Wuppertal Natur ist immer das Vorbild für den Zoo

Wuppertal · Peter Rasbach ist als Architekt spezialisiert auf Zooanlagen. In Wuppertal hat er schon für die Pinguine, Okapis und Orang-Utans gebaut.

Peter Rasbach in dem von ihm geplanten neuen Haus für die Okapis. Naturnahes Bauen ist sein Ziel. Zurzeit plant er ein Außengehege für die Bonobos.

Foto: jürgen moll

Peter Rasbach ist als Architekt spezialisiert auf Zooanlagen. In Wuppertal hat er schon für die Pinguine, Okapis und Orang-Utans gebaut.

Herr Rasbach, wie sind Sie zum Spezialisten für Zoo-Architektur geworden?

Rasbach Ich wollte ursprünglich Zoologie studieren. Irgendwann bin ich durch das Delfinarium, ein Bauprojekt meines Vaters in meiner Heimatstadt Duisburg, an Pläne gekommen. Da ich mich immer mit Tieren beschäftigt hatte, begann ich, Skizzen zu machen. Später habe ich Architektur studiert und normale Dinge geplant. Erst seit 1992 habe ich die Chance bekommen, Ideen für Zoos zu realisieren.

Was war Ihr erstes Projekt?

Rasbach Die Koala-Anlage für den Duisburger Zoo. Das waren die ersten Koalas, die in Deutschland gehalten werden sollten, eigentlich nur für sechs Monate. Es gab genaue Vorgaben aus dem Zoo von San Diego. Mittlerweile ist die Anlage eine feste Einrichtung geworden und die Tiere haben schon 23-fach Nachwuchs gehabt. Die Anlage ist immer noch ein Vorzeigeprojekt.

Was sind die besonderen Herausforderungen?

Rasbach Etwas, was man so im Alltag nicht kennt: das Tier, das man nicht befragen kann. Man ist darauf angewiesen, was Biologen und Zoologen wissen, was die Tiere brauchen. Die Anforderungen müssen dann noch in einen möglichst attraktiven Rahmen gepackt werden. Bei uns ist die Philosophie, dass die Natur immer das Vorbild sein und die Architektur zurücktreten sollte.

Welche sind Ihre herausragenden Projekte in Deutschland und weltweit?

Rasbach In Deutschland ist Leipzig das Erfolgsmodell. Wir haben mit dem Zoo 1997/1998 einen Masterplan erarbeitet, der jetzt erweitert wurde und 2020 fertig ist. Als wir anfingen, war die Besucherzahl dort auf 600 000 im Jahr gesunken. Vergangenes Jahr waren es zwei Millionen. Die Leute haben das Konzept angenommen. In NRW sind das der Zoo in Duisburg und das Hippodrom in Köln, das wir vor zwei Jahren fertiggestellt haben. Im Ausland sind wir seit zehn Jahren in der Nähe von Verona tätig. Wir haben einen Masterplan für Addis Abeba und für Dubai erstellt. Das sind erst mal nur Pläne.

Was haben Sie in Wuppertal realisiert?

Rasbach Wir haben angefangen mit der Orang-Uran-Anlage vor neun Jahren. Hier herrscht eine straffe Organisation, und man hat mit Zoodirektor Dr. Schürer einen festen Ansprechpartner. Mit ihm habe ich zusammengearbeitet bis zum letzten Moment der Umsetzung. Das nächste waren die Brillenpinguine, dann die Königspinguine und die Okapis und gerade hat der Bau der Bonobo-Außenanlage begonnen.

Was ist das Besondere daran?

Rasbach Die Verhältnisse hier sind sehr beengt, man muss mit dem Bestand arbeiten. Bonobos sind sehr sprunggewandt. Deshalb werden wir an der Stelle eine moderne, übernetzte Anlage bauen. Das gibt den Tieren die Möglichkeit, auch die Netze zum Klettern und Hangeln zu benutzen. Sie können das gesamte Feld ausnutzen.

Wie war die Aufgabe bei den Brillenpinguinen?

Rasbach Die Brillenpinguine leben eigentlich in Südafrika am Strand in der Nähe von Kapstadt. Da gibt es den Boulder's Beach mit sehr runden Felsen, an dem man auch mit den Pinguinen schwimmen kann. Die Felsen haben wir versucht nachzubilden. Durch die Hanglage konnten wir auch einen Unterwassereinblick schaffen.

