Xanten Flexibler Götterkult am antiken Niederrhein

Xanten · Die Römer integrierten auch germanische und keltische Gottheiten in ihre Religion, erläutert Dr. Maike Sieler im APX.

 "Götterhimmel über Xanten" lautet der Titel der Führung, bei der Dr. Maike Sieler im Römer-Museum die Vielfalt der Gottheiten im römischen Reich vorstellte.

"Götterhimmel über Xanten" lautet der Titel der Führung, bei der Dr. Maike Sieler im Römer-Museum die Vielfalt der Gottheiten im römischen Reich vorstellte.

Foto: Armin Fischer

Der römische Götterhimmel war vor allem eines: umfangreich. Neben einer Vielzahl von Göttern verehrten die Römer auch Halbgötter, Geisterwesen und sogar Personifikationen in Form Roms oder des Kaisertums. Und mit der Ausdehnung des Reiches kamen immer wieder neue Götter fremder Kulturen und Religionen hinzu. So auch am Niederrhein beim Treffen der Römer auf die Germanen. Welche Auswirkungen dies auf den hiesigen Götterglauben hatte, beleuchtete die Archäologin Dr. Maike Sieler im Römermuseum bei ihrer Führung "Götterhimmel über Xanten".

Die Kapitolinische Trias, die Dreiheit der bedeutendsten römischen Götter, kennen bis heute viele Menschen: Jupiter als Göttervater, zuständig für Blitz, Donner und Luft, die Familiengöttin Juno, für Hochzeit, Mutterschaft und Geburt verantwortlich, und Minerva, die jungfräuliche Göttin der Weisheit, Schutzherrin der Städte und des Ackerbaus. Ihre Verehrung war Staatskult. Für sie wurden Feste gefeiert. Ihre Heiligtümer, die Kapitole, waren aufwendige Säulenhallen, die im Stadtzentrum aufgebaut allen Bürgern sichtbar und zugänglich waren. "Der Tempelhof war vollgestellt von bunten Weihesteinen, die von den Bürgern zu Ehren der Götter gestiftet wurden", bemerkte die Archäologin. Diese sogenannte Votivgabe stellte jedoch nur eine Form der Bitt- und Dankopfer dar. Opferungen von Tieren, Pflanzen und anderen Dingen waren feste Bestandteile des Götterkultes. Dabei mussten die Riten streng eingehalten werden, um nicht den Zorn der Götter zu erwecken. Wurden die Vorschriften fehlerfrei eingehalten, war die angebetete Gottheit dafür genötigt, den Menschen ihr Wohlwollen zu schenken. "Jede Gottheit war für einen bestimmten Bereich zuständig. So riefen die Menschen eben die Götter an, die für ihre Belange passend waren", sagte Dr. Sieler.

Neben den Staatsgottheiten, die große Bereiche abdeckten, gab es zahlreiche, teils auch eher unbedeutende Götter. "Doch auch sie hatten ihre Klientel", ergänzte die Archäologin. Dazu gehörte auch Silvanus, der Gott der Hirten und Wälder, der etwa von hiesigen Tierfängern um Erfolg bei der Braunbärenjagd für Tierhetzen im Amphitheater angebetet wurde. Der römische Götterglaube entwickelte sich stetig. Götter verloren oder gewannen an Bedeutung und immer wieder kamen neue hinzu. So wurden sogenannte Mysterienkulte aus dem Orient etwa um Mithras, Kybele und Attis übernommen. Beim Zusammentreffen der Römer auf die Germanen lernten die Römer neue Gottheiten kennen. Und auch diesen war das Reich aufgeschlossen wie im Museum am Beispiel des Weihesteins für Mars-Camulos deutlich wird. "Es entstanden Mischformen aus klassisch römischen Göttern wie Mars und den einheimischen keltischen Gottheiten wie Camulos", erläuterte Dr. Sieler. Auch Altarsteine, die von Römern zu Ehren keltischer Gottheiten aufgestellt wurden und umgekehrt, bestätigen den flexiblen Umgang. Die Aufanischen Matronen, drei Muttergottheiten germanischen Ursprungs, bekamen erst mit Ankunft der Römer im Rheingebiet Gesichter und Gestalt.

(RP)
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