Wuppertal Pina Bausch: Jubiläumsfest 2013?

Wuppertal · Wuppertal Dirk Hesse ist seit August 2011 neuer Geschäftsführer beim Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Zuvor hatte er die Stelle bereits seit Anfang des Jahres kommissarisch übernommen. 2010 war er für die Pina Bausch Stiftung, die das Werk der Choreografin für ein Archiv aufbereitet, tätig. Er hatte bereits früher für Pina Bausch gearbeitet: als Aufnahmeleiter für ihren Film "Die Klage der Kaiserin" und für das Internationale Tanzfestival 2004.

 Die indische Tänzerin Shantala Shivalingappa ist in "Bamboo Blues" zu sehen. Sie hat als Gast bereits in früheren Stücken von Pina Bausch mitgewirkt.

Die indische Tänzerin Shantala Shivalingappa ist in "Bamboo Blues" zu sehen. Sie hat als Gast bereits in früheren Stücken von Pina Bausch mitgewirkt.

Foto: Duk Woo

Wie sind Ihre Ziele als Geschäftsführer in den nächsten Jahren?

 Dirk Hesse.

Dirk Hesse.

Foto: Nico hertgen

Hesse Das erste Ziel haben wir schon erreicht: Nämlich nach Pinas Tod zwei Jahre die Compagnie stabil zu halten. Das ist schon eine ziemliche Leistung, wenn man sieht, wie das bei anderen Compagnien war: Da gibt es nach zwei Jahren oft so eine Soll-Bruchstelle. Die haben wir gut überwunden. Damit meine ich alle Mitarbeiter des Tanztheaters.

Wie lange gelten die Zusagen von Stadt und Land?

Hesse Wir unterliegen wie alle anderen dem Jährlichkeitsprinzip, wie es in der Fördersprache heißt. Aber ich habe nicht ansatzweise das Gefühl, dass der Gesellschafter, die Stadt Wuppertal, und das Land als Förderer darüber nachdenken, ob man etwas ändern muss. Ich glaube, dass alle froh, dankbar und beeindruckt sind, dass es weiterläuft und ihren Beitrag dazu leisten wollen, dass das Tanztheater weiterbesteht. Das finde ich gerade in diesen Zeiten nicht selbstverständlich.

Wie wichtige sind die Gastspielreisen — finanziell gesehen?

Hesse Von Jahr zu Jahr wichtiger. Die Ausgaben steigen, weil alles teurer wird. In Wuppertal machen wir 30 Vorstellungen, was eine gute Basis ist. Wir müssen 55 bis 60 Vorstellungen außerhalb geben, um einen ausgeglichenen Haushalt am Ende des Jahres präsentieren zu können. Die ungebrochene Nachfrage nach Gastspielen von uns ist existenziell.

Können sich die Gastgeber wünschen, welches Stück Tanztheater sie gerne bei sich zeigen?

Hesse Nein, wir arbeiten nicht auf Bestellung. Aber es gibt natürlich Städte wie Paris oder New York, die besondere Privilegien genießen. Eine Stadt in Deutschland wollte unbedingt Pinas letztes Stück zeigen. Da habe wir gesagt: Nein, das machen wir nicht. Wenn das ein reines Wunschkonzert wird, funktioniert es nicht mehr. Wir müssen unter anderem darauf achten, dass alle Tänzer ungefähr gleiche Herausforderungen in einer Spielzeit haben. Wir haben eine Verantwortung, damit die Compagnie stabil bleibt.

Für die Kulturolympiade nehmen sie zehn Stücke wieder auf. Spiegelt sich das auch im hiesigen Programm?

Hesse Fünf haben wir vergangene Spielzeit schon gezeigt, und fünf zeigen wir in der jetzigen. Im Prinzip waren alle Stücke schon wieder auf der Bühne zu sehen.

Sie haben das Internationale Tanzfestival 2004 für Pina Bausch betreut. Glauben Sie, dass es noch einmal ein Festival gibt, oder war es an ihre Person gebunden?

Hesse Das ist schwer zu sagen. Ein Festival, wie das von Pina, kann kein anderer machen. Das hatte ihre persönliche Handschrift. Ich könnte mir vorstellen, dass man vielleicht irgendwann ein Fest für Pina macht. Aber ob das die Förderer genauso sehen, weiß ich nicht. Es wäre wünschenswert, ihr so ein Festival zu schenken.

2013 ist Jubiläumsjahr — 40 Jahre Tanztheater. Das wäre doch eine Gelegenheit?

Hesse Das würde sich aufdrängen. Wir werden uns sicher für 2013 etwas überlegen. Ob man das einbettet in ein größeres Festival, wissen wir noch nicht.

Sie arbeiten mit dem Bausch Archiv zusammen. Wie geht das praktisch?

Hesse Man muss erst mal wissen, dass es zwei eigenständige Einrichtungen sind, die inhaltlich zusammenarbeiten. Für das Archiv ist es ein Geschenk und ein Glück, dass es das Tanztheater gibt. Wir sprechen von einem lebendigen Archiv, das heißt, dass viele Informationen, die wir als Besucher gar nicht formulieren könnten, von den Tänzern kommen. Die Tänzer haben verkörperte Wissen und sind in der Lage, es zu vermitteln. Das ist eine essentielle Basis für ein Archiv. Dadurch, dass wir viele Stücke im Repertoire haben, gibt es die Möglichkeit, sie auf Film zu archivieren.

Es gibt immer die Gerüchte um ein Archiv im Schauspielhaus. Wäre das auch ein Wunsch des Tanztheaters?

Hesse Ich denke, es sollte der Wunsch eines jeden Wuppertalers sein, dass diese Stadt weiterhin mit zwei Häusern arbeitet. Dass das Schauspielhaus für Pinas Arbeit ein ganz wichtiger Ort war, ist völlig klar. Ich wäre sehr froh, wenn wir diesen Ort wieder bespielen könnten. Am liebsten würde ich in einer Stadt arbeiten, in der es ein funktionierendes Drei-Sparten-Haus gibt.

Wie kann man das Tanztheater weiterentwickeln und gleichzeitig das Erbe erhalten?

Hesse Daran arbeiten wir. Aber es ist noch zu früh für etwas Neues. Die Bedürfnisse sind unterschiedlich. Die Wünsche von außen sind nicht unbedingt deckungsgleich mit denen, die wir intern haben. Das zusammenzufügen, wird noch etwas Zeit dauern.

Wie lange wird das dauern?

Hesse Ich denke das Jahr 2013 wäre ein guter Moment, um etwas Neues zu zeigen.

Wenn Sie Pina Bausch jetzt noch einmal sprechen könnten. Was würden Sie ihr sagen oder sie fragen?

Hesse Danke! Ich glaube, dass sie uns ein unglaubliches Geschenk mit ihrer Arbeit gemacht hat.

Marion Meyer führte das Interview.

(RP)
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