Rheinberg Bauern: "Wir dosieren Gülle ganz genau"

Rheinberg · Landwirte sehen sich zu unrecht wegen der Nitratbelastung am Pranger. Kreislandwirt Wilhelm Neu und seine Berufsgenossen beteuern, dass sie sehr gezielt nur das tun, was erlaubt und gut für Pflanzen sowie Boden ist.

 Mit moderner Technik bringen die Landwirte die Gülle bodennah auf. So lassen sich ärgerliche Begleiterscheinungen minimieren.

Mit moderner Technik bringen die Landwirte die Gülle bodennah auf. So lassen sich ärgerliche Begleiterscheinungen minimieren.

Foto: Armin Fischer

Für Wilhelm Neu, Kreislandwirt und Vize-Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes ist Gülle "ein ganz normales Naturprodukt". Landwirt Viktor Paeßens (60) stimmt ihm da ausdrücklich zu. Doch der Ehrenvorsitzender der Ortsbauernschaft Budberg/Orsoy formuliert im gleichen Atemzug eine unleugbare Tatsache - ohne Wenn und Aber: "Gülle stinkt." Er könne alle diejenigen gut verstehen, so Paeßens, die kein gutes Näschen haben, wenn der Bauer auf Äckern und Wiesen verteilt, was den Tieren im Stall abfällt.

"Auch ich bin empfindlich", sagt Paeßens und appelliert an seine Berufsgenossen, vor und an Sonn- und Feiertagen das Güllefass in der Scheune stehenzulassen. Aber was den Herrn über 220 Rindviechern und 112 Hektar Wiese und Ackerland ärgert, ist der mehr oder weniger offen ausgesprochene Vorwurf, dass die Bauern mit Gülle das Grundwasser über Gebühr mit Nitrat belasten. Den Ruf nach einer Gülle-Polizei kontert er mit dem Hinweis, dass "wir bereits jetzt jedes Jahr mehrfach kontrolliert werden - bis an die Grenze des Bürokratismus".

Zum Beleg blättert er in einem dicken Aktenordner, prall gefüllt mit Listen, die er als gläserner Landwirt penibel ausgefüllt hat mit allen erforderlichen Angaben und jährlich neu der Landwirtschaftskammer vorlegen muss. Die prüft ob das Verhältnis Tier und Fläche im rechten, bodenverträglichen Maß stehen. Alles sei genau geregelt.

Rheinberg: Bauern: "Wir dosieren Gülle ganz genau"
Foto: Fischer, Armin (arfi)

Aber nicht nur deshalb, hielten sich die Bauern beim Güllauftrag ans rechte Maß. Das liege schon im Eigeninteresse, betont auch Kreislandwirt Neu. Es komme nur so viel auf Felder und Wiesen, wie's die Pflanzen zum Wachsen und Gedeihen bräuchten. "Mehr und zu viel auf einmal auszubringen, macht absolut keinen Sinn", und es kostet, beteuert Paeßens: "Ich bin mehrfacher Großvater und auch daran interessiert, dass meine Enkel in Zukunft noch in einer intakten Umwelt leben und wirtschaften."

Landwirte seien heutzutage so gut ausgebildet, dass sie "wachstumsbegleitend" sehr dosiert und punktgenau mit dem "ressourcenschonenden Nährstoffen aus der Gülle" den Pflanzen exakt das zukommen ließen, was sie bräuchten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das System sei so ausgefeilt, dass bei Bedarf ganz gezielt mit Kunstdünger Einzelkomponenten nachgestreut würden.

Da bei werde amtlich nichts dem Gefühl des Landwirts überlassen, sondern streng kontrolliert, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, und zwar für alle relevanten Parameter. Er könne belegen, sagt Paeßens, während er demonstrativ im Ordner blättert, könne bis ins Detail belegen, dass er in den letzten Jahren "eine Punktlandung hingelegt" habe. Die Trinkwassergüte auf seinen Flächen sei top. Nachweislich. Mit Transparenz habe er kein Problem. Jedem, der's wissen wolle, könne er's zeigen, bis "zwei Stellen hinterm Komma".

In der Summe, so ergänzt der Brüner Bauernfunktionär Neu gelte sogar: "Wir haben in der Region noch deutlich Luft nach oben." Niemand riskiere Verstöße, "weil er sonst empfindlich bluten" müsse. Auch importierte Gülle aus den Niederlanden führe nicht zur Überdüngung. Denn auch da werde genau dokumentiert, was drin sei und auf die Felder gelange. Es bleibe das Geruchsproblem, dass Menschen den Genuss im Naturpark Niederrhein bisweilen trübe. Abgesehen von vereinzelten, kaum endschuldbaren Verhaltenauffälligkeiten einzelner Schwarzer Schafe, die es auch unter Landwirten gebe, arbeite man dran. Moderne Technik würde die alten Gülleschleudern mehr und mehr ablösen.

Die tierischen Abfallprodukte würden teils bis in den Boden, ganz nah an die Wurzel eingebracht, so dass das übelriechender Stickstoff gar nicht mehr mit Luft in Berührung komme. "Wir tun schon eine ganze Menge", so Wilhelm Neu "wollen aber noch besser werden." Aber eins sei nun mal, bei aller Liebe, nicht zu ändern: "Wir wohnen hier am Niederrhein auf dem Lande." Konflikte habe es auch hier immer gegeben. Die seien auch in Zukunft nicht ganz ausgeschlossen. Man müsse nur miteinander drüber reden. Ehrlich.

(RP)
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