Aktion gegen Elterntaxis in Xanten Kinder holen sich die Straße zurück

Xanten · Am Freitag war autofreier Schultag in Xanten. Die Zufahrt zur Hagelkreuzschule und zu anderen Schulen war gesperrt. Elterntaxis kamen nicht durch. Stattdessen spielten die Kinder auf der Straße. Es soll ein Anstoß sein.

Die Hagelkreuzschule richtete sogenannte Walking-Taxis ein: Am Plaza del Mar und an zwei anderen Stellen warteten Lehrerinnen auf die Schüler und gingen mit ihnen gemeinsam zur Schule.

Die Hagelkreuzschule richtete sogenannte Walking-Taxis ein: Am Plaza del Mar und an zwei anderen Stellen warteten Lehrerinnen auf die Schüler und gingen mit ihnen gemeinsam zur Schule.

Foto: Armin Fischer (arfi)

An Daniela Hommen kommt an diesem Freitagmorgen niemand vorbei. Die Leiterin der Hagelkreuzschule in Lüttingen steht an der Salmstraße und erklärt Autofahrern, warum die Pantaleonstraße ab dort gesperrt ist: weil an diesem Freitag autofreier Schultag ist. Eltern können also nicht mit ihren Autos in die Pantaleonstraße einbiegen und ihre Kinder bis zur Hagelkreuzschule bringen. Trotzdem versuchen es einige – vergeblich. Schilder stehen im Weg, und wenn sich jemand daran vorbeimogeln will, ist Hommen da. Ein Vater habe sie ratlos angesehen und gefragt, was er denn jetzt machen solle, berichtet die Schulleiterin.

Er und andere Eltern hatten am Freitag mehrere Optionen: Der Schulbus fuhr wie sonst auch direkt bis zur Schule. Radfahrer wurden ebenfalls durch die Absperrung gelassen, genauso wie Fußgänger. An diesem Morgen bot die Hagelkreuzschule zusätzlich noch sogenannte Walking-Taxis an: An drei Stellen im Dorf, am Sportplatz, am Plaza del Mar und am Muttergotteshäuschen warteten Lehrerinnen bis 7.35 Uhr auf Schülerinnen und Schüler und gingen dann mit den Kindern gemeinsam zur Hagelkreuzschule. Dutzende Mütter und Väter nahmen das Angebot an und setzten ihre Töchter und Söhne an den Sammelstellen ab. Vor allem am Plaza del Mar.

Carsten Hanke war einer von ihnen. Seine Familie lebt in Vynen. Von dort fahre kein Schulbus bis zur Hagelkreuzschule in Lüttingen, berichtete der Vater. Diese Option gebe es für seine Tochter also nicht. Und für eine Schülerin der ersten Klasse sei die Strecke mit dem Fahrrad noch zu weit. Mehr als fünf Kilometer liegen zwischen den beiden Dörfern. Der Weg führt an einigen viel befahrenen Straßen vorbei. Deshalb bringe er seine Tochter mit dem Auto, erklärte Hanke. Aber er fahre extra früh am Morgen los, um nicht in dem Gewusel zu landen, das morgens vor der Hagelkreuzschule herrsche.

Auch Annette Schneider brachte ihren Sohn an diesem Freitagmorgen zum Plaza. Die Familie wohnt in Xanten, von Lüttingen aus gesehen auf der anderen Seite der Stadt. Wenn ihr Sohn mit dem Bus fahre, müsse er schon um 7.05 Uhr losfahren, das sei zu früh – der Tag sei für ein Kind sowieso schon lang. Und mit dem Fahrrad sei die Strecke nicht sicher genug, er müsste dann zum Beispiel den Augustusring überqueren. Aber mit anderen Eltern habe sie eine Fahrgemeinschaft gebildet. Ihr Sohn werde morgens zusammen mit drei anderen Kindern in einem Auto zur Schule gefahren.

Diese zwei Beispiele zeigen, dass es nachvollziehbare Gründe für ein Elterntaxi geben kann und dass sich das Problem nicht so einfach lösen lässt. Aber so, wie es bisher läuft, soll es auch nicht bleiben: Seit Jahren weise sie die Politik auf das Problem hin, erklärte Daniela Hommen, die Stadt habe auch schon Lösungen geprüft, zum Beispiel sogenannte „Kiss & Ride“-Zonen: Dann würden die Eltern ihre Kinder etwas entfernt von der Grundschule absetzen, und die Schüler würden das letzte Stück zu Fuß laufen. Aber solche Zonen lassen sich nicht so einfach einrichten. Und so steht Hommen morgens zusammen mit Schülern der dritten und vierten Klasse am Kreisverkehr vor der Schule, um Autofahrer darauf hinzuweisen, dass sie dort nicht stehen bleiben dürfen, da sich sonst ein Stau bildet und der Schulbus kaum noch durchkommt. „Manchmal kommt hier keiner mehr vor und nicht zurück“, berichtete Daniela Hommen, Auf Hinweise reagierten manche Autofahrer unfreundlich und blafften die Kinder an.

Am Freitag war es anders. Die Straße war gesperrt, die Busse konnten entspannt bis zur Schule fahren und wenden. „Können wir das nicht jeden Tag so haben, haben die Busfahrer gefragt“, berichtete Daniela Hommen. Nach 8 Uhr gehörte die Straße dann den Kindern: Die Hagelkreuzschule hatte Spiele vorbereitet. Auf dem abgesperrten Stück waren zum Beispiel Rennstrecken für Bobbycars und Steckenpferde abgesteckt. Die Schülerinnen und Schüler konnten den Asphalt auch mit Kreide bemalen. Für diesen Freitagvormittag war aus der Autostraße eine Spielstraße geworden. „Die Kinder haben gesagt, dass es der schönste Schultag ist“, berichtete Daniela Hommen.

Spielstraße statt Autostraße: Auf der gesperrten Pantaleonstraße konnten sich die Grundschüler zum Beispiel Rennen mit Bobbycars und anderen Fahrzeugen liefern.

Spielstraße statt Autostraße: Auf der gesperrten Pantaleonstraße konnten sich die Grundschüler zum Beispiel Rennen mit Bobbycars und anderen Fahrzeugen liefern.

Foto: RP/Markus Werning

Aber am Montag ist wieder alles wie vorher? Sie hoffe, dass der autofreie Tag ein Anstoß sei, sagte Daniela Hommen. Deshalb haben Schülerinnen und Schüler am Freitag schon Dankessteine bemalt. Sie würden in der nächsten Woche an Eltern verteilt, wenn sie ihre Kinder künftig mit dem Fahrrad oder mit dem Bus zur Schule schicken oder an der Salmstraße halten, um ihren Sohn oder ihre Tochter dort aussteigen und die restlichen knapp 200 Meter zu Fuß gehen lassen. Dann gäbe es vor der Schule morgens vielleicht kein Verkehrschaos mehr.

Einige Eltern hätten auch gefragt, ob es nicht jeden Tag ein Walking-Taxi vom Plaza del Mar bis zur Schule geben könne, berichtete Daniela Hommen. Am Hafen Xanten ist ein großer Parkplatz, dort die Kinder herauszulassen, ist einfacher. Sie könne aber nicht jeden Morgen eine Lehrerin dafür abstellen, die Lehrerinnen müssten um 7.30 Uhr schon in der Schule sein, um die Kinder zu beaufsichtigen, die eintreffen. Die Strecke vom Plaza del Mar bis zur Hagelkreuzschule sei aber ungefährlich, die 260 Meter führten komplett über Bürgersteige. „Es wäre toll, wenn Kinder diesen Weg sicher allein gehen könnten.“

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