Den Königspinguinen haben Sie auch eine neue Anlage beschert.

Rasbach Ja, das war Umbau und Erweiterung der alten Anlage, die absolut nicht mehr zeitgemäß war. Die Pinguine waren sehr beengt untergebracht. Daraus ist die Idee entstanden, diese Vögel, die ja an Land nur watscheln, dort zu zeigen, wo sie besonders elegant sind, nämlich unter Wasser durch einen Acrylglas-Tunnel. Nun kann man sie unter Wasser fliegen sehen. Die Pinguine kommunizieren mit den Besuchern, schwimmen mit ihnen mit. Das ist schön zu beobachten. Ich habe gerade erst zum ersten Mal einen Königspinguin schwimmen sehen. Die Tiere waren die letzten Jahre fast nicht mehr im Wasser und fanden das auch anfangs nicht so attraktiv, zumal sie an Land gefüttert werden. Sie mussten sich erst daran gewöhnen.

Gibt es Trends in der Zooarchitektur?

Rasbach Ein genereller Trend ist es, Haltungsbedingungen zu verbessern. Größe allein zählt hierbei nicht, sondern die Aufgabe ist es, herauszufinden, was das Tier zum artgerechten Leben braucht. Die Tiergarten-Biologie entwickelt sich seit der ersten Menagerie immer weiter. Ein Problem im Zoo ist immer die Langeweile und wie man sie bekämpfen kann. Man muss das Gehege dementsprechend gestalten und dass es gleichzeitig auch attraktiv fürs Publikum ist. Naturnah zu bauen ist unser Ziel. Das darf aber nicht heißen, dass man nur Blätter auf eine Betonwand malt und dies dann Nachbildung des Lebensraums nennt. Viel Geld geht häufig in die Häuser, und für die Tiere bleibt entsprechend weniger übrig. Ein Trend ist es, den Besucher in die Landschaft der Gehege mit hineinzuziehen, das heißt, die Barrieren, die man braucht, so minimal wie möglich zu gestalten.

Trotzdem geht es ja immer darum, dass man Tiere einsperrt ...

Rasbach Die Tiere sind im Zoo natürlich eingesperrt, das hat mit der Natur nichts zu tun. Aber in der Natur sind sie auch größtenteils eingesperrt. Sie haben ihre Territorien, und die müssen sie verteidigen. Im Zoo gibt es einen Stall, der für sie die Heimat, ihr Territorium darstellt. In Hannover sind neulich Schimpansen ausgebrochen. Nach einer Stunde sind sie in ihr Territorium zurückgekehrt. Natürlich ist es aber nur ein Ersatz für die Natur. Die Aufgabe des Zoos ist es, diese Situation möglichst optimal für alle Seiten zu gestalten. Hinzu kommen noch Sicherheitsanforderungen — für Besucher und Pfleger.

Haben Sie Berührungsängste mit bestimmten Tieren?

Rasbach Nein, Berührungsängste nicht, aber Respekt. Ich bin bei Walen, Delfinen und bei Elefanten gewesen. Ich habe immer Glück gehabt, mir ist nie etwas passiert. Aber der Respekt ist da, weil ich etwa weiß, dass ein Elefantenrüssel mit 80 Stundenkilometern ankommen kann. Wenn man von dem erwischt wird, ist das nicht so schön. Ich möchte trotzdem, wo immer es geht, nah an die Tiere heran: anfassen und streicheln.

Was würden Sie hier im Wuppertaler Zoo ändern, wenn Sie ganz viel Geld zur Verfügung hätten?

Rasbach Mit den Affen sind wir durch. Aber die Eisbären bräuchten sicherlich ein größeres Außengehege. Sie können ganzjährig außen gehalten werden. Sie sind semiaquatisch, das heißt, sie leben einen Großteil ihres Lebens auf dem Land. Viele alte Anlagen stammen jedoch aus einer Zeit, in der man dachte, Eisbären sind hauptsächlich im Wasser. In Wuppertal müsste eine größere Landfläche geschaffen werden mit Naturboden, nicht nur mit Beton wie jetzt. Das entsprach jedoch den damaligen Erkenntnissen. Mittlerweile weiß man, dass Eisbären auch gerne mal auf Gras liegen oder buddeln.

Marion Meyer führte das Interview.

(RP)