Xanten Ein doppeltes Prosit auf Underberg

Xanten · Vor 170 Jahren ersann Hubert Underberg die Rezeptur für den Boonekamp, 70 Jahre später wurde daraus eine "Marke".

 Vater, Mutter und zwölf Kinder - die zweite Generation der Underberg-Dynastie um 1910.

Vater, Mutter und zwölf Kinder - die zweite Generation der Underberg-Dynastie um 1910.

Foto: Stadtarchiv Rheinberg

In die Wiege gelegt worden ist Hubert Underberg der Boonekamp nicht, das Kaufmännische schon: Sein Vater betreibt eine Blaufärberei, die Mutter einen kleinen Kolonialwarenhandel. Als der Vater stirbt, ist Hubert noch keine zehn Jahre alt, die Mutter mit ihren sieben Kindern auf sich gestellt. So muss der Underberg'sche Nachwuchs im Geschäft helfen. Gerade volljährig, geht Hubert auf Wanderschaft, arbeitet in verschiedenen Handelshäusern in den Niederlanden. Und lernt dort ein Getränk kennen, das ein niederländischer Apotheker um 1780 erstmals hergestellt hat - einen aus Genever und einer Kräutermischung bestehenden Bitterlikör, der je nach Wirt und Laune mal mehr und mal weniger Schnaps beziehungsweise Kräuter enthält. Huberts Geschäftsidee ist geboren: Ein Kräuterlikör dieser Art, aber mit einer festgeschriebenen Rezeptur, die eine gleichbleibende Qualität gewährleistet - semper idem eben.

1843 zurück in Rheinberg, feilt er an seiner Rezeptur und ersteigert zur Einrichtung seines Produktionsbetriebs 1846 das Haus an der Ecke Rheinstraße/Fischmarkt. In den nächsten Jahren wird er auch die angrenzenden Häuser erwerben und zum 25-jährigen Firmenjubiläum diese durch einen prunkvollen Neubau mit Geschäfts- und Wohnräumen ersetzen.

Zu dem Zeitpunkt ist Hubert Underberg bereits ein gemachter Mann, konsequent und systematisch hat er seinen Boonekamp zum Erfolg geführt. Da ist zunächst die Rezeptur, deren Urheberschaft er sich 1857 notariell beurkunden lässt und die außer ihm nur seine Frau und später sein Sohn kennen. Dann die unverwechselbare Ausstattung der Flaschen, die er zum Schutz gegen Nachahmer 1851 beim Handelsgericht in Kleve deponiert: Kropfhalsflasche, Etikett, Siegel und Strohpapier. Anders als die Rezeptur und das Flaschendesign jedoch, kann er den Namen seines Bitterlikörs nicht schützen, denn einen Schutz von Wortmarken gibt es in jenen Jahren nicht. Dieser wird erst 1894 mit Inkrafttreten des Warenbezeichnungsgesetzes möglich. Doch da ist der Name Boonekamp längst zum Gattungsbegriff geworden und nicht mehr schutzfähig. Sohn Hubert, der dem Vater in der Firmenleitung nachfolgt, entschließt sich deshalb, dem Underberg'schen Bitterlikör einen anderen Namen zu geben und führt genau 70 Jahre nach der Firmengründung, am 17. Juni 1916, den Markennamen "Underberg" ein.

Privat ist den geschäftlich so erfolgreichen Eheleuten Underberg-Albrecht weniger Glück beschieden. Fünf ihrer Kinder versterben im Säuglings- oder Kleinkindalter, eine Tochter mit 25 Jahren. Nur Sohn Hubert überlebt seine Eltern. Er übernimmt nach dem Tod des Vaters im Jahr 1891 die Firmenleitung und lenkt mehr als 40 Jahre lang die Geschicke des Underbergs. Als er 1935 stirbt, geht die Firmenleitung auf gleich drei seiner Söhne über. Eine Entscheidung, die in den folgenden Jahrzehnten immer wieder zu Zwistigkeiten führen wird.

Aber das sind andere Geschichten. Heute ist Jubiläum und das gleich im Doppelpack: 170 Jahre Bitterlikör aus dem Hause Underberg und 100 Jahre Markenname Underberg. In dem Sinne - Happy Birthday, Underberg, und Prost auf die nächsten Jahrzehnte!

Unsere Autorin Anja Rupprecht erzählt heute um 18 Uhr im Alten Rathaus über 170 Jahre spannende Wirtschaftsgeschichte des Rheinberger Familienunternehmens. Im Anschluss öffnet die Monika Hildner ihre umfassende Underberg-Sammlung.

(RP)
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