Der letzte Vorhang ist gefallen Ihre Puppen haben ausgetanzt

Wülfrath · Über Dekaden ließen Ursula und Günther Weißenborn in „Müllers Marionettentheater“ die Puppen tanzen. Nun schließt das Theater. Günther Weißenborn arbeitet als Autor, seine Frau entedeckt als Malerin ganz neu den Schnee.

 Das Ende einer Ära: Ursula und Günther Weißenborn, renommierte und berühmte Marionettenspieler, gehen in Pension.

Das Ende einer Ära: Ursula und Günther Weißenborn, renommierte und berühmte Marionettenspieler, gehen in Pension.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Es ist ein wunderbarer Blick aus ihrem Schölleraner Garten hinüber zu den Düsselauen. Mag sein, dass sie bald mehr Zeit haben werden, um das heimatliche Flair zu genießen. Nach mehr als 30 Jahren machen Ursula und Günther Weißenborn nun endgültig Schluss mit „Müllers Marionetten-Theater“. Damit endet eine Ära. Wer soll sie nun erzählen, diese wunderbaren Geschichten? Das heimelige Theater am Wuppertaler Neuenteich? Die Marionetten? Die Reisen mit der Theaterbühne durch den Kreis Mettmann und den Rest der Welt? Das alles soll es nicht mehr geben?

All dem setzen Ursula und Günther Weißenborn nun entgegen: „Wir sehen das nicht so dramatisch.“ Es sei das Ende eines Berufes – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Man springe in so etwas hinein, und irgendwann eben auch wieder heraus. Dabei waren die Anfänge von „Müllers Marionetten-Theater“ eher kurios und alles andere als ein geplanter Lebensentwurf.

Als Ursula Müller aus der Schweiz durch die Lübecker Altstadt lief, entdeckte sie mittendrin ein Marionettentheater. Dort wollte sie hin, und dort wollte man sie unbedingt mitspielen lassen. „Man trägt etwas in sich, dass lange vorher angelegt ist“, sagt dazu Günther Weißenborn. Bei seiner zukünftigen Frau sei es das Faible dafür gewesen, in Rollen zu schlüpfen. Begegnet sind sich beide übrigens im Theater. Er: Ein aufstrebender Operndramaturg. Sie: Nach dem Start im Puppentheater mittlerweile in der Schauspiel-Requisite beheimatet. Und das so gut, dass der Verwaltungsdirektor damals über sie sagte: „Die Neue hat den Laden im Griff.“

Damit war eigentlich alles gesagt und schaut man heute auf das, was die Weißenborns über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben, lässt man ein Leben inmitten voller Inspiration und Kreativität an sich vorüberziehen. Er schrieb die Stücke, sie baute die Puppen. Gemeinsam feilte man an den Inszenierungen, besprach sich mit Komponisten und Bühnenbildnern. Ein russischer Philosoph schrieb eine Novelle, das seidene Haar für die Puppen wurde aus Japan geliefert. Marionetten, die Striptease im Wuppertaler Opernhaus tanzen? Mit Startenor Placido Domingo auf der Bühne? Man könnte so vieles erzählen aus einer Ära, die erst Ende Juli hätte zu Ende gehen sollen. Dass sie es schon früher tat, ist den Folgen der Pandemie geschuldet. Auch Müllers Marionetten-Theater musste die Türen schließen und nun ist klar: Für das große und kleine Publikum werden sie sich nicht mehr öffnen. „Junge Schauspieler mit Wurzeln in der freien Theaterszene werden hier bald einziehen“, freut sich Günther Weißenborn (69).

Es hat nicht lange gedauert, bis jemand bei ihm anrief, um ihn als Autor für ein Theaterstück zu engagieren. Derweilen hat Ursula Weißenborn (63) Schnee neu entdeckt. Mit Ölfarbe auf Leinwand und so faszinierend, dass man sich fragt, warum die Malerei so lange auf ihre „Snow Art“ warten musste. Außerdem gibt es sieben Filmproduktionen aus dem Marionetten-Theater. Dafür haben sich die Weißenborns nochmal auf die Bühne gestellt. Nun ist dort der letzte Vorhang gefallen.

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