Interview mit Achim Leder Wie man den Schlaf durch Licht regulieren kann

Wuppertal · Licht ist der primäre Stimulus für die Regulierung der "inneren Uhr" des Menschen und kann somit Einfluss auf die Erholung nehmen. Dazu erforschen Wuppertaler Wirtschaftspsychologen wie Achim Leder vom Lehrstuhl für Experimentelle Wirtschaftspsychologie, Prof. Jarek Krajewski, gemeinsam mit Partnern aus der Industrie entspannteres Fliegen dank dem passenden Licht im Flugzeug.

 Wirtschafstpsychologe Achim Leder von der Bergischen Uni (l.) mit den Probanden, die für ihn in den Flugsimulator gestiegen sind.

Wirtschafstpsychologe Achim Leder von der Bergischen Uni (l.) mit den Probanden, die für ihn in den Flugsimulator gestiegen sind.

Foto: Leder

Wie lässt sich durch Licht der Biorhythmus steuern?

Leder Blaues Licht (also kurzwelliges Licht) sendet über die Augen aufgenommen über das zentrale Nervensystem einen Impuls an die Zirbeldrüse, die das Schlafhormon Melatonin produziert, dass diese die Produktion drosseln soll. Dadurch wird der Mensch aktiv. Kurz: Blaues Licht verringert die Schlafhormonproduktion und macht fit und aktiv. Rotes Licht ( langwelliges Licht) fördert die Melatoninproduktion. Der Mensch entspannt, wird müde und schläft ein. Sinnvoll ist es dementsprechend, morgens nach dem Aufstehen Licht mit einem hohen Blauanteil (kaltweißes Licht) zu verwenden (häufig in Leuchtstoffröhren). Abends in den letzten Stunden vor dem Schlafgehen sollte man auf blaues Licht verzichten. Licht mit einem hohen Rotanteil unterstützt den Organismus dabei, müde zu werden (denn das Schlafhormon Melatonin wird produziert).

Wie kamen Sie überhaupt auf die Fragestellung?

Leder Ich selbst habe nach meinem wirtschaftswissenschaftlichen Studium zunächst fünf Jahre in der Luftfahrtbranche gearbeitet und mich dann entschieden noch einmal einige Jahre in die Wissenschaft zu gehen und eine Doktorarbeit zu schreiben. Dabei habe ich Professor Jarek Krajewski kennengelernt, der sich mit dem Thema Schlafforschung beschäftigt. Die Idee war dann, dass man das Thema Schlaf im Flugzeug noch optimieren könnte. Da ich mich schon seit Jahren für das Thema Licht als solches interessiert habe, fand ich diese Kombination Flugzeug — Licht — Schlaf sehr interessant, und so haben wir die Idee weiter verfolgt und ein Konzept geschrieben. Da die Tests einen sechsststelligen Betrag gekostet haben, fragten wir mit dem Konzept bei den Industrieunternehmen Airbus, Diehl und Osram an, ob diese die Tests nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich unterstützen würden. Zudem haben wir das Fraunhofer Institut für Bauphysik als weiteren Forschungspartner gewinnen können.

Wie haben Sie das getestet? Wie ging es den Probanden dabei?

Leder Wir haben 32 Probanden (16 Frauen/16 Männer) in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen haben jeweils drei Langstreckenflüge à zehn Stunden in einem sehr realitätsnahen Flugzeugmodell verbracht. Alle Testflüge verliefen wie echte Flüge, mit den gleichen Geräuschen, Temperaturen, Service durch eine Stewardess etc.. Auf den Flügen wurden die Probanden zwei unterschiedlichen Lichtszenarien ausgesetzt. Beide Gruppen haben jeweils einen Flug mit dem herkömmlichen Licht geflogen und zwei Flüge mit den neuen Licht, also abends rotes Licht und morgens blaues Licht.

Was war das Ergebnis?

Leder Warmes, weißes Licht zu Beginn eines Nachtflugs trägt zur Entspannung bei, regt die Melatoninproduktion an, sorgt für eine ruhigere Herzfrequenz und macht somit den Flugverlauf für den Passagier durch einen besseren Schlaf entspannter. Kaltes, weißes Licht am Morgen nach der Nachtruhe wirkt dagegen aktivierend und lässt den Fluggast — durch Unterdrückung der Ausschüttung des Schlafhormons Malatonin — sein Ziel aktivierter erreichen.

Welche Auswirkungen sollten Ihre Ergebnisse auf die künftige Entwicklung von Flugzeugen haben?

Leder Die Ergebnisse werden nun von den Lichttechnikern bei Airbus, Diehl und Osram für die weitere Entwicklung verwendet. Voraussichtlich wird das chronobiologisch angepasste Licht in drei bis fünf Jahren im Flugzeug verwendet.

Welche Erkenntnis lässt sich für den Alltag daraus ziehen?

Leder Es ist etwa nicht sinnvoll, direkt vor dem Zubettgehen noch TV zu schauen, da Fernsehgeräte häufig Licht mit einem sehr hohen Blauanteil ausstrahlen. Kerzenlicht am Abend (hoher Rotanteil im Licht) unterstützt dagegen die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Morgens sollte man Licht mit einem hohen Blauanteil benutzen.

MARION MEYER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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