Xanten Großer Andrang zur "Nacht der Industriekultur"

Xanten · Schlangen vor Innenhafen, Museum der Binnenschifffahrt, Landschaftspark Nord und erstmals ThyssenKrupp Steel.

 Beleuchtete Pantomime-Figuren wandelten durch den Park und waren vor allem in der Dunkelheit ein echter Hingucker.

Beleuchtete Pantomime-Figuren wandelten durch den Park und waren vor allem in der Dunkelheit ein echter Hingucker.

Foto: Christoph Reichwein

Jedes Jahr am letzten Wochenende im Juni steigt im Ruhrgebiet die "Extraschicht - Nacht der Industriekultur". Diesmal gab es 48 Spielorte in 20 Städten, bespielt von etwa 2000 Künstlern. In Duisburg gab es vier attraktive Spielorte: der Innenhafen, das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in Ruhrort, der Landschaftspark Nord in Meiderich und erstmals ThyssenKrupp Steel in Hamborn. Obwohl das Wetter kühl und nass war, wuchsen die Menschenmassen immer weiter an. Überall bildeten sich lange Schlangen, auch an den Haltestellen der Shuttlebusse oder der Nostalgiezügen.

 Volles Haus bei Anja Lerch. Die Künstlerin sang gemeinsam mit ihren Fans - unter anderem Lieder von Hildegard Knef oder den Beatles.

Volles Haus bei Anja Lerch. Die Künstlerin sang gemeinsam mit ihren Fans - unter anderem Lieder von Hildegard Knef oder den Beatles.

Foto: Christoph Reichwein

Mit durchschnittlich einer Million Besuchern pro Jahr gehört der Landschaftspark Nord zu den beliebtesten Natur- und Kulturlandschaften in Nordrhein-Westfalen. Industriekultur, die wieder erstarkte Natur und ein faszinierendes Lichtspektakel verbinden sich zu einem ganz besonderen Erlebnis. Bei der Extraschicht wollten besonders viele Menschen die Führungen auf den ehemaligen Hochofen 5 mitmachen. Obwohl die Führungen alle Viertelstunde starteten, mussten die Interessierten lange warten - die Zeit wurde aber bestens verkürzt vor allem durch die herrliche, auf Zurufe der Zuhörer reagierende Comedy der Gruppe "Emscherblut". Das kam an.

 Das Feuerwerk erleuchtete den Landschaftspark.

Das Feuerwerk erleuchtete den Landschaftspark.

Foto: Christoph Reichwein

Ein Höhepunkt der Extraschicht war die Einladung zum Mitsingen in der Gießhalle des Landschaftsparks: Anja Lerch brachte auf souverän-fröhliche Art mehr als 1000 Menschen dazu, lauthals mitzusingen. Die Liedtexte wurden auf eine große Leinwand projiziert, und Anja Lerch begleitete sich und das Publikum auf dem Keyboard. Bustouren im Akkord gab es während der Extraschicht durch ein Gelände, das fast fünfmal so groß ist wie Monaco (9,3 Quadratkilometer) und auf dem so viele Menschen arbeiten, wie in einer deutschen Kleinstadt leben (etwa 14 000). Vier Hochöfen erzeugen hier jeden Tag rund um Uhr 30 000 Tonnen Roheisen, jedes Jahr werden rund 12 Millionen Tonnen Stahl produziert - am Standort Duisburg seit 125 Jahren. Den Besuchern wurde deutlich, dass auch dort die Zeit nicht stehengeblieben ist.

 Lange Schlangen am Tauchgasometer.

Lange Schlangen am Tauchgasometer.

Foto: Christoph Reichwein

Die Kohle kommt längst nicht mehr aus dem eigenen Bergwerk, sondern über den eigenen Rheinhafen Schwelgern aus Übersee. Seinen gigantischen Wasserbedarf deckt das Werk aus dem Rhein, macht daraus einen eigenen Wasserkreislauf und gibt einen Teil sauberer an den Fluss zurück. Seinen gigantischen Energiebedarf deckt das Werk aus eigenen Gasen, Überschüsse werden in das städtische Stromnetz eingespeist.

Am meisten verblüffte bei der Bustour der große Anteil von Grünflächen an dem Werksgelände Es gibt Kaninchen und die bei den Mitarbeitern beliebten "Werkskatzen", gesichtet worden sein sollen sogar Rehe und Füchse. Die Extraschicht bot auch jenen Menschen die außergewöhnliche Gelegenheit, diesen großen Teil des Duisburger Nordens zu besuchen, der sonst nicht zugänglich ist.

Teile des Werks sind nach den Stadtteilen benannt, in die es sich hinein "gefressen" hat. Die Zeiten scheinen vorbei, als die Arbeiter in der Gebläsehalle im heutigen Landschaftspark in den 1960er Jahren den neuen Gehörschutz ablehnten - zu spät, sie konnten schon lange nichts mehr hören...

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort