Ortsgeschichte Sonsbeck feiert mit einer Jubiläumsshow

Sonsbeck · Auf den Tag 700 Jahre nach Verleihung der Stadtrechte: Weil Corona den Festakt im Kastell nicht erlaubt, wandert er ins Internet – gedreht wurde vor Ort im professionellen VTS-Studio. Am Montag um 19.30 Uhr geht’s online.

 Arbeit auf Hochglanzparkett: VTS-Chef Scheuermann (M.) zeigt dem Bürgermeister, wo er stehen muss. Die Ministerin schaut nur vermeintlich zu.

Arbeit auf Hochglanzparkett: VTS-Chef Scheuermann (M.) zeigt dem Bürgermeister, wo er stehen muss. Die Ministerin schaut nur vermeintlich zu.

Foto: Armin Fischer (arfi )/Armin Fischer ( arfi )

Wie es war, als Graf Dietrich IX. von Kleve am 14. Dezember 1320 – es war wohl ein Samstag – dem Örtchen Sonsbeck die Stadtrechte verlieh, davon können sich allenfalls phantasiebegabte Zeitgenossen mit historischem Sachverstand ein annäherndes Bild machen. Ist schließlich schon sieben Jahrhunderte her. Der Jubiläumsfestakt aber, der auf den Tag genau 700 Jahre später auf einem Montag über die Bühne geht, wird in bewegten Bildern zu erleben sein. Jederzeit und wohl für eine Ewigkeit.

Die Jubiläumsshow ist schon abgedreht, im Kasten also und geht am runden Geburtstag mit der Doppelnull über den Äther. Weltweit und in Farbe. Punkt 19.30 Uhr wird der Link auf dem Youtube-Kanal freigeschaltet und für einen höchst vergnüglichen Fernsehabend sorgen. Davon jedenfalls ist Bürgermeister Heiko Schmidt überzeugt. Vorausgesetzt das TV-Gerät daheim ist internetfähig. Sonst braucht’s einen Computer, ein Tablet oder Smartphone.

Wie schnell die Zeit rast und in der digitalen Welt angekommen ist, zeigt sich im großen Studio der VTS-Medienproduktion an der Breslauer Straße in Sonsbeck. Besitzer Veit Scheuermann, ein Mann mit tausend Talenten, hat den Auftrag erhalten, den offiziellen Festakt am heimischen Schirm zum Erlebnis zu machen. Der sollte eigentlich im Kastell stattfinden mit vielen geladenen Gästen. Geht aber nicht, weil seit Monaten ein Virus grassiert, bei dem einem alle Seuchen der letzten 700 Jahre in den Sinn kommen.

 Corinna Lenzen – die Frau mit der „Klappe“ auf dem iPad.

Corinna Lenzen – die Frau mit der „Klappe“ auf dem iPad.

Foto: Armin Fischer (arfi )/Armin Fischer ( arfi )

„Heimatpreis die erste.“ Corinna Lenzen gibt mit der Klappe – auch ist längst digital und erscheint auf dem iPad – das Signal. Von Schwarz auf Rot dann Grün. Kamera ab. Besser drei, zwei an den Seiten der auf Hochglanz polierten Bühne, eine frontal davor auf Rollen. Kamera läuft. Bürgermeister Heiko Schmidt, der sich zuvor in der Maske nach Anleitung selbst telegen geschminkt hat, begrüßt die Zuschauer an den Bildschirmen zu dem „für Sonsbeck ganz besonderen Tag“.

Die gestylte Kulisse – die grüne Perle, das Wappen, 700 Jahre Sonsbeck, ein roter Fleck auf der Landkarte am Rhein – wäre auf der Kastell-Bühne sicher nicht so telegen ausgefallen. Der schöne Schein ist perfekt, wie das faltenlose Gesicht des Bürgermeisters. „Es ist verdammt schwer, die Augenränder wegzukriegen“, sagt Schmidt in der Drehpause. „Macht aber jünger.“

Heiko Schmidt mimt den Showmaster und führt durchs rund einstündige Programm. Ganze zwei Tage lang hat der Bürgermeister seine Amtstube gegen das Filmstudio getauscht. Und er bekommt einen Schulterklopfer vom Profi. „Wenn der mal aus irgendeinem Grund seinen Job verliert, hätte ich was für ihn“, sagt Veit Scheuermann. Schmidt gibt das Lob umgehend zurück. „Die Möglichkeiten hier und das Knowhow sind der Wahnsinn.“ Ihm bereitet der Rollentausch sichtlich Vergnügen. Und er kann dem ausgefallenen Festakt im Kastell inzwischen was Gutes abgewinnen.

 Wollen für einen unterhaltsamen Fernsehabend sorgen: Sängerin Svenja Schmidt und Bürgermeister Heiko Schmidt am Rhodes-Piano.

Wollen für einen unterhaltsamen Fernsehabend sorgen: Sängerin Svenja Schmidt und Bürgermeister Heiko Schmidt am Rhodes-Piano.

Foto: VTS

„Zuletzt haben wir nur noch mit 80 Gästen geplant, um die Abstände einhalten zu können“, sagt er. „Dann aber wäre die Bevölkerung, für die das Ganze ja eigentlich gedacht ist, völlig außen vor geblieben.“ Jetzt könne jeder die Feier zu Hause zeitgleich mit allen gucken oder später, wann immer er oder sie wolle, aufrufen.

Der kamera-affine Bürgermeister verspricht einen vergnüglichen Abend mit „viel Abwechslung und einigen Überraschungen“. Und mit Musik. Der vorgesehene Sonsbecker Chor hat abgesagt, weil in diesen Pandemie-Tagen an Proben nicht zu denken ist. So singt Svenja Schmidt – weder verwandt noch verschwägert mit dem Moderator – am Rhodes-Piano mit bluesiger Stimme.

Die Regie ist dem geplanten Festakt abgeguckt, aber telegen aufpeppt. Bilder von Ereignissen des vorigen Jahrhunderts liefern anschaulichen Stoff, dazu mixt Scheuermann aus seinem Fundus örtliche Perspektiven, die man so nicht häufig sieht. Nur vom ursprünglichen Akt der Verleihung der Stadtrechte gibt’s nicht mal eine Zeichnung. Sie wird trotzdem im Bild vorkommen, so viel verrät Heiko Schmidt. Und der Medienmann ergänzt: „Wir haben selbstverständlich einen Fluxkompensator.“ Der bringt bekanntlich jeden zurück in die Zukunft. Was der Zuschauer da zu sehen bekommt, wird als Geheimnis gehütet wie die Kronjuwelen der Königin.

Und noch eine spannende Frage wird erst Montagabend beantwortet: Nämlich die, wer der erste Heimatpreisträger in der 700-jährigen Geschichte der „grünen Perle“ ist. Nominiert sind die drei Sonsbecker Schützenbruderschaften St. Anna, St. Sebastian und die Junggesellen St. Marien, die das Preisgeld für eine neue Armbrust samt Pfeilfang gut gebrauchen könnten, die Katholische Landjugend, die viel für den Ort tut, und das Unternehmen Zündkerze, das seit vielen Jahren die Inklusion im Beiwagen oder als Sozia mit nimmt und man am Niederrhein nicht mehr vorstellen muss.

Den Preis verleiht NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach höchstselbst. Zwangsläufig kontaktlos. Sie wird zugeschaltet. Das Bühnenbild steht, die Scheinwerfer für den Sieger sind ausgerichtet.

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