Wülfrath Singh hört auf

Wülfrath · Nach knapp zehn Jahren verabschiedet sich Stadtplanerin Christiane Singh in den Ruhestand.

Wülfrath: Singh hört auf
Foto: Blazy, Achim (abz)

Wie oft wurde das von Trude Herr berühmt gemachte Lied "Niemals geht man so ganz" bei einem Abschied zitiert. Beim Lebewohl, das zum Jahresende für Christiane Singh ansteht, stimmt die Zeile mit dem "irgendwas bleibt hier" nicht ungefähr, sondern markant: Knapp zehn Jahre war die gebürtige Holzmindenerin maßgeblich für die Weiterentwicklung Wülfraths als Stadtplanerin verantwortlich. Damit ist nun Schluss. "Ich gehe mit einem guten Gefühl und freue mich auf den dritten Lebensabschnitt", sagt sie.

Was sie in ihrem Job bewirkt hat, kann sich sehen lassen. Als wichtigste Aufgabe nennt sie das "Stadtentwicklungsprogramm, vor allem, was die Innenstadt betrifft". Die Ordnung des Einzelhandels ist eine weitere Geschichte gewesen, die in ihr Ressort fiel. Ebenso wie die Übernahme der Feuer- und Rettungswache. Wie sie rückblickend sagt eine "echte Herausforderung, zu der viel gesunder Menschenverstand gehörte". Angst vor diesem damals unbekannten Terrain hatte die zierliche Frau keine, als drittes von vier Kindern ist sie eine erprobte Kämpferin. "Ich kann mich gut durchsetzen", beschreibt sie eine wesentliche Eigenschaft. Mit Sachverstand, Fingerspitzengefühl und klaren Konzepten bewerkstelligte sie das Projekt. "Ich musste erstmal deren Sprache lernen", erinnert sie an die ungewohnte Kommunikation mit Wehr- und Amtsleitung. "Das war nicht ganz einfach."

Für die Tochter zweier Architekten stand bereits weit vorm Abitur fest, was sie beruflich machen wollte. "Den Studiengang 'Stadtplanung' gab es in dieser Form noch nicht." Der kam erst 1974, ein Jahr vor ihrem Studienende. Also hatte sie sich in Dortmund für Architektur mit dem Schwerpunkt Stadtplanung eingeschrieben und war eine der ersten Frauen, die dieses Studium abschlossen. "Das war damals eine reine Männerdomäne", die Chefs der Planungsbüros wussten mit einer so toughen und kompetenten Frau wie ihr nichts anzufangen. Nur in Dülmen bewiesen die Verantwortlichen mehr Mut.

"Stadtplanung bietet ein weit gefächertes Spektrum. Entweder, man bleibt auf seinem Stuhl bis zur Rente. Oder entwickelt sich weiter." Christiane Singh ging weiter. Nach Lippstadt, machte Berufspause, um sich um ihre Kinder zu kümmern, stieg in Kamen wieder ein, zog mit der Familie weiter nach Fürth "und dann hatte ich schon fast alles durch", beschreibt sie Aufgaben im Denkmal-, Schall- und Baugenehmigungsschutz sowie der Erstellung nachhaltiger Flächennutzungspläne. Sie sei ein Kleinstadtmensch, sagt sie, deshalb kam dann die Offerte aus Werl, dort eine Amtsleitung zu übernehmen, gelegen. "Zunächst hatte ich gar nicht den Mut." Ihr Mann überzeugte sie: "Das schaffst du." 15 Jahre blieb sie dort, ehe sie nach Wülfrath wechselte. Ihre letzte berufliche Station.

"Heimat ist da, wo ich mich wohlfühle. Und das kann überall auf der Welt sein", denn Freunde haben sie und ihr Mann, ein gebürtiger Inder, rund um den Globus. Und das bedeutet für die nun beginnende dritte Lebensphase zweierlei: Einerseits zu reisen, vier Monate geht es auf Tour nach Indien. "Das wird ganz aufregend", unter anderem stehen verschiedene Hochzeitsfeiern an. Außerdem Ausflüge durch das Land, unter anderem nach Hampi im Bundesstaat Kamataka. Eine Stadt aus dem 13. Jahrhundert, leider zerstört, aber mit sichtbaren Siedlungsresten und außerdem Weltkulturerbe.

Andererseits steht der Umzug nach Werl an. Wülfrath bleibt sie verbunden. "Ich bin gut vernetzt und gucke, was los ist und erkundige mich, wie bestimmte Dinge laufen." Wie sich Stadtplanung entwickelt, zeigt sich eben oft erst im Zeitverlauf. Sie hofft das Beste. Vor allem, dass das Ziel "klein, aber fein mit seinen 20.000 Einwohnern" wirklich zum attraktiven, tragfähigen Standortfaktor wird. Nicht bloß auf dem Planungspapier, sondern vor allem im echten Leben.

(von)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort