Sonsbeck Familie landet nicht auf der Straße

Sonsbeck · Weil ihr Haus zwangsversteigert worden ist und sie auch die Miete dafür nicht aufbringen kann, hat die Gemeinde Sonsbeck eine Familie vor Obdachlosigkett bewahrt.

 Die Familie sitzt auf gepackten Kisten. Heute müssen sie das Haus, in dem sie zehn Jahre gelebt hat und das zwangsversteigert worden ist, verlassen. Dem schwer kranken Vater und den beiden Töchtern hat die Gemeinde ein Dach über dem Kopf organisiert. Karin H. (rechts) kommt bei ihrer Mutter unter.

Die Familie sitzt auf gepackten Kisten. Heute müssen sie das Haus, in dem sie zehn Jahre gelebt hat und das zwangsversteigert worden ist, verlassen. Dem schwer kranken Vater und den beiden Töchtern hat die Gemeinde ein Dach über dem Kopf organisiert. Karin H. (rechts) kommt bei ihrer Mutter unter.

Foto: Armin Fischer

Manchmal kommt's knüppeldick: Die Frau (57) ist zuckerkrank, hat Rheuma, Gicht und Arthritis. Ihr Mann ist lungenkrank, vor eineinhalb Jahren kurzzeitig ins Koma gefallen, kommt ohne Sauerstoffgerät nicht mehr aus und ist mit 61 Jahren Frührentner. Die ältere Tochter (39) ist alleinerziehende Mutter und arbeitslos, die jüngere (33) leidet an Epilepsie, die Enkelin (15) wird in der Schule gemobbt und braucht seelische Unterstützung. Und als wäre das alles noch nicht genug, muss die Familie bis heute Abend das Haus in einer ruhigen Seitenstraße im Sonsbecker Ortskern geräumt haben, das zehn Jahre ihr Zuhause war. Sonst steht morgen um 8.30 Uhr der Gerichtsvollzieher vor der Tür.

Für die 57-Jährige, die Klammer, die alles zusammenhält, aber noch kein Grund zu resignieren: "Wir schaffen das", sagt Karin H.. Vielleicht auch, um sich immer wieder Mut zu machen, sich anzutreiben, weiter Kleidung und Geschirr in Kisten zu packen, Schränke auszuräumen, Schranktüren abzuschrauben.

Das Haus, das sich die Eheleute vor zehn Jahren gekauft hatten, gehört ihnen nicht mehr. Sie konnten durch die schwere Erkrankung des Familienvaters seit August 2016 die Raten nicht mehr bezahlen. Vergeblich hatte Karin H. versucht, einen Käufer zu finden. Am 22. November kam es zur Zwangsversteigerung. Seitdem sind sie und ihre Töchter auf Wohnungssuche - bis heute vergeblich. "Jeder, der hörte, wie viele Personen wir sind und wovon wir leben, der winkte ab".

Sie kann verstehen, dass der neue Besitzer beim Amtsgericht die Zwangsräumung beantragt hat. Er hätte die Familie, zu der auch noch vier Hunde, ein Graupapagei und sechs Zebrafinken gehören, auch weiter im 180 Quadratmeter großen Haus mit Garten wohnen lassen. Aber selbst die 750 Euro Kaltmiete konnte sie nicht aufbringen.

"Wir waren schon drauf und dran, uns Zelte zu kaufen und auf einen Campingplatz zu ziehen", sagt Karin H., schiebt eine Umzugskiste beiseite, um Platz am Wohnzimmertisch zu machen. Sie greift zum Handy, um im Rathaus nachzuhören, ob man für sie und ihre Familie eine vorübergehende Bleibe gefunden hat.

Hat man, wie Jörg Giesen vom Fachbereich Allgemeine Ordnungsangelegenheiten und Wohngeld auf Nachfrage unserer Zeitung meldet: Der kranke Vater, die beiden Töchter und die Enkelin werden nicht obdachlos. Sie können heute in ein Einfamilienhaus an der Hochstraße ziehen, das der Gemeinde gehört, derzeit leer steht und in das sie eigentlich Asylsuchende umquartieren wollte. Die bleiben jetzt erst einmal in der Unterkunft, in der sie seit einiger Zeit leben. "Wir sind verpflichtet, Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, ein Obdach zu gewähren", erläutert Giesen.

Karin H. zieht mit den Tieren vorübergehend zu ihrer Mutter, in einen Schuppen hinterm Haus. Die lebt selber in einer Mietwohnung und kann die Familie nicht aufnehmen. In dem Schuppen werden auch die vielen Möbel und Kisten zwischengelagert, bis - ja, bis die Familie eine Wohnung gefunden hat. Oder zwei Wohnungen, möglichst nah beieinander, damit man sich bei der Betreuung des Vaters beziehungsweise Ehemannes abwechseln kann. Auf den neuen Besitzer ihres Hauses lässt Karin H. nichts kommen: "Er kommt sogar mit einem großen Hänger und hilft uns. Dafür bin ich ihm sehr dankbar."

Als Karin H.'s Mutter erfährt, dass die Familie nicht obdachlos ist, kommen ihr die Tränen. Die 76-jährige Witwe, die vor 50 Jahren mit Mann und vier Kindern - neben Karin H. hat sie noch eine Tochter und zwei Söhne - nach Sonsbeck gezogen war, hatte sich große Sorgen gemacht und mit einem verzweifelten Hilferuf an die RP gewandt.

(RP)
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