Wülfrath Linke empört über Festhalten an Ina-Seidel-Weg

Wülfrath · Die mit dem Nazi-Regime verstrickte Autorin – sie verfasste Bestseller und pries Hitler – werde auf diese Weise weiter geehrt, daran ändere auch ein Zusatzschild nichts. Die Diskussion um den richtigen Umgang mit der Autorin müsse fortgesetzt werden.

 PK Linke /FDP / SPD Wülfrath  von links: Manfred Hoffmann, Wolfgang Peetz, Gerd Langner, Ilona Küchler

PK Linke /FDP / SPD Wülfrath von links: Manfred Hoffmann, Wolfgang Peetz, Gerd Langner, Ilona Küchler

Foto: Achim Blazy (abz)

(RP) Die Politik hat beschlossen, dass der Ina-Seidel-Weg nicht umbenannt, sondern mit einem Zusatzschild versehen wird, das auf die Verstrickungen der Autorin mit dem Nazi-Regime hinweist. „Wer sich nur annähernd mit der Person Ina Seidel und ihrem Wirken beschäftigt hat, für den ist diese Entscheidung schwer zu begreifen“, sagt Ilona Küchler von „Die Linke/Wülfrather Liste“, die eine Umbenennung im Ausschuss für Stadtentwicklung beantragt hatte. Dass der Mehrheit der Ausschussmitglieder der Wille oder der Mut fehle, um solche Persönlichkeiten aus dem Stadtbild zu verbannen, sei betrüblich. „Sie ehren mit dem Straßenschild eine Person, geben ihr einen Platz in unserer Mitte und glauben, mit einem Zusatzschild der Situation gerecht zu werden“, schreibt Küchler in einer Mitteilung. Sie hätte sich „konsequenteres Handeln“ gewünscht, zumal die Folgekosten überschaubar gewesen wären: Anwohner hätte man mit kostenlosen Vordrucken bei der Bürokratie unterstützen können und vieles lasse sich heutzutage mit einer E-Mail erledigen (wie das Anzeigen der Adressänderung bei Banken, Zeitungen, Versicherungen etc.).

Die Linke hatte zur Untermauerung ihres Antrags einige Fakten zusammengetragen. Demzufolge pries die Autorin Ina Seidel Hitler und schrieb nach der Reichspogromnacht glühende Gedichte für die NS-Zeit. Von 1933 an habe Seidel sich am Führerkult beteiligt und sich und Deutschland zu seinem und ihrem Führer gratuliert. Auch Seidels Sohn verweise in seiner Familiengeschichte (veröffentlicht 1979 unter dem Pseudonym Christian Ferber) auf die Hymne „Lichtdom“, die Ina Seidel Adolf Hitler 1939 zum fünfzigsten Geburtstag schenkte. In diesem Loblied verherrliche Seidel das Reich und Hitler als des Volkes Herz.

„Die kommende Mädelgeneration soll kerngesund, charaktervoll und opferbereit sein“, lautete das Motto des Lyceums Berlin-Spandau im Dritten Reich. „Ina Seidel hatte sich mit diesem Motto nicht nur identifiziert, sondern der Benennung des Hauses nach ihrer Person freudig zugestimmt. Man darf also annehmen, dass ihr durchaus bewusst war, welchen Einfluss sie ausübte“, erläutert Ilona Küchler. Unter anderem seien von Elly Ney, einer Pianistin und Galionsfigur des nationalsozialistischen Musiklebens, Briefe an Ina Seidel bekannt, in denen sie wiederholt ihren Herzensdank für ihr reiches Schaffen zum Ausdruck brachte. Ina Seidel habe sich folglich nicht „verirrt“, sondern durchaus die Wirkung ihrer Schriften zu deuten und zu nutzen gewusst. Dennoch werde ihr Name in Wülfrath weiter geehrt – nichts anderes bewirke man mit der Benennung einer Straße nach einer Person, kritisiert die Linke. Das Zusatzschild ändere daran gar nichts.

(RP)
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