Xanten Europa der Überraschungen

Xanten · Der Traum von der Existenzgründung drohte für die Xantenerin Alexandra Willems an der europäischen "Uneinheit" zu scheitern. Jetzt half der niederrheinische Europa-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz bei der Lösung.

Europa, ein Staatenbund, der unter anderem Freizügigkeit bei der Arbeitsplatzwahl innerhalb seiner Grenzen garantiert. Das gilt für alle 27 Mitgliedsländer. Wer allerdings zwischen den Staaten wechselt, muss immer mal wieder mit Überraschungen rechnen. Nicht ausschließlich mit guten. Alexandra Willems aus Wardt kann ein Lied davon singen. Ihr Aufenthalt in Österreich endete — zurück in deutschen Landen — mit einem Verwirrspiel.

Das Wissen ums Geld

Die gebürtige Issumerin saß beruflich eigentlich längst fest im Sattel. Nach dem Schulbesuch hatte sie sich aufs Bankfach spezialisiert, machte ihren Abschluss als Fachwirtin im Finanzwesen. Bis Anfang 2009 arbeitete die heute 40-Jährige auch in Leitungsfunktionen bei Banken und Sparkassen, zog vor vier Jahren nach Wardt an die Nordsee.

"Schon als Kind zog es mich immer in die Domstadt", erzählt sie im Gespräch mit der Rheinischen Post. Irgendwann allerdings stellt sich auch bei noch so guten Jobs die Sinnfrage. Und die führte Alexandra Willems schließlich nach Wien.

Die Devise: "Einmal noch etwas anderes machen." Und zwar etwas ganz anderes. Die Lehre von der sinnzentrierten Psychotherapie hatte es ihr angetan, Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor Frankl (1905 - 1997). Der Gedanke: Das Wissen ums Geld mit der möglichen Hilfe für alle zu verbinden, die mit Geld zu tun haben.

Willems: "Und das sind eigentlich alle." Ein Jahr lang verband sie das Studium mit einer Projektarbeit im Personalwesen an einer Bank in Wien. Als der zeitlich begrenzte Vertrag auslief, sollte ein Anschlussvertrag her, der sich aber im Zuge der Wirtschaftskrise in Luft auflöste. In der Zwischenzeit allerdings bezog Alexandra Willems Übergangsgeld. In Wien. In Österreich!

Die Paragrafen

Und damit begann für sie das Abtauchen in den Paragrafendschungel. 20 Jahre lang hatte sie ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt. Während des Studiums war sie immer zwischen Xanten und Wien gependelt. Doch als sie im vergangenen Jahr bei der Arbeitsagentur vorsprach und Zuschüsse für eine Existenzgründung beantragte, war das Erstaunen groß: "Voraussetzung zur Aufnahme ins Existenzgründerprogramm, so lernte Alexandra Willems, sei der vorherige Bezug von Unterstützungsgeldern bei Arbeitslosigkeit. Das hatte sie bezogen — aber nicht in Deutschland, sondern im Nachbarland. Und deshalb gab es in Deutschland eine Absage.

"Erst einmal war ich nur bass erstaunt", gesteht Alexandra Willems. "Österreich gehört zur EU, Deutschland meines Wissens nach ebenfalls." Und auch der niederrheinische Europa-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz sieht das so. Der meldete sich auf Willems Hilferuf sofort: "Der europäische Binnenmarkt soll dem Bürger zugutekommen", sagt Florenz. Es sei doch nicht vertretbar, wenn ein Bürger der Europäischen Union durch einen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat irgendwelche Nachteile erleide."

Drei Monate lang arbeiteten er und sein Büro an dem Problem. Und jetzt kam der Brief: Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit seien positive Lösungen aus der misslichen Situation gefunden worden.

Noch hat Alexandra Willems nichts Schriftliches aus Wesel in der Hand, aber mündlich sei ihr bereits beschieden worden, dass es doch Wege gäbe, sagt die Niederrheinerin. Und damit sieht es so aus, als ob sie sich ihren Traum von der Existenzgründung doch erfüllen kann: "Keine Schelte, nur Dankbarkeit", sagt sie. Und: "Europa ist doch schön."

(RP)
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