aber auch, dass ich diese Tätigkeit als junge Mutter nur ausüben kann, weil meine Familie inklusive aller Großeltern dahintersteht und uns unterstützt. Gemeinsam ist eben vieles möglich, das gilt in der Politik wie in der Familie.

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