Wülfrath Frauen feiern mutige Vorkämpferin

Wülfrath · Das Leben von Frauenrechtlerin Marie Juchacz war Thema beim Frühstück zum Weltfrauentag.

 Marie Juchacz gründete in Berlin die Awo.

Marie Juchacz gründete in Berlin die Awo.

Foto: Awo

(eise) Zum Internationalen Frauentag hatte das Frauennetzwerk der Stadt zu einem Frühstück eingeladen. Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Gudula Kohn begrüßte die rund 40 Damen und erinnerte an die langwierige und schwierige historische Entwicklung der Frauenrechte, die maßgeblich von Marie Juchacz erstritten wurde.

Dieser Politikerin war auch die Lesung gewidmet, deren Texte von Ulrike Romund verfasst waren und von ihr selbst mit Bettina Molitor und Cornelia Weimar sehr eindrucksvoll vorgetragen wurden. Das Leben von Marie Juchacz wurde für die Zuhörerinnen lebendig, sie konnten nachfühlen, was diese tapfere Frau geleistet hat.

Geboren in eine arme Familie, musste das lernbegeisterte Mädchen mit 14 die Schule verlassen, um Geld zu verdienen. Was konnte ein Mädchen Ende des 19. Jahrhunderts anderes tun, als sich als Dienstmädchen zu verdingen,  als Fabrikarbeiterin oder gar als Aufseherin in einer „Irrenanstalt“, so der damals gebräuchliche Ausdruck für eine psychiatrische Klinik, zu schuften. Sie sparte soviel wie möglich und konnte sich nach Jahren die Ausbildung zur Schneiderin erlauben. Ihre Ehe mit dem Schneidermeister Juchacz war unglücklich, sie ließ sich scheiden und siedelte mit ihrer Schwester und ihren beiden Kindern nach Berlin über, denn eine geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter von zwei Kindern wurde geächtet.

Dort, in Berlin, begann ihre Arbeit zunächst im vorpolitischen Raum, denn Frauen hatten weder Wahlrecht noch die Möglichkeit, einer Partei beizutreten. Marie aber wollte für die Rechte der Frauen und Kinder und eine gerechtere Welt kämpfen und das gern verwendete Zitat aus Goethes „Herrmann und Dorothea“ – „dienen lerne beizeiten das Weib“ – war ihr verhasst und Ansporn für ihren Kampf.

1913 machte Marie die Politik zu ihrem Beruf und 1918 erhielten die Frauen in Deutschland das Wahlrecht, nachdem der Erste  Weltkrieg das Volk ins Elend gestürzt hatte. Am 1. Februar 1919 hielt die inzwischen ins Parlament gewählte Abgeordnete ihre erste Rede dort. Der Beginn sprach Bände: „Sehr geehrte Herren und Damen“. Und im selben Jahr gründete die unermüdliche Kämpferin für soziale Gerechtigkeit die Awo, die Arbeiterwohlfahrt.

Doch 1932, nach der Weltwirtschaftskrise und der Machtübernahme Hitlers wurde die Awo verboten und Marie Juchacz musste fliehen, denn die Nazis hatten sie auf die Mordliste gesetzt. Über Frankreich reiste sie in die USA und kehrte erst 1949 in das zerstörte Deutschland zurück.

Den historisch informativen Vortrag der drei Damen über das Leben der Marie Juchacz und deren erfolgreiche Politik belohnte das Publikum mit lang anhaltendem Beifall und Gudula Kohn bedankte sich mit Blumen. Für Frauen ist heute vieles selbstverständlich, aber es dauerte noch bis 1977, dass Frauen und nicht der Ehemann entscheiden konnten, ob sie berufstätig sein wollten.

Das Frauennetzwerk in Wülfrath arbeitet hervorragend. Die Vorsitzende des Bürgervereins, Adelheid Heiden, kämpft etwa für den Erhalt des früheren VHS-Gebäudes an der Wilhelmstraße und wies ausdrücklich auf die gute Vorarbeit der früheren Bürgermeisterin Barbara Lorenz- Allendorfer hin, die wichtige Impulse für die Stadtentwicklung gegeben hat. Auch für Sabine Timmermann ist das Frauennetzwerk wichtig. Sie will sich mit einer Ausstellung im Rathaus über ihre vierwöchige Reise durch Südafrika einbringen.

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