Laien-Darsteller Gissy Gisbers Pirat der ersten Stunde

Xanten/Kevelaer · Gissy Gisbers gehört zum Inventar des „Pirates Actiontheaters“. 2010 hat er sich dem Ensemble angeschlossen, das für ihn zur zweiten Familie geworden ist. Denn das Theaterspiel ist so etwas wie die einzige Konstante im Leben des 55-Jährigen.

 Gissy Gisbers gehört seit 2010 zum Ensemble des Pirates Actiontheaters. In diesem Jahr hat er erstmals die Rolle des Erzählers übernommen.

Gissy Gisbers gehört seit 2010 zum Ensemble des Pirates Actiontheaters. In diesem Jahr hat er erstmals die Rolle des Erzählers übernommen.

Foto: Elke Reinders

Zwei Meter groß, ein bis zur Brust reichender Vollbart mit raffiniert gezwirbeltem Schnurrbart, beinahe ebenso langes Haar, ein durchdringendes Organ. Allein Gissy Gisbers’ Erscheinungsbild flößt Respekt ein. Vielleicht auch deshalb spielte der 55-Jährige aus Kevelaer in den vergangenen Jahren in den Produktionen des „Pirates Actiontheater“, das nunmehr seit sechs Jahren im Birtener Amphitheater für rund zwei Stunden in die Welt der Piraten entführt, immer wieder den Bösewicht. Drei Jahre lang stand er im Stück „Wasser des Alchimedes“ als Captain Seymour auf der Freilichtbühne, mimte den schurkischen Inquisitor Felipe de Austria in „Die Quelle des ewigen Lebens“, verkörperte zuletzt Juan Martinez in „Das Gold der Spanier“.

Doch in diesem Jahr darf Gisbers erstmals kürzertreten. In der aktuellen Produktion „Die Rache des Don Montego“ tritt er als Erzähler in Erscheinung. „Für mich absolut kein Problem. So musste ich dieses Jahr mal nicht so viel Text lernen.“ Wer sich mit Gisbers unterhält, merkt schnell, dass hinter der optisch rau anmutenden Fassade kein ausgeprägtes Ego, sondern ein freundlicher Mensch mit jeder Menge Humor und Selbstironie steckt. Seinen richtigen Vornamen möchte Gisbers trotzdem nicht verraten. „Den kennt eh nur das Finanzamt.“

 Mit seinem langen Vollbart und der wallenden Mähne ist Gissy Gisberts auch ohne Verkleidung eine imposante Erscheinung.

Mit seinem langen Vollbart und der wallenden Mähne ist Gissy Gisberts auch ohne Verkleidung eine imposante Erscheinung.

Foto: Markus Plüm

Seit 2010 gehört er zum Ensemble des Laien-Theaters, das für ihn inzwischen so etwas wie eine zweite Familie geworden ist. „Es zeichnet diese Truppe aus, dass sie nicht aus Söldnern besteht. Wir sind tatsächlich eine Crew, jeder steht für den anderen ein.“ Erst war er als Tontechniker dabei, dann als Komparse. Und schließlich folgte die erste „richtige“ Rolle. Dabei war das Theaterspiel bereits vorher so etwas wie die eine Konstante in Gisberts’ Leben. Während er sich beruflich als Maler, Informatikkaufmann und Berufsmusiker versuchte, steht er bereits seit der Grundschule immer wieder in verschiedenen Rollen auf der Bühne. Zudem war er schon Teil einer mittelalterlichen Reitertruppe. „Darüber bin ich an Ralf Winterhoff, unseren Intendanten, geraten. Und das Piraten-Theater hat mir auf Anhieb so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.“

Trotz etlicher Aufführungen – Lampenfieber hat Gisbers immer noch. Auch, wenn der passionierte Jazz- und Blues-Musiker mit der Band „Hands up“, der er seit mehr als zehn Jahren als Schlagzeuger angehört, auftritt. „Das gehört auch dazu. Und wenn ich es irgendwann nicht mehr hätte, würde ich sofort aufhören. Ohne Lampenfieber fehlt die nötige Anspannung und Konzentration.“ Diese Einstellung beherzigt er auch bei den Proben, die seit Januar nahezu jedes Wochenende des 55-Jährigen in Anspruch nahmen. Hinzu kamen etliche Promotionstermine.

Ein ordentlicher Zeitaufwand, den Gisbers nur stemmen kann, weil er beruflich flexibel ist. „Seit 2012 bin ich in der ambulanten Integrationshilfe tätig, betreue Suchtkranke und psychisch eingeschränkte Personen in ihrem privaten Umfeld.“ Ein Job, der ihm viel abverlangt. „Es macht sehr viel Spaß, ist aber auch sehr anstrengend. Man muss so etwas schon gerne machen.“ Doch das tut Gisbers – ebenso gerne, wie er auf der Bühne steht. Und mit seiner Theater-Leidenschaft scheint er anderen auch helfen zu können. „Ich habe einmal einen meiner Patienten mit zur Probe genommen. Er war vorher sehr verschlossen, traute sich kaum unter Menschen. Und plötzlich saß er bei einer der Vorstellungen mitten im Publikum. Theater hat halt auch eine therapeutische Wirkung“, sagt Gisbers.

Am Samstag steigt die letzte Aufführung der diesjährigen Produktion im Birtener Amphitheater. Und danach? „Dann genießen wir erst einmal die Pause. Aber nächstes Jahr bin ich sicher wieder dabei. Mal schauen, welche Rollen vergeben werden, ich bin für alles zu haben.“

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