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Holocaust-Gedenken in Xanten Bericht aus der „Vorhölle zu Auschwitz“

Xanten · Die Nazis sperrten Eva Weyl und ihre Eltern 1942 in das Konzentrationslager Westerbork. Sie überlebte – und berichtet am 27. Januar in Xanten davon. Angesichts aktueller Ereignisse warnt sie: „Wehret den Anfängen!“

 Eva Weyl spricht seit vielen Jahren vor Schulklassen über ihre Erlebnisse im Konzentrationslager. Sie sagt: Die Jugend trage keine Schuld an den Verbrechen von damals, aber sie sei für die Zukunft verantwortlich.

Eva Weyl spricht seit vielen Jahren vor Schulklassen über ihre Erlebnisse im Konzentrationslager. Sie sagt: Die Jugend trage keine Schuld an den Verbrechen von damals, aber sie sei für die Zukunft verantwortlich.

Foto: Weyl

Am 27. Januar gedenkt die Stadt Xanten der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz 1945 durch die Rote Armee. Aus diesem Anlass spricht die Zeitzeugin Eva Weyl aus Amsterdam über ihre persönlichen Erfahrungen. Der Vortrag, begleitet von Bildern, beginnt um 18.30 Uhr im Xantener Ratssaal. Dazu sind alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen.

Als junges Mädchen hat die Jüdin Eva Weyl mit ihren Eltern das Konzentrationslager Westerbork in den Niederlanden überlebt – und weil sie diese furchtbare Zeit überlebt hat, fühlt sie sich dazu verpflichtet, der nachfolgenden Generation von ihren Erfahrungen zu berichten. Für sie ist das ein innerer Auftrag. Sie will die Menschen an die furchtbaren nationalsozialistischen Verbrechen erinnern und davor warnen: „Nie wieder Auschwitz“. Das ist die Quintessenz ihrer Erfahrungen.

Eva Weyl wurde am 7. Juni 1935 in Arnheim (Niederlande) geboren. Ihre Eltern waren zuvor aus Kleve (Niederrhein) in die Niederlande emigriert. Ihre Großväter kamen bald in die Niederlande nach, wo Eva Weyl mit ihrer Familie eine schöne Kindheit verlebte, bis sie 1942 ins Lager Westerbork geschickt wurden. Auch hier konnte sie von ihren Eltern beschützt werden und der Deportation in andere Vernichtungslager wie Auschwitz entgehen. Bis zu ihrer Befreiung 1945 lebte sie in Westerbork.

Der Alltag in dem Lager war für Eva Weyl grauenhaft. Eisige Baracken ohne Tische oder einen Platz, den Koffer unterzubringen. Es wurde geschrien, gezankt und gestohlen. Aber sie hatte Glück im Unglück: „Westerbork war ein Durchgangslager, kein Vernichtungslager; es war die Vorhölle zu Auschwitz.“ Dass wöchentlich mehr als 1000 Insassen mit dem Zug nach Auschwitz oder Sobibor transportiert wurden, führte nicht zur Panik, weil nur wenige ahnten, was sie dort erwartete. „Alles war Täuschung“, sagt Eva Weyl. „Die medizinische Versorgung und die kulturellen Veranstaltungen. Dass plötzlich immer wieder Freunde fehlten, hat nur wenige verunsichert.“ Das Schlimmste sei damals gewesen, dass sie keine Perspektive mehr für sich gesehen hätte.

Nach dem Krieg studierte Eva Weyl in Amerika und in der Schweiz, sie reiste viel, gründete eine Familie und arbeitete hart. Die Familie feierte jedes Jahr den 12. April, den Tag der Befreiung. Für Eva Weyl ist dies bis heute ein wichtiges Datum. Ihr Vater ging zum Ende seines Lebens zwei Mal an seine alte Schule in seiner Heimatstadt Kleve, um seine Geschichte zu erzählen, und es war ihm wichtig, dass auch Eva die Geschichte der Familie kennt und weiterträgt. Heute ist dies zu ihrer Lebensaufgabe geworden – jungen Menschen ihre Geschichte zu erzählen.

Immer wieder spricht sie vor Gruppen, vor allem vor Schulklassen. In Xanten möchte sie aber auch die Erwachsenen ansprechen. Angesichts des Erstarkens der rechtsradikalen Kräfte mahnt sie: „Wehret den Anfängen!“ Anhand von Bildern, die sie per Beamer auf eine Leinwand wirft, erzählt sie von ihrer Vergangenheit – authentisch und packend. Ohne Klischees.

Für Eva Wey ist auch klar: Die heute lebenden Deutschen tragen größtenteils keine Schuld für die Verbrechen im Dritten Reich, aber sie sind verantwortlich für die Zukunft in Deutschland, in den Vereinigten Staaten, den Niederlanden und Südamerika. „Ihr müsst über die Verfolgung und systematische Ausrottung von Menschen reden, denn die Zeitzeugen sterben aus“, sagt sie. Und sie verweist auf Flüchtlingslager, die auch heute wieder errichtet werden. „Geschichte wiederholt sich“, sagt Eva Weyl.

(RP)
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