Flower-Power-Abend in Xanten „Die Stadt lebt noch“

Xanten · Nach dem Lockdown wollen Xantens Händler und Gastronomen zeigen, dass es sie noch gibt. Dafür organisieren sie an jedem ersten Freitag im Monat einen Motto-Abend mit Programm und längeren Öffnungszeiten. Der Auftakt machte Lust auf mehr.

Xanten: So war der erste Flower-Power-Abend in der Innenstadt
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So war der erste Flower-Power-Abend in Xanten

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Foto: Armin Fischer (arfi)

Es geht auf 19 Uhr zu. Sonst legt sich die Fußgängerzone um diese Uhrzeit schlafen, abgesehen von den Restaurants auf dem Marktplatz. Aber an diesem Freitag nicht, an diesem Abend spielen und singen noch Musiker in den Straßen, und die Geschäfte haben länger geöffnet. Menschen genießen die Musik und das sommerliche Wetter, schlendern an den Schaufenstern vorbei, bleiben davor stehen oder gehen in die Läden hinein. „Die Stadt lebt noch“, sagt Nicola Lümmen von der Interessengemeinschaft Gewerbetreibender Xanten (IGX). Nach dem monatelangen Lockdown soll genau dieses Signal von diesem Tag ausgehen.

Dafür machen Xantens Händler und ihre Mitarbeiter heute länger. Sie haben zusammen mit den Gastronomen und der Agentur Area Management eine Reihe von Motto-Abenden ins Leben gerufen. Bis Oktober bleiben die Geschäfte an jedem ersten Freitag im Monat bis 21 Uhr geöffnet. Zusätzlich ist immer ein Programm geplant: Dieses Mal ist es Straßenmusik, Anfang August ein Kinder-Trödelmarkt, Anfang September ein Weißes Dinner und Anfang Oktober eine Auto-Schau. Jedes Mal sind die Geschäfte und Schaufenster mit Blumen und Lampions geschmückt. Passend zum Motto „Flower-Power to the City“. Damit wird das Einkaufen zum Erlebnis. „Das kann der Online-Handel nicht bieten“, sagt der IGX-Vorsitzende Ludger Lemken.

Andrea und Manolito Rosenblatt sind deshalb extra aus Rheinberg gekommen. Mit einem Bummel durch Xantens Innenstadt wollen sie die Arbeitswoche gemütlich ausklingen lassen, wie sie sagen. Sie stöbern gerade in der Modeboutique Zsa Zsa am Markt und genießen die „entspannte Atmosphäre“ in der Fußgängerzone. Es sind zwar immer noch viele Menschen in der Stadt, es sind auch mehr als an anderen Tagen – aber zu viele sind es nicht, sollen es auch nicht sein. Menschenansammlungen wollen die Veranstalter vermeiden. Schließlich ist die Pandemie noch nicht vorbei. Ein paar Kunden mehr hätte mancher Händler aber schon ganz gern. An verkaufsoffenen Sonntagen habe sie mehr zu tun, sagt eine Verkäuferin.

Jedoch hat die Innenstadt an diesem Abend auch eine starke Konkurrenz: Im TV läuft ein Viertelfinale der Fußball-EM, und die Sommerferien haben begonnen, viele Menschen haben sich nach Schulende direkt auf den Weg in den Urlaub gemacht. Vielleicht ist es manchem auch noch nicht ganz geheuer, wieder unter die Leute zu gehen. Außerdem ist es ein neues Angebot der Xantener Händler und Gastronomen, es muss sich erst noch herumsprechen. Aber es ist ein guter Anfang. Der Abend lässt die Corona-Krise ein wenig vergessen. Er macht Mut, dass es wieder so werden kann wie vor der Pandemie.

