Bürger protestieren gegen städtisches Müllkonzept Unmut über Mindest-Müllvolumen

Wülfrath · Hans-Ulrich Breitgraf will weniger Müll produzieren und muss trotzdem eine größere Tonne nutzen.

 Obwohl die 60-Liter-Tonne völlig ausreicht, muss Hans-Ulrich Breitgraf ab Januar 2020 eine 80-Liter-Tonne befüllen.

Obwohl die 60-Liter-Tonne völlig ausreicht, muss Hans-Ulrich Breitgraf ab Januar 2020 eine 80-Liter-Tonne befüllen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Als Hans-Ulrich Breitgraf am 2. November seine Post öffnete, staunte er nicht schlecht: In dem Schreiben der Stadt Wülfrath wurde er aufgefordert, eine größere Restmülltonne zu beantragen. Breitgraf bewohnt ein Zweifamilienhaus, in dem insgesamt vier erwachsene Personen leben. Mit einer 60-Liter-Tonne sind die beiden Haushalte in den vergangenen Jahren gut ausgekommen: „Nicht mal die bekommen wir voll. Eigentlich würde für uns auch eine 50-Liter-Tonne ausreichen“, sagt Breitgraf.

Jetzt müssen die Hausbewohner stattdessen einer 80-Liter-Tonne zustimmen – obwohl sie so viel Müll gar nicht produzieren. Grund dafür ist ein Abfallkonzept, das die Stadt Wülfrath zum 1. April 2018 eingeführt hat. Seitdem erfolgt die Sammlung von Restmüll nicht mehr über Abfallsäcke, sondern über Restmülltonnen. Durch den gleichzeitig eingeführten 14-tägigen Abfuhrrhytmus könnten sich auch bei einzelnen Haushalten veränderte Tonnengrößen ergeben. Mit seiner 60-Liter-Tonne verstößt Breitgraf also gegen die derzeit gültige Satzung des Abfallkonzeptes. Die besagt, dass jeder Grundstückeigentümer zu einem Mindest-Restmüll-Volumen von 10 Litern pro Person und Woche verpflichtet ist. Auch wenn tatsächlich weniger Abfälle entstehen - weniger als 10 Liter pro Person und Woche ist in Wülfrath nicht zugelassen. Für Breitgraf, der die Satzung vor allem unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet, nicht zeitgemäß: „Dadurch wird die Vermeidung von unnötigem Restmüll ad absurdum geführt.“

Die Abfallberatung wies ihn darauf hin, dass Wülfrath mit 10 Litern noch sehr gut dastünde. In anderen Städten seien 15 oder 20 Liter vorgeschrieben. Breitgraf vermutet dahinter die unausgelasteten und teils unwirtschaftlich laufenden Müllverbrennungsanlagen. „Nach dem Motto: Irgendwer muss ja die zu hohe Anzahl an vorhandener Müllverbrennungsanlagen finanzieren“, sagt er.

Wülfrath ist durch das Landesabfallgesetz NRW dazu berechtigt, ein Mindest-Restmüll-Volumen festzulegen, erklärt Sabine Drasnin von der Stadtverwaltung. „Hierdurch wird verhindert, dass zu kleine Abfallgefäße gewählt werden, die ständig überfüllt sind.“ Diese würden dazu führen, dass zusammengepresste Abfälle oft nicht vollständig entleert werden. Abfälle, die auf den Gehweg fallen, seien unhygienisch und könnten Ratten anlocken.

Mit dem Mindestvolumen werde versucht, die Kosten der Abfallentsorgung gleichmäßig auf alle Gebührenzahler zu verteilen: „Stellt man sich einen Kuchen vor, sind die Kosten für die Einsammlung, Transport und Verbrennung des Restmülls nur ein Stück des Ganzen. Weitere Kosten fallen etwa für die Schadstoffsammlung, die städtische Abfall-Annahmestelle und viele weitere Bereiche an, die über die Gebühren gedeckt und auf die Eigentümer als Gebührenzahler umgelegt werden.“

Das Mindestvolumen orientiert sich an der angenommenen durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme, hinzu kommt eine Reserve, falls zeitweilig doch mehr Müll anfällt. Zwar gebe es Haushalte, die unter der Grenze lägen, aber eben auch welche, die mit dem vorgeschriebenen Volumen nicht auskämen. Für jeden Haushalt eine individuelle Lösung zu finden, sei unmöglich. Trotzdem rät Drasnin dazu, Abfälle zu vermeiden: „Sie sollte nicht unnötig befüllt werden. Das würde keine Kosten einsparen, sondern nur zusätzlich Verbrennungskosten verursachen, die dann wiederum auf alle verteilt werden müssten.“

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