Leeres Stadtsäckel Wie Wülfrath seine alten Schulden loswerden will

Wülfrath · Wülfrath hat sich offiziell dem bundesweiten Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ angeschlossen. Aktuelle steigende Kosten stellen gerade finanzschwache Kommunen vor Probleme.

 Mit dem Motivwagen von Jaques Tilly wiesen die Mitgliedskommunen des Aktionsbündnisses in Düsseldorf auf ihre Lage hin.

Mit dem Motivwagen von Jaques Tilly wiesen die Mitgliedskommunen des Aktionsbündnisses in Düsseldorf auf ihre Lage hin.

Foto: Bündnis "Für die Würde unserer Städte"/Andreas Endermann / Bündnis "Für die Würde unserer Städte"

Die Stadt Wülfrath ist nun offiziell Mitglied des bundesweiten Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“. Bündnissprecher Dirk Glaser hieß stellvertretend für Wülfrath den Bürgermeister Rainer Ritsche sowie Kämmerer Paul-Georg Fritz im Bündnis willkommen.

„Das Aktionsbündnis hat die Position der finanzschwachen Kommunen in den vergangenen Jahren eindrucksvoll vertreten und ihnen in Berlin und Düsseldorf Gehör verschafft.. Wir wollen uns solidarisch mit den anderen Mitgliedskommunen für die Ziele des Bündnisses einsetzen, eine Altschuldenlösung und faire Finanzverteilung erreichen“, sagt Bürgermeister Rainer Ritsche. „Die Gefahren für finanzschwache Kommunen sind in jüngster Zeit leider wieder größer geworden. Umso wichtiger ist es, dass wir mit geballter Kraft Bundes- und Landesregierung von schnellen Lösungen überzeugen. Wülfrath ist dabei nun ein wichtiger Partner“, ergänzt Dirk Glaser.

Das Aktionsbündnis hat aktuell nun 65 Mitglieder aus sieben Bundesländern und repräsentiert mehr als 8,5 Millionen Menschen in Deutschland. Diese Kommunen haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie haben einen harten Strukturwandel erlebt und sind dadurch unverschuldet in eine Situation geraten, in der sie überdurchschnittlich hohe Sozialausgaben und unterdurchschnittliche Steuereinnahmen haben. Da Bund und Land die Kommunen nicht angemessen finanziell ausstatten, mussten die Betroffenen Kredite aufnehmen, um ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Deshalb müssen sie heute Schulden tilgen und Zinsen zahlen, statt vor Ort investieren zu können.

Auf diese Lage macht „Für die Würde unserer Städte“ regelmäßig aufmerksam – zuletzt vor den Parteizentralen in Berlin und Düsseldorf mit einem satirischen Wagen des Künstlers Jacques Tilly sowie mit einem riesengroßen Ballon vor dem Landtag. Die Forderungen des Bündnisses: eine Altschuldenlösung des Bundes und in NRW, eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere in der Sozialpolitik, eine neue und vereinfachte Förderpolitik sowie Maßnahmen gegen kommunale Steueroasen.

Auch die Kalkstadt hat einen Strukturwandel erlebt. Sie war zum einen von der Automobilindustrie geprägt, die sich Stück für Stück zurückgezogen hat. Zum anderen wurden auch in der Kalkindustrie Arbeitsplätze abgebaut. So sind in der Vergangenheit viele sozialversicherungspflichtige Jobs für qualifizierte Personen in Wülfrath entfallen. Das führte zu den überdurchschnittlichen Sozialausgaben und unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen. Vor diesem Hintergrund mussten viele Haushaltssicherungskonzepte nacheinander aufgelegt werden. Deshalb entschied sich der Rat einstimmig für die Mitgliedschaft im Aktionsbündnis.

In den vergangenen Jahren konnte das Bündnis gemeinsam mit den Kommunen bereits einige Erfolge erzielen. Die Gesamtsumme der kommunalen Altschulden war zwischen 2015 und 2020 um mehr als 15 Milliarden Euro gesunken. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und des Ukrainekriegs treffen nun aber die finanzschwachen Kommunen besonders hart, gleiches gilt für steigende Bau- und Energiekosten sowie die sich abzeichnenden Zinssteigerungen. „Wenn die Betroffenen nicht bald Hilfe bekommen, werden die Erfolge zunichte gemacht und die Anstrengungen vergeblich gewesen sein“, betont Glaser.

Das Bündnis lege daher viel Hoffnung in die neue schwarz-grüne Landesregierung. Im Sondierungspapier hatten die Parteien bereits angekündigt, dass sie eine schnelle Altschuldenlösung anstreben. NRW ist das letzte Bundesland ohne Altschuldenlösung.

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