Wuppertal Tony Cragg lädt in seine Villa

Wuppertal · Für die Sommerwochen hat sich der Bildhauer etwas Besonderes für seinen Skulpturenpark einfallen lassen: Immer donnerstags um 20 Uhr gibt es eine Führung durch die sonst geschlossene Villa Waldfrieden von Kurt Herberts.

 Die besondere Form der Villa nach anthroposophischen Grundlagen ohne rechte Winkel macht sie zu einem sehenswerten Kleinod. Schon Oskar Roehler drehte hier seinen Film "Agnes und seine Brüder".

Die besondere Form der Villa nach anthroposophischen Grundlagen ohne rechte Winkel macht sie zu einem sehenswerten Kleinod. Schon Oskar Roehler drehte hier seinen Film "Agnes und seine Brüder".

Foto: Charles Duprat

Wuppertal Durch dichten Wald führt der Serpentinenweg stetig ansteigend zum Eingang. Am Rande der kleinen Straße bieten sich immer wieder Panoramablicke auf Wuppertal — und viele, die noch nicht dort waren, sind dann überrascht, wie viel Grün die nicht als Schmuckstück geltende Industriestadt durchzieht. Nach mehreren hundert Metern ist der Eingang erreicht: In einem Waldstück im Stadtteil Unterbarmen hat sich der britische Bildhauer Tony Cragg einen Lebenstraum erfüllt. Im Park der Villa des 1989 verstorbenen Wuppertaler Lackfabrikanten Kurt Herberts eröffnete er vor drei Jahren den "Skulpturenpark Waldfrieden".

Der heimliche Star des Skulpturenparks, die Villa Waldfrieden, ist für die Öffentlichkeit normalerweise nur von außen zu betrachten. Aber jetzt in den Sommerferien gibt es Ausnahmen: An jedem Donnerstag ist der Skulpturenpark bis 22 Uhr geöffnet. Um 20 Uhr kann auch die Villa Waldfrieden im Rahmen einer öffentlichen Führung besichtigt werden, zu der man sich allerdings anmelden muss (siehe Info).

Das von 1946 bis 1949 entstandene Haus ist dem anthroposophischen Architekturkonzept Rudolf Steiners verpflichtet und hat keinerlei rechte Winkel. Statt Ecken gibt es rund geschwungene Übergänge, auch an Türen, Fenstern und Rahmen. Die großen Fenster lassen sich im Boden versenken.

Kunst und Natur in Symbiose

Die Villa verfiel nach dem Tod von Lackfabrikant Herberts in einen Dornröschenschlaf und geriet beinahe in Vergessenheit — bis Cragg, der selbst seit 30 Jahren in Wuppertal lebt, davon hörte. Haus und Park hätten perfekt zu Craggs Idee gepasst, einen Skulpturenpark zu errichten, berichtet der Geschäftsführer der Stiftung Cragg Foundation, Michael Mader. "Er hat sofort die Einzigartigkeit der Villa und des Geländes für sein Vorhaben erkannt." Kunst und Natur gehen auf diesem Gelände eine faszinierende Symbiose ein. Exakt 21, zum Teil meterhohe Skulpturen Craggs sind in dem acht Hektar großen Park "versteckt" — Kunstwerke, die dem Besucher nicht sofort auffallen, sondern die beim Spazieren durch den Park im Gebüsch und zwischen Bäumen erst entdeckt werden wollen.

Für die Fläche des Parks ist die Zahl der Skulpturen nicht gerade groß — das ist Absicht: "Es gibt Skulpturenparks, die regelrecht überfrachtet sind. Das wollte Tony Cragg nicht", sagt Mader. "Nichts soll den Blick auf die Skulpturen verstellen, die sich so durch wechselnde Blickachsen immer wieder neu erschließen lassen."

So schrauben sich etwa auf einer kleinen Waldwiese drei grazile Formationen in die Höhe. "Points of View" heißt das Skulpturentrio — und je nach Perspektive vermag man in den Windungen des Bronzematerials Gesichter zu erkennen. Aber nicht nur wechselnde Blickwinkel, auch sich ändernde Lichtverhältnisse oder der Wechsel der Jahreszeiten lassen die Skulpturen im Park immer wieder anders erscheinen — und verstärken so zugleich ihre Unergründlichkeit. Die Formationen und die vom städtischen Trubel entrückte Lage machten den "Skulpturenpark Waldfrieden" nahezu vom Start weg zu einem kulturellen Magneten der Stadt, der zunehmend auch Besucher von außerhalb anzieht. "Rund 36 000 Besucher hatten wir im vergangenen Jahr", berichtet Michael Mader.

Grundstück wird vergrößert

Viele Besucher kommen auch wegen der Wechselausstellungen oder der Konzertreihe "Klangart". Beide finden im lichtdurchfluteten Glaspavillon neben dem Eingangsgebäude statt. Für die Reihe "Klangart" gewinnt Cragg immer wieder international renommierte Musiker für Gastauftritte.

In Kürze soll das Grundstück um acht Hektar erweitert und damit verdoppelt werden. Dann dürfen sich die Besucher auf weitere Skulpturen in der Dauerausstellung freuen. Aber auch das neue Grundstück soll keinesfalls mit Exponaten "überfrachtet" werden. Mader kündigt an: "Wir planen den Aufbau von allenfalls acht Skulpturen."

(AP)
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