"Die Grünen sind entspannt"

Xanten · In einer Interviewserie nach den Bundestagswahlen wollen wir mit jungen Politikern über Politik sprechen. Was wollen sie, welche Themen bewegen sie? Heute mit Patrick Voss (18) von den Grünen.

 "Lieber Jamaika - Patrick Voss von den Grünen spricht über Politik.

"Lieber Jamaika - Patrick Voss von den Grünen spricht über Politik.

Foto: Foto. GR

Herr Voss, Sie sind 18 Jahre alt und sind Kreisvorsitzender der Grünen Jugend, hatten sogar schon einen NRW-Listenplatz für den Bundestag. Wie sind Sie in die Politik gekommen?

Patrick Voss Mit 14 Jahren durfte ich zwar noch nicht wählen, fand allerdings Themen wie Klimaschutz interessant. So kam ich zur Grünen Jugend. Familiär gab es keine Prägung: Meine Eltern waren nicht in der Politik, auch mein Umfeld nicht parteipolitisch. Nur ein Opa von mir war in der SPD.

Was haben Freunde gesagt: Wurden Sie unterstützt oder angefeindet als Öko?

Voss Anfeindungen gab es eigentlich nicht. Das wurde eigentlich durchweg positiv aufgenommen. Du machst was, haben die Leute gesagt.

Gibt es Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen in der Politik?

Voss Mir ist der Öffentliche Personnahverkehr wichtig. Dinslaken und Oberhausen haben in etwa die gleiche Bevölkerungsdichte, aber in Oberhausen funktioniert das mit den Öffentlichen viel besser als in Dinslaken. Es kann doch nicht sein, dass man im Kreistag immer noch Argumente hört wie: "Ich hab doch ein Auto". Die Luftqualität in Dinslaken in katastrophal. Das Nahverkehrssystem in Wesel ist gescheitert. Der Bahnverkehr ist linksrheinisch katastrophal. Auch die Abkiesung ist ein Problem. Immerhin setzt sich die Landtagsfraktion inzwischen dagegen ein.

Vor kurzem ist ein neuer Bundestag gewählt worden. Was bedeutet das Wahlergebnis für die Politik der Grünen nach Ihrer Interpretation?

Voss Erstmal ist das Ergebnis positiv, ich habe mit acht Prozent gerechnet. Die Stimmung ist letztlich aber ambivalent wegen des Erfolgs der AfD. Man muss bedenken, dass die NSDAP auch erst mit acht Prozent gestartet ist und dann beim nächsten Mal schon 30 Prozent im Parlament hatte. Wenn man jetzt aber nur auf die Grünen schaut, dann ist es positiv. Es ist sogar ein Sitz mehr für einen NRW-Grünen. Ab 15 Prozent wäre es für mich interessant geworden auf dem 26. Listenplatz. So hat es nicht gereicht, aber damit war natürlich zu rechnen.

Und jetzt? Regieren oder Opposition?

Voss Lieber Jamaika, obwohl das keiner favorisieren würde. Das wäre aber besser als Neuwahlen. Wir hätten allerdings drei Haltelinien: keine Obergrenze, Fortsetzung der Energiewende und Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor.

Als Politiker zählt oft die Erfahrung. Warum braucht es Jugendpolitiker nach Ihrer Erfahrung?

Voss: Die Interessen der Jüngeren können auch von Jüngeren besser repräsentiert werden. Allerdings werden die Stimmen nicht in jeder Partei wertgeschätzt. Bei den Jusos wird man oft ausgebremst, höre ich. Die Grünen sind entspannter in der Altersfrage. Bei uns kann man übrigens auch nur bis 28 in der Grünen Jugend sein.

Wie war das im Wahlkampf? Als Grüner wird man sicherlich auch nicht an jeder Haustür umarmt.

Voss Ich bekomme einiges zu hören von rechter Gesinnung, auch Beleidigungen. Das juckt mich wenig.

Wie läuft die Mitgliederentwicklung in ihrer Partei?

Voss: Wir hatten dieses Jahr im Kreis acht neue Mitglieder. Bei uns sind alle Veranstaltungen öffentlich. Oft machen wir Telkos über Skype mit vier bis fünf Leuten. Es ist leicht mitzumachen, ich habe damals die Grüne Jugend als Kreisverband erst gründen müssen. Man kann auch einen Online-Antrag an den Dachverband stellen.

Was machen Sie neben der Politik?

Voss Ich studiere bald Raumplanung an der TU in Dortmund. Ich habe ein Interesse an Stadtentwicklung. Am Wahlabend habe ich eine Doku über Städteplanung angeschaut. Ich will wissen, wie man Städte gegen Gentrifizierung und Smog wappnen kann.

Was sind das eigentlich für Armbänder, die Sie da tragen? Ist das auch eine politische Message?

Voss Das eine ist von der Cranger Kirmes. Ich habe keine Cranger-Kirmes verpasst. Das andere ist ein Projekt "Herz statt Hetze" und das letzte der Regenbogen für die Unterstützung der Gay-Community.

UNSER MITARBEITER MORITZ HEMSTEG FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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