Frank Tatzel "Der Bürgermeister sollte vorweggehen"

Xanten · Die Gewerbesteuer sprudelt in Rheinberg nicht so üppig wie erwartet - sparen ist angesagt. Der 50-Jährige glaubt, dass man das Grundstück am Pulverturm nach dem Awo-Rückzug weiterentwickeln kann. Ein klares Bekenntnis zum MAP-Festival.

 Frank Tatzel ist Bürgermeister von Rheinberg.

Frank Tatzel ist Bürgermeister von Rheinberg.

Foto: Armin Fischer

Herr Tatzel, Sie sind seit zehn Monaten Bürgermeister. Was haben Sie in dieser Zeit über Rheinberg und die Rheinberger gelernt?

Frank Tatzel Ich bin ja selbst gebürtiger Rheinberger, ich kenne die Rheinberger sehr gut.

Man erlebt Sie als Bürgermeister bei repräsentativen Anlässen: Schützenfest, Fassanstich, 100. Geburtstag, solche Termine. Bei den "harten" Themen hört und sieht man nicht viel von Ihnen. Wie definieren Sie Ihre Bürgermeistertätigkeit?

Tatzel Die Repräsentanz auf der einen, die Verwaltungsarbeit auf der anderen Seite - beides gehört zum Job. Mein Vorgänger Hans-Theo Mennicken hat mal gesagt, die Verteilung sei ungefähr 30 zu 70 Prozent. Wenn ich auf meine ersten zehn Monate im Amt zurückblicke, dann kommt das auch bei mir hin.

Wir haben Sie scharf kritisiert, als die SPD in den Sommerferien erfolgreich über das Landhaus Steinhoff und das neue Budberger Baugebiet informiert hat. Das sollte der Bürgermeister nicht den Parteien überlassen, fanden wir, schließlich geht es um wichtige Fragen der Stadtplanung. Eine berechtigte Kritik?

Tatzel Wenn ich ehrlich bin, habe ich die Kritik nicht ganz verstanden. Ich habe keinen Anlass gesehen, dorthin zu gehen. Es handelte sich um eine Parteiveranstaltung, und ich war nicht eingeladen. Grundsätzlich sollte der Bürgermeister natürlich vornweggehen und Flagge zeigen. Besonders bei Themen, die auch in das Dezernat des Bürgermeisters fallen.

Im Wahlkampf haben Sie viel von Bürgernähe gesprochen. Bis jetzt haben Sie aber noch nicht ein einziges Mal eine Veranstaltung "Bürgermeister oder Verwaltung vor Ort" angeboten. Warum nicht?

Tatzel Anlassbezogen finde ich solche Info-Veranstaltungen gut. Andernfalls bekommt das den Eindruck einer Bürgermeistersprechstunde ohne thematischen Rahmen. Das bringt nicht viel. Ich betone allerdings: Meine Tür im Stadthaus steht immer offen. Es sind in der Zwischenzeit viele Bürger mit ihren Anliegen zu mir gekommen.

Die Awo-Ansiedlung ist komplett ins Wasser gefallen. Die wesentlichen Entscheidungen sind gefallen, bevor Sie Bürgermeister wurden. Wer trägt Ihrer Ansicht nach Schuld an diesem Desaster? Und welche Kosten kommen auf die Stadt zu?

Tatzel Was es kosten wird, ob die Awo Schadenersatzansprüche geltend machen kann, das steht noch nicht fest. Auch der Verlust der Einkommensteueranteile, die die Stadt durch die Awo bekommen hat, ist nicht so leicht zu beziffern. Was das Grundstück am Pulverturm angeht, so würde ich sagen, dass eine Weiterentwicklung möglich ist.

Gab es nach dem Rückzug der Awo Kontakt zur Geschäftsführung des Verbands?

tatzel Noch nicht, aber Herr Paus als Beigeordneter und Technischer Dezernent ist dran. Wir wollen in Kontakt bleiben.

