CDU Xanten Lieven ist nun als Brückenbauer gefragt

Meinung | Xanten · Die CDU Xanten hat einen neuen Stadtverbandsvorsitzenden gewählt und damit eine Voraussetzung geschaffen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Aber gelöst ist der parteiinterne Streit damit noch nicht.

 Xantens neuer CDU-Chef: Jens Lieven.

Xantens neuer CDU-Chef: Jens Lieven.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Jens Lieven verließ das Schützenhaus als einer der letzten am Mittwochabend. Der neue Vorsitzende der CDU Xanten hatte noch einige Gespräche geführt und dann mit anderen Parteimitgliedern zusammengepackt. Genau das ist jetzt auch seine Aufgabe: zuhören, reden und – bildlich gesprochen – aufräumen, sprich: den Scherbenhaufen zusammenkehren. Denn im Stadtverband wurde viel Porzellan zerschlagen. Auf der Mitgliederversammlung, aber auch vorher schon. Es war erschreckend, wie einige Mitglieder öffentlich miteinander umgegangen sind, welche Vorwürfe sie einander machten, wie sie sich unter Druck setzten. Das lässt sich nur mit persönlichen Enttäuschungen und Verletzungen erklären, die sich über einige Zeit angesammelt haben. Entschuldigen lässt es sich aber nicht.

Lieven übernimmt den Stadtverband also in einer schwierigen Zeit. Das weiß er. Der promovierte Historiker hat im Vorstand mitgearbeitet und viele Debatten direkt erlebt. Als kooptiertes Mitglied trägt er weniger Verantwortung für die vergangenen zwei Jahre als die gewählten Mitglieder mit einem Amt, er ist also weniger vorbelastet. Das ist ein Vorteil. Er selbst beschreibt sich als jemanden, der Gräben zuschütten und Brücken bauen kann, wo es erforderlich ist. Das wird er auch müssen.

Denn der Streit betrifft nicht nur einige wenige Personen. Es sind mehr. Im Stadtverband stehen sich zwei Lager gegenüber. Das zeigten die Abstimmungsergebnisse auf den Versammlungen am Mittwoch und vor drei Wochen. Der Stadtverband wird also nicht automatisch zur Ruhe kommen, wenn einige Personen nicht mehr im Vorstand sind. Dafür sind es zu viele Kritiker, ihre Kritik ist damit auch nicht aus der Welt, und wenn sie wirklich schon so lange im Raum steht und von so vielen mitgetragen wird, wie die Beteiligten sagen, dann muss sich der Stadtverband damit beschäftigen. Aber das muss er intern klären. Und sachlich. Ohne persönliche Verletzungen.

Dafür ist ein Vorsitzender notwendig, der nicht selbst betroffen ist. Der vermitteln kann. Deshalb ist der Neuanfang vernünftig. Und es ist nachvollziehbar, dass der neue Stadtverbandsvorsitzende ein neues Team in den Vorstand holt, dem er vertraut. Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass sich die eine Seite durchgesetzt hat und die andere weggeräumt wird. Wenn die Partei wirklich Frieden finden will, müssen von der anderen Seite so viele Vertreter wie möglich eingebunden werden, sofern sie dazu bereit sind. Die Partei sollte daran interessiert sein. Es sind engagierte, erfahrene, kompetente Kräfte.

Vor Lieven liegt in den nächsten Monaten also eine schwierige Aufgabe – ausgerechnet im Jahr der Kommunalwahl. Er hat die Rückendeckung einer Mehrheit im Stadtverbandes. Für den Anfang sind rund 74 Prozent der Stimmen auf der Mitgliederversammlung ein gutes Ergebnis. Es zeigt allerdings auch, wie skeptisch viele sind. Und einige Stimmen dürfte Lieven nur deshalb bekommen haben, weil sich der Stadtverband nach Ruhe sehnt. Aber die Partei wird Geduld brauchen. Die Gräben werden sich nicht so einfach schließen lassen, einige vielleicht gar nicht. Dafür sind die Verletzungen zu tief. Die Beteiligten werden die vergangenen Monate nicht so schnell vergessen.

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