Filmkritik zu „Wir sind doch Schwestern“ Eine Prise Niederrhein
Xanten · Der ARD-Film „Wir sind doch Schwestern“ zeigt Anne Gesthuysens Familiendrama am Niederrhein – jedoch ohne die Region so eindrücklich zu zeigen, wie sie in der Romanvorlage beschrieben ist.
Lange wurde über das Buch geredet und auf die Verfilmung gewartet. Die Filmpremiere zu Anne Gesthuysens erstem Niederrhein-Roman „Wir sind doch Schwestern“ (2012) wird am Samstag vor Heiligabend in der ARD ausgestrahlt. Frei nach dem gleichnamigen Roman, mit dem die Bestseller-Autorin vor sechs Jahren ihr Debüt feierte. Es ist das erste von drei Familiendramen aus ihren Heimatstädten in und um Xanten. Markante Orte werden im Buch genannt und von Einheimischen wiedererkannt. Romanhelden sind nach Töchtern und Söhnen der Region benannt. Aber nicht im Film.
„Frei nach dem Roman“ eben, fanden die Dreharbeiten nicht am Niederrhein, sondern im Rheinland statt. Die Namen der Protagonisten sind geändert, Schauplätze bleiben ungenannt. Dafür findet „Wir sind doch Schwestern“ in der Filmauflage Raum für die sorgfältige Darstellung eines Jahrhundertpanoramas.
Zur Handlung: Die drei Schwestern Hiltrud, Martha und Betty Janssen sind nach vielen Jahren Funkstille wieder vereint, um den 100. Geburtstag der Ältesten zu feiern. Was sie getrennt hat, ist gleichzeitig, was sie verbindet: CDU-Politiker Heinrich Verhoeven (gespielt von Benjamin Sadler) und eine Lüge, die tiefer geht, als der Zuschauer es auf den ersten Blick ahnt. Beim Jubiläumstreffen werden Gefühle aufgewühlt und Erinnerungen wachgerüttelt. Schnell wird klar, dass jede der drei sturköpfigen und betagten Damen einer anderen Wahrheit hinterherjagt.
Besonders sehenswert sind Gertrud Roll, Hildegard Schmahl und Jutta Speidel in den Hauptrollen. Den drei Schauspielerinnen wurden einige Jahre aufs Gesicht geschminkt, die sie gekonnt durch ihr Spiel auf die Leinwand tragen. Sie glänzen mit unaufgesetzter Komik und dem Feingefühl für das Altern. Rückblenden in die Jahre 1915 und 1950 erinnern an ein Jahrhundert voller Skandale, Schicksale und Liebesschmerz.
Für Anne Gesthuysen ist die freie Umsetzung ihres ersten Werks kein Problem. „Der Geist des Romans ist erhalten geblieben“, sagte Gesthuysen zufrieden am Set. Das spürt auch der Zuschauer auf dem Sofa. Der Niederrhein wird herzlich durch Dialekt und Brauchtum nachempfunden.
Es ist eine „liebevolle Umsetzung“, wie Fernsehmoderator Frank Plasberg den Film bei der Premierenlesung des dritten Niederrhein-Romans seiner Frau im November pries. Der Niederrhein als Erfolgsrezept? Warum nicht. Hier vor Ort kommt das natürlich gut an. Aber auch über die heimischen Felder hinaus: Vom ersten Roman der gebürtigen Veenerin wurden mehr als 500.000 Exemplare verkauft. Das machte Gesthuysen zur Botschafterin ihrer Heimatregion.
Das gilt auch für die sehenswerte Verfilmung von Till Endemann am Samstagabend. Wer genau hinschaut, sieht die Autorin sogar einmal durch das Bild huschen. Das gibt dem Spielfilm dann letztlich doch noch eine Prise vom Niederrhein.