Der angekündigte Verwaltungsumbau ist bestenfalls ein Reförmchen geworden. Ein Fachbereich wurde geteilt, und das aus internen Gründen. Im nächsten Jahr gibt es die Chance, die Kulturarbeit neu zu organisieren. Ihr Dezernat: Haben Sie schon Ideen, wie man dafür sorgen kann, dass die wichtigen freien Kulturträger zufrieden sind?

Tatzel Der Umbau wurde im Verwaltungsvorstand einstimmig erarbeitet und vom Rat beschlossen. Grundsätzlich ist die Struktur der Verwaltung immer im Fluss. Wenn Sie die Verstimmung beim MAP-Festival ansprechen, sage ich klar: Das MAP ist eine der wichtigsten Veranstaltungen, die wir in Rheinberg haben. Da herrscht eine tolle Atmosphäre, das Festival muss unbedingt fortgesetzt werden. Deshalb wird es auch ein Gespräch mit dem MAP-Team geben, um einen Weg für die Zukunft zu finden. Grundsätzlich möchte ich den Kontakt mit den freien Kulturträgern intensivieren, daran habe ich großes Interesse. Das muss ich als Bürgermeister selbst in die Hand nehmen.

Waren Sie selbst beim MAP?

Tatzel Im vergangenen Jahr war ich da. Diesmal hat es zeitlich leider nicht gepasst, ich habe das Team aber am Freitag beim Aufbau besucht, um meine Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen.

Kommen wir zum Thema Finanzen. Da sieht es nach wie vor nicht gut aus. In den nächsten Tagen soll bekannt werden, wie hoch die Gewerbesteuer ausfällt. Worauf müssen sich die Rheinberger einstellen? Eine Diskussion um die Bäder? Steuererhöhungen? Irgendwoher muss das Geld ja kommen.

Tatzel Der Gewerbesteueransatz im Haushalt liegt bei 20,45 Millionen Euro. Es zeichnet sich allerdings leider ab, dass wir diesen Wert wegen einer Rückforderung eines Unternehmens nicht erreichen werden. Das Freibad ist als HSK-Maßnahme für 2020 aufgenommen. Um zu verhindern, dass eine Diskussion um die Schließung des Bades aufkommt, müssen wir allerdings 250.000 Euro einsparen. Das versuchen wir durch ein Bäderkonzept für beide Bäder zu erreichen.

Nennen Sie uns doch mal einige Punkte, die Sie in der Stadt angehen wollen, wo die Bürger erkennen können: Der Bürgermeister muss nicht alles wissen und können, aber er muss Ideen haben und vor allem als erster Mann vorangehen.

Tatzel Wie schon gesagt: Der kulturelle Bereich liegt mir sehr am Herzen. Da gehören für mich auch die Schützenvereine dazu. Ich bin froh, dass wir den Stromanschluss in Rheinberg schon zum Schützenplatz verlegt haben. Mit der Dreiergemeinschaft will ich im Gespräch bleiben. Der Bereich rund um den Schützenfestplatz soll attraktiver gestaltet werden. Und dann das schon angesprochene Bäderkonzept. Da müssen wir dringend weiterkommen. Es geht nicht nur um ein Bad - das ist auch ein Marketingfaktor für die Stadt.

Wie sieht es mit dem Dauerthema Flüchtlinge aus?

Tatzel Sehr wichtig. Da ziehen wir in Rheinberg an einem Strang. Ich finde, da stehen wir gut da.

Eine Frage zur Politik: Man unterstellt Ihnen zuweilen, sich nur mit der CDU abzustimmen. Sprechen Sie nicht mit den anderen Fraktionen?

Tatzel Natürlich gibt es Gespräche mit den anderen Parteien. Gerade nach dem Amtsantritt gab es regelmäßig interfraktionelle Gespräche.

Sind Sie eigentlich noch parteilos oder sind Sie der CDU beigetreten.

Tatzel Ja, ich bin nach wie vor parteilos und das wird auch erst einmal so bleiben.

UWE PLIEN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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