Xanten Ehemaliger Propst predigt im Viktordom

Xanten · Mit Alfred Manthey endete die Reihe mit Gastpredigern zum Auftakt der Jubiläumsfeiern der Domgemeinde.

 Im Gebet versunken: Alfred Manthey (links) während der Messe im Dom.

Im Gebet versunken: Alfred Manthey (links) während der Messe im Dom.

Foto: armin fischer

Ein Strahlen lag auf seinem Gesicht, als Propst em. Alfred Manthey nach eineinhalb Jahren hinter den Altar trat, der bildlich auch im neuen zu Hause seiner Heimatstadt Bocholt hängt und ihn "täglich im Gebet" mit der 13 Jahre von ihm betreuten Gemeinde St. Viktor "vereint" sein lässt. Das Echo aus den gut besetzten Bänken nach einer im Rahmen des Domjubiläums sehr eindrucksvoll gehaltenen Predigt in Form eines ungewöhnlichen und langanhaltenden Beifalls war ebenso herzlich.

Geradezu "prophetisch" fand Mantheys Nachfolger Propst Klaus Wittke die doch sehr nachdenklich stimmenden Einlassungen, die der Prediger selbst im privaten Gespräch "hartes Brot" nannte. In der Tat sei es "eine höchst spannende Gelegenheit, in der heutigen Kirchenzeit ein offenes Wort zu sagen." Über das steingewordene Haus Gottes in unvergleichlicher Schönheit der gotischen Architektur, in dem bildlich das göttliche Licht durch die übergroßen kunstvoll gestalteten farbigen Fenster die Menschen erreichen solle, standen die drängenden Fragen: Was für ein Gesicht zeigt Kirche? Wozu dient Kirche? Wofür sind wir da?

Das Gesicht des gotischen Domes, das den Niederrhein Jahrhunderte überstrahlt und "Ad Sanctos — Zu den Heiligen" führt, "war und ist ein außergewöhnliches Geschenk, in dem die Erfahrung Gottes sich so glanzvoll verdichtet", sei eine Gnade. Dieses in Stein gebannte Gebet, in dem es bei dessen Erbauung Ehre und Selbstverständlichkeit gewesen sei, kräftig mit anzupacken, zeuge von echter religiöser Gemeinschaft. Die habe auch den Dom nach der grauenvollen Kriegszerstörung wieder auferstehen lassen, "obwohl alle mit sich selber mehr als genug zu tun hatten, um das Überleben zu sichern".

Viel entscheidender stufte der Prediger bei der Würdigung des Kirchenjubiläums den "Blick auf das heutige Kirchenbild" ein. Über fragwürdige Entscheidungen, mangelnden Reformwillen, den nicht enden wollenden Missbrauchsskandal und manches andere habe sich das Gesicht der Kirche verdunkelt: "Unsere Kirche hat elementar an Ansehen verloren." Dies sei indes ungeheuer wichtig für die Alltagskommunikation und die Glaubwürdigkeit der Kirche, um in Freude und Hoffnung, aber auch in Trauer und Angst den Glauben feiern und bezeugen zu können. Als Volk Gottes den Weg der Reinigung auch durch die Fastenzeit mit zu gehen, den Weg der Gotteserfahrung in der Wüste so symbolisch nachzuvollziehen, könne heilsam sein.

Die Grundversorgung von Religionen überhaupt, das Zugänglichwerden Gottes, der die Menschen nicht verloren gibt, die eine tiefe Sehnsucht nach der Wandlung ihrer Unversöhntheit haben, stünden infrage. "Ist unsere Kirche, ist unser Dom ein solcher Ort der Sehnsucht nach Verwandlung?" Fragen, die Pfarrer Manthey "in diesem Jahr, in dem wir mit unserem schönen Dom ein Jubiläum feiern, auf der Seele brennen". Kirche sei schließlich nicht dazu da, Menschen für die Kirche zu gewinnen, sondern um Menschen zu gewinnen für das, wozu Kirche da sein will: Menschen einen Ort zu zeigen, wo sie das Leben haben und es in Fülle haben. Mantheys Kirchenvorstellung in 20 Jahren: Wir werden viel verlieren, weiter Verluste erleiden, unendlich viel Toleranz brauchen, viel Ärger ertragen müssen und deshalb "viel Mut brauchen, um voranzugehen".

(RP/rl)
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