Die vergangenen Monate sind auch an Xantens Händlern und Gastronomen nicht spurlos vorbeigegangen. Während des Lockdowns brachen die Einnahmen ein. Ein Modegeschäft, ein Deko-Laden und die beiden Reisebüros in der Fußgängerzone haben in den vergangenen Monaten geschlossen. Im Herbst zieht sich außerdem C&A aus Xanten zurück, die Filiale am Markt wird aufgegeben. Schräg gegenüber liegt das Stadt-Café, es bleibt an diesem Abend wieder einmal dunkel. Die Besitzer wollen ihr Gebäude verkaufen. Sie haben schon vor Wochen mitteilen lassen, dass sie diese Entscheidung aus anderen Gründen als der Pandemie getroffen haben. Die Betreiber anderer Geschäfte haben dagegen wegen der Krise in den vergangenen Monaten aufgegeben.

Natürlich hat die Innenstadt immer noch viele attraktive Geschäfte. Aber leere Schaufenster dazwischen sehen nie schön aus. Umso wichtiger ist ein Abend wie dieser. Mit so viel Leben in der Stadt. Das genießen auch die Kunden. Sie seien dafür aus Ginderich gekommen, „weil wir so etwas schon lange nicht mehr erleben konnten“, berichtet Liane Wierz-Schübel, die mit drei Freundinnen durch die Fußgängerzone schlendert. „Und wir wollen den Einzelhandel unterstützen, damit er erhalten bleibt“, sagt Daniela Engelskirchen.

 Der erste Flower-Power-Abend wurde von zahlreichen Musikern wie Schlagzeuger Christian Theissen unterstützt.

Der erste Flower-Power-Abend wurde von zahlreichen Musikern wie Schlagzeuger Christian Theissen unterstützt.

Foto: Armin Fischer (arfi)
 „Wir wollen den Einzelhandel unterstützen“, sagten Monika Miss, Liane Wierz-Schübel, Ilona Höppner und Daniela Engelskirchen.

„Wir wollen den Einzelhandel unterstützen“, sagten Monika Miss, Liane Wierz-Schübel, Ilona Höppner und Daniela Engelskirchen.

Foto: Armin Fischer (arfi)
 Viele Menschen nutzten die Gelegenheit, sich in Ruhe beraten zu lassen: Daniela Jajduk (l.) und Julia Kamps lassen sich von Andre Schlusen Trachten zeigen.

Viele Menschen nutzten die Gelegenheit, sich in Ruhe beraten zu lassen: Daniela Jajduk (l.) und Julia Kamps lassen sich von Andre Schlusen Trachten zeigen.

Foto: Armin Fischer (arfi)
 Die Konzerte und Vorführungen zogen die Menschen an, zum Beispiel die Auftritte der Musicalschule Xanten on stage auf dem Marktplatz.

Die Konzerte und Vorführungen zogen die Menschen an, zum Beispiel die Auftritte der Musicalschule Xanten on stage auf dem Marktplatz.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Bald geht es auf 21 Uhr zu. Die Fußgängerzone leert sich langsam. Ludger Lemken und die Mitarbeiter seiner Metzgerei räumen zusammen. Der IGX-Vorsitzende dankt den Musikern, die an diesem Abend ohne Honorar aufgetreten sind. Sie hätten einen großen Anteil daran, dass der Auftakt der Flower-Power-Reihe so gut gelaufen ist – und das ist er aus Lemkens Sicht: „Tolles Wetter, tolle Bands, tolle Stimmung.“ Er freut sich über die Rückkehr zu einer „vorsichtigen Normalität“, auch wenn die Händler vielleicht erst wenig Umsatz gemacht hätten. Einige berichteten, dass zwar viele Menschen in die Innenstadt gekommen seien, aber nur wenige auch etwas gekauft hätten. Lemken denkt langfristiger: Die Händler hätten gezeigt, „wir sind wieder da“. Er glaubt an das Folgegeschäft, also daran, dass viele Besucher des ersten Motto-Abends in den nächsten Tagen oder Wochen wiederkommen und dann etwas kaufen. So wie Julia Kamps aus Kleve vielleicht. Sie hat am Freitag Freunde in Xanten besucht. Zufällig sind sie am Trachtengeschäft Schlusen vorbeigekommen, wo sie „einige schöne Sachen“ gesehen haben. Die junge Frau sucht noch die passende Kleidung für ein „typisch bayerisches Fest“. Jetzt weiß sie, wo sie sie finden kann.

(wer)
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