Xanten Droht der Ärzte-Notstand?

Xanten · Immer weniger junge Mediziner wollen Hausarzt auf dem Land werden. Sonsbeck und Xanten gehören zu den Kommunen, in denen der Ärztemangel künftig besonders schlimm werden werden könnte.

Xanten/Sonsbeck Georg Spätling ist seit 1980 Arzt in Sonsbeck. Und wenn es nach ihm geht, wird es noch einige Jahre so bleiben. „Ich mach so lange weiter, wie es eben geht“, sagt der 64-Jährige, der noch mit ganzem Herzen Hausarzt „auf dem Land“ ist. Ein Segen für seine Patienten. Denn Praxis-Nachfolger im ländlichen Bereich zu finden, gestaltet sich immer schwerer. In einer Berechnung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) tauchen Sonsbeck und Xanten sogar als mögliche künftige „Brennpunkte des drohenden Hausarztmangels“ auf. Wenn keiner der heute über 60-Jährigen Hausärzte einen Nachfolger findet, wird der Versorgungsgrad im Jahr 2016 in Sonsbeck auf 49,3 und in Xanten auf 69,2 Prozent sinken.

Bis zu einem Grad von 75 Prozent sei die Situation noch akzeptabel, darunter werde es bedenklich, so Karin Hamacher, Pressesprecherin der KVNO in Düsseldorf: Es gibt zu wenige Ärzte, Patienten müssen längere Wartezeiten und Wege auf sich nehmen. Allerdings beruhigt Hamacher: „Es handelt sich um eine hypothetische Hochrechung.“ Der angenommene Fall sei bisher noch nicht vorgekommen. Allerdings müsse man sich angesichts des Trends für alle Fälle rüsten.

„Verfehlte Ausbildung“

Mehr Hausbesuche als in der Stadt, mehr Notdienste, mehr Anrufe von Patienten, bei Zipperlein „ihren“ Hausarzt auch mal zu Hause stören: Damit muss ein Arzt auf dem Land leben. Für jüngere Ärzte sei dies wenig attraktiv, so Hamacher. Hinzu kommt die auf dem Land oft schlechtere Infrastruktur (Geschäfte, Kinos, Busverbindungen, Schulen). Verschlimmert werde die Situation noch durch einen Nachwuchsmangel. „Wir haben schon jetzt ein Verhältnis von 60 Prozent Fachärzten zu 40 Prozent Hausärzten“, beklagt Dr. Michael Weyer, Vorsitzender der Kreisstelle Wesel in der KVNO. „Eigentlich müsste es umgekehrt sein.“ Weyer kritisiert eine „seit Jahren verfehlte Ausbildung“. So müssten junge Mediziner, die Hausarzt werden wollen, mindestens zwei Praxiswechsel vorweisen: Sie müssen in der Inneren Medizin, in der Chirurgie sowie im „niedergelassenen Bereich“ Erfahrungen sammeln. Die „Ausbildungszeit“ beim Niedergelassenen Arzt werde aber sehr schlecht vergütet. „Dafür gibt es von der Kassenärztlichen Vereinigung nur 2040 Euro“, so Weyer. Er begrüßt daher Pläne von NRW-Gesundheitsminister Laumann, angehende Hausärzte mit einer Prämie in ländliche Bereiche zu locken: Die Vergütung soll monatlich um 2000 Euro aufgestockt werden, in der Hoffnung, dass der eine oder andere dann auf dem Land „kleben bleibt“.

Altergrenze anheben

Laut Karin Hamacher werden auch weitere Maßnahmen vorbereitet, um dem möglichen Notstand zu begegnen. So solle die Altergrenze für praktizierende Ärzte (bisher 68 Jahre) bei Bedarf angehoben werden. Auch solle es erleichtert werden, Zweigstellen von Gemeinschaftspraxen einzurichten, die dann zum Beispiel für ein, zwei Tage in der Woche besetzt werden könnten.

Landarzt Dr. Georg Spätling aus Sonsbeck bleibt allerdings skeptisch. In Zeiten, da der Arztberuf finanziell immer weniger einbringe, der von Kassen verordnete Bürokratismus dagegen zunehme und das Ansehen der Ärzte schwinde, werde das Problem wachsen, befürchtet er: „Die Ausdünnung bei den Praxen wird sich in der Stadt fortsetzen.“

(RP